Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an Arbeitnehmer im schulischen Bereich. Einbindung in Schulbetrieb als Voraussetzung für Arbeitnehmereigenschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Honorarkraft als Kinderbetreuerin einer offenen Ganztagsschule hat keinen Arbeitnehmerstatus.

 

Normenkette

BGB § 611a Abs. 1, §§ 615, 621; GewO § 106; HGB § 84 Abs. 1 S. 2; ZPO § 97 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 12.03.2020; Aktenzeichen 5 Ca 335/19)

 

Tenor

  1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz - vom 12. März 2020 - 5 Ca 335/19 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung, um Weiterbeschäftigung und die Zahlung von Annahmeverzugslohn, im Kern jedoch über den Status der Klägerin als Arbeitnehmerin.

Die 1958 geborene Klägerin war auf der Grundlage eines mündlichen Vertrags seit Januar 1998 bei der beklagten Kommune als Betreuungskraft in der G.-T.-Schule beschäftigt. Schulträger dieser Grundschule war die Beklagte, die regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigte.

Die Aufgabe der Klägerin bestand darin, die Grundschulkinder an den Schultagen nach Unterrichtsschluss in den Räumen der Schule und auf deren Gelände zu betreuen. Zu Beginn des Vertragsverhältnisses ab 1998 umfasste diese Aufgabe, die Schulkinder nach Schulschluss bis zur Abholung durch die Eltern im Betreuungsraum und dem Gelände der Schule in A-Stadt von 11:45 Uhr bis 13:45 Uhr zu beaufsichtigen.

Mit Schreiben vom 14. Januar 2004 wandte sich die Beklagte an die Klägerin und teilte mit (Bl. 250 d.A):

"Einstellung als Honorarkraft für das Projekt "Betreute Grundschule"

[...]

Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass sie mit Wirkung zum 01.02.2004 als Honorarkraft für das Projekt "Betreute Grundschule" ausgewählt wurden.

Ihr Honorar (9,20 Euro pro Stunde) wird monatlich nach Vorlage eines Leistungsnachweises ausgezahlt. Dieses Honorar ist bei ihrer Einkommensteuererklärung anzugeben."

Seit dem 1. September 2013 wurde die Aufgabe der Klägerin dahingehend erweitert, dass sie die angemeldeten Grundschüler auch täglich von 13:45 Uhr bis 16:00 Uhr bei der Bearbeitung der Hausaufgaben zu beaufsichtigen hatte. Soweit die Kinder gelegentlich von ihren Eltern nicht bis 16:00 Uhr abgeholt wurden, verlängerte sich die Betreuungszeit der Klägerin im Einzelfall entsprechend (Bl. 67 d.A).

Mit Schreiben vom 15. Oktober 2013 wandte sich die Beklagte an die Klägerin und teilte mit (Bl. 251 d.A):

"Einstellung als Honorarkraft für das Projekt "Hausaufgabenbetreuung" in der G.-T.-Schule

[...]

Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass sie auf Vorschlag der Schulleitung mit Wirkung zum 01.09.2013 als Honorarkraft für das oben genannte Projekt ausgewählt wurden.

Ihr Honorar (10,89 Euro pro Stunde) wird monatlich nach Vorlage eines Leistungsnachweises ausgezahlt. Dieses Honorar ist bei ihrer Einkommensteuererklärung anzugeben."

Unter dem 14. August 2014 veröffentlichte das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur in Rheinland-Pfalz in der Bekanntmachung 9413 B - 51 134/31 (1) die "Hinweise zur Einrichtung von Betreuungsangeboten an Grundschulen". Darin heißt es, soweit hier von Interesse (Bl. 227 ff. d.A):

"1 Art des Angebotes

In den Grundschulen des Landes können bei Bedarf unterrichtsergänzende Betreuungsangebote eingerichtet werden. Das Angebot ist freiwillig.

2 Träger

2.1 Das Betreuungsangebot kann vom Schulträger, einer Kommune, einem Elternverein oder einem freien Träger eingerichtet werden.

[...]

2.3 Der Träger benennt eine verantwortliche Person, die mit der Schulleitung zusammenarbeitet. Die Schulleitung führt die Aufsicht über die Maßnahme und ist gegenüber den Betreuungskräften weisungsberechtigt; dieses ist zwischen Träger und Betreuungskräften einzelvertraglich zu vereinbaren.

[...]

8 Kosten und Finanzierung

[...]

8.3 Betreuungskräfte kommunaler Träger unterliegen dem TVöD."

Die von der Klägerin erbrachten Arbeitsstunden wurden von ihr auf von der Beklagten vorgegebenen Stundenzetteln erfasst, monatlich durch die Beklagte abgerechnet und an die Klägerin ausgezahlt. Die Klägerin schrieb hierfür keine Rechnungen. Bei der Abrechnung wurden Fehl- oder Krankheitstage der Klägerin nicht berücksichtigt; solche kamen bis auf einen einzigen Fall auch nicht vor. Lediglich "einmal vor Jahren" konnte die Klägerin ihre Tätigkeit wegen einer ansteckenden Erkrankung nicht ausüben und meldete dies dem Schulleiter K., der sodann persönlich für die Klägerin einsprang (Bl. 2, 68, 103 d.A).

Mit Schreiben vom 17. April 2019, der Klägerin zugegangen am 18. April 2019, erklärte die Beklagte die Kündigung des Vertragsverhältnisses wie folgt (Bl. 9 d.A):

"Mit diesem Schreiben möchten wir Sie darüber informieren, dass die Betreuung der Grundschulkinder mit dem Beginn des neuen Schuljahres verändert wird.

Das mit Ihnen bestehende Honorarverhältnis wird daher zum Ende des aktuellen Schuljahres...

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