Entscheidungsstichwort (Thema)

Klageabweisung im Berufungsverfahren bei Säumnis des nicht vertretenen Beklagten und unschlüssigem Sachvortrag der Klägerin

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein klagestattgebendes Versäumnisurteil kommt nur dann in Betracht, wenn die Klage schlüssig begründet ist; das gilt auch im Berufungsverfahren.

2. Der nach Maßgabe der gesetzlichen Fiktion des § 331 Abs. 1 Satz 1 ZPO als zugestanden angesehene Sachvortrag der klagenden Partei muss schlüssig sein und damit den Klageantrag oder den Berufungsantrag rechtfertigen; die Regelung des § 331 Abs. 1 ZPO beinhaltet lediglich eine Geständnisfiktion, so dass die Schlüssigkeit nur auf solche Tatsachen gestützt werden kann, die auch einem Geständnis gemäß § 288 ZPO zugänglich sind.

3. Das als zugestanden anzusehende tatsächliche Vorbringen rechtfertigt den gestellten Sachantrag dann nicht, wenn die klagende Partei nicht alle anspruchsbegründenden Tatsachen behauptet oder rechtshindernde oder rechtsvernichtende Tatsachen oder ihrerseits vorträgt, dass die beklagte Partei eine rechtshemmende Einrede geltend gemacht hat; lediglich soweit das tatsächliche schriftsätzliche Vorbringen den Klageantrag rechtfertigt, ist antragsgemäß Versäumnisurteil zu erlassen, anderenfalls ist die Klage oder das Rechtsmittel durch "unechtes" Versäumnisurteil abzuweisen.

 

Normenkette

ZPO § 331 Abs. 1, § 717 Abs. 2, §§ 288, 331 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Trier (Entscheidung vom 15.10.2014; Aktenzeichen 5 Ca 1913/13)

 

Tenor

  1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 15.10.2014 - 5 (4) Ca 1913/13 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten, soweit für das Berufungsverfahren noch von Belang, darüber, ob die Klägerin gegenüber dem Beklagten zu 1) einen Zahlungsanspruch hat.

Zwischen den Parteien bestand seit dem Jahr 2003 ein Arbeitsverhältnis. Dieses endete aufgrund außerordentlicher arbeitgeberseitiger Kündigung vom 27.11.2008. Der Beklagte zu 1) erhob dagegen vor dem Arbeitsgericht Trier unter dem Aktenzeichen 4 Ca 1578/08 Kündigungsschutzklage und nahm die Klägerin zugleich in diesem Verfahren u. a. auf die Zahlung von Karenzentschädigung für die Zeit vom 28.11.2008 bis zum 30.05.2009 in Anspruch.

Das Verfahren endete, soweit vorliegend von Belang, bezogen auf die Karenzentschädigung mit einer Verurteilung der Klägerin und damaligen Beklagten zur Zahlung von 39.471,21 € netto nebst Zinsen im erstinstanzlichen Rechtszug durch Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 09.06.2010. Das Urteil wurde in der zweiten Instanz insoweit abgeändert, als dass eine Zahlung von 39.471,21 € brutto ausgeurteilt wurde (LAG Rheinland-Pfalz, 14.03.2013 - 5 Sa 385/12 -).

Im Nachgang des erstinstanzlichen Rechtszugs forderte die Prozessbevollmächtigte des damaligen Klägers am 25.06.2010 die nunmehrige Klägerin unter Fristsetzung und Ankündigung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zur Zahlung auf. Darauf reagierte die nunmehrige Klägerin mit Schreiben vom 15.07.2010 wie folgt:

"Sehr geehrte Frau Dr. D.,

Sehr geehrte Frau B.,

(...) wie Sie wissen, ist die in der Angelegenheit C. mit Urteil vom 09.06.2010 ausgeurteilte Karenzentschädigung (39.471,21€ netto) falsch. Entsprechende Bestätigung des zuständigen Richters Dr. V. liegt uns vor. Ebenfalls sind die geeigneten Maßnahmen zur Behebung des Fehlers in die Wege geleitet.

Ungeachtet dessen zahle wir unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Rückforderung den Differenzbetrag (EUR 21.601,07) zwischen dem Nettobetrag, der sich aus bereits abgerechneter Karenzentschädigung (Zeitraum 28.11.2008 bis 31.05.2009, brutto EUR 26.880,48) und dem ausgeurteilten Nettobetrag ergibt, auf das bei Ihnen geführte Anderkonto(...).

Ebenfalls erfolgt die Zahlung unter dem zwischen Ihnen (Frau B.) und Herrn R./V. vereinbarten Vorbehalt, zunächst keine Auszahlung an Herrn C. bis zur Rückkehr von Frau Dr. D. vorzunehmen.

Wir weisen darauf hin, dass urlaubsbedingt die Ermittlung der auf den Bruttowert anzuwendenden Abgabenquote pauschal in Höhe des bisherigen Durchschnittsabgabensatzes (betreffend Herrn C.) erfolgt ist. Die exakte Nachermittlung erfolgt zum nächstmöglichen Zeitpunkt."

Die nunmehrige Klägerin hat sodann am 16.07.2010 21.601,07€ netto auf das Anderkonto der Prozessbevollmächtigten des Klägers überwiesen.

Mit Schreiben vom 12.08.2010 teilte die damalige Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 1) der nunmehrigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit:

"...Ihre Partei hat einen Betrag in Höhe von 21.601,07€ an uns gezahlt. Vereinbarungsgemäß haben wir diesen Betrag auf ein Tagesgeldkonto einbezahlt. Nach Sichtung der Unterlagen, also der bisher von Ihrer Mandantschaft in dieser Sache ausgezahlten Beträge werden wir den Betrag jedoch spätestens am Dienstag, 17.08.2010, 12.00 Uhr an unseren Mandanten weiterleiten, wenn bis dahin nicht ordnungsgemäße Abrechnungen (...) vorliegen. Wir kündigen außerdem an, dass wir die Vollstreckung unverzüglich nach Fristablauf einleiten werden(...)."

Di...

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