Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe des Rentenzuschusses einer vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmerin
Leitsatz (redaktionell)
1. Stellt eine vor dem RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz entstandene Versorgungsordnung für den Eintritt des Versorgungsfalls auf die Vollendung des 65. Lebensjahres ab, so ist diese Versorgungsordnung regelmäßig dahingehend auszulegen, dass damit auf die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung nach §§ 35, 235 Abs. 2 S. 2 SGB VI Bezug genommen wird.
2. Im Falle des vorzeitigen Ausscheidens eines Arbeitnehmers vor Eintritt des Versorgungsfalls ist seine unverfallbare Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung auch dann ratierlich nach § 2 BetrAVG zu kürzen, wenn er nach den Steigerungssätzen der Versorgungsregelung im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Eintritt des Versorgungsfalls bereits die höchste Rente hätte beanspruchen können.
Normenkette
BetrAVG § 2 Abs. 1, § 2a Abs. 1, § 30g Abs. 1 S. 1, § 4a
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Entscheidung vom 15.09.2021; Aktenzeichen 4 Ca 716/21) |
Tenor
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Berechnung des Rentenzuschusses der vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Klägerin.
Die 1954 geborene Klägerin war in der Zeit vom 01. November 1993 bis 31. Dezember 2005 bei der Beklagten, die damals noch unter "C-Stadt Elektrizitätswerk und Verkehrs-Aktiengesellschaft" firmierte, beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin fand die ab dem 01. Dezember 1954 gültige "Rentenzuschußregelung der C-Stadt Elektrizitätswerk und Verkehrs-Aktiengesellschaft C-Stadt - KEVAG" nebst dem hierzu erfolgten "Nachtrag 11" vom 14. Juni 1993 (Bl. 7 - 12 d. A.) Anwendung. In der Rentenzuschussregelung heißt es u.a.:
"§ 1
Kreis der Versorgungsberechtigten
Jeder Betriebsangehörige hat nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen Anspruch auf Rentenzuschuß.
§ 2
Art der Versorgungsleistungen
1. Rentenzuschüsse werden nach den Bestimmungen dieser Rentenzuschußregelung mit Rechtsanspruch gewährt:
a) Betriebsangehörigen, die nach Vollendung des 65. Lebensjahres ausgeschieden sind,
b) sofern Invalidität vorliegt,
c) Witwen verstorbener Betriebsangehöriger,
d) Waisen.
(...)
§ 3
Allgemeine Voraussetzungen für die Gewährung des
Rentenzuschusses
Zur Gewährung des Rentenzuschusses müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
1. Der Betriebsangehörige muß bei seinem Ausscheiden mindestens 10 Jahre ununterbrochen in einem festen Arbeitsverhältnis bei der KEVAG gestanden haben.
(...)"
Im "Nachtrag 11 zur Rentenzuschußregelung der C-Stadt Elektrizitätswerk und Verkehrs-Aktiengesellschaft Koblenz - KEVAG -" vom 14. Juni 1993 ist Folgendes geregelt:
"Unter Weitergeltung aller übrigen Bestimmungen wird § 4 Nr. 1 der Rentenzuschußregelung der Cevag mit Wirkung vom 01.07.93 durch folgende Neuregelung ersetzt:
§ 4
Höhe des Rentenzuschusses
1. Die Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Rentenzuschusses wird auf monatlich DM 560,-- festgesetzt.
Der Rentenzuschuß beträgt nach 10-jähriger ununterbrochener Betriebszugehörigkeit 35 % der Bemessungsgrundlage.
Für jedes weitere Jahr, das der/die Betriebsangehörige mehr als 10 Jahre ununterbrochen im Dienst der Gesellschaft gestanden hat, steigt der Rentenzuschuß bis zum vollendeten 25. Dienstjahr um 2 % und von da ab um 1 % der Bemessungsgrundlage.
Der Höchstbetrag des Rentenzuschusses darf 75 % der Bemessungsgrundlage nicht übersteigen.
Der Rentenzuschußbetrag wird jeweils auf volle DM aufgerundet.
(...)"
Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete aufgrund des zwischen ihnen geschlossenen Aufhebungsvertrages vom 22./27. Juni 2005 (Bl. 64, 65 d. A.) zum 31. Dezember 2005. In dem Aufhebungsvertrag heißt es zum Rentenzuschuss:
"3. Rentenzuschuß
Durch die Rentenzuschußregelung der KEVAG vom 01.12.1954 sind der Mitarbeiterin Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zugesagt worden. Soweit die Unverfallbarkeitsvoraussetzungen des § 1 BetrAVG erfüllt sind, erhält die KEVAG die Anwartschaften aufrecht und erteilt der Mitarbeiterin darüber eine gesonderte Zusage."
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhielt die Klägerin von der Beklagten folgendes Schreiben vom 18. Januar 2006 (Bl. 13 d. A.):
"Rentenzuschuss
Sehr geehrte Frau A.,
wir bescheinigen Ihnen hiermit gemäß § 2 Abs. 6 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 09.12.1974, dass Sie nach unserer betrieblichen Altersversorgung (Rentenzuschussregelung der KEVAG) einen unverfallbaren Anspruch auf Leistung erworben haben.
Der Rentenzuschuss wird gemäß den Bestimmungen der Rentenzuschussregelung gewährt, wenn das 65. Lebensjahr vollendet ist oder Invalidität vorliegt.
Nach der für Sie maßgebenden Bemessungsgrundlage von 473,00 EUR beträgt Ihr Rentenzuschuss bei Fälligkeit entsprechend einer 13-jährigen Dienstzeit monatlich
41 % von 473,00 € = 194,00 €.
Im Rentenfall behalten w...