Entscheidungsstichwort (Thema)
Entgeltfortzahlung bei Folgeerkrankung. Unbegründete Zahlungsklage bei unzureichenden Darlegungen der Arbeitnehmerin zur Beendigung der ersten Arbeitsverhinderung
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine weitere Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall kann die Arbeitnehmerin nur fordern, wenn die erste Arbeitsverhinderung bereits in dem Zeitpunkt beendet war, in dem eine weitere Erkrankung zu einer neuen Arbeitsverhinderung geführt hat. Zwei selbständige Verhinderungsfälle liegen nur dann vor, wenn die Arbeitnehmerin zwischen zwei Krankheiten tatsächlich arbeitet oder wenn sie zwischen den beiden Krankheiten zwar arbeitsfähig war, tatsächlich jedoch nicht arbeiten konnte, weil sie nur wenig außerhalb der Arbeitszeit liegende Stunden arbeitsfähig war.
2. Über die Dauer der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit und damit über das Ende des Verhinderungsfalles entscheidet grundsätzlich der Arzt im Zeitpunkt des Ausstellens der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Die dabei von ihm anzustellende Prognose bezieht sich nicht zwingend nur auf den Zeitraum bis zum Abklingen der Beschwerden, sondern (naturgemäß) auf die Zeit bis zur vollständigen Genesung der Patientin, wobei auch eine gegebenenfalls notwendige Erholungszeit einkalkuliert werden kann, so dass der Zeitpunkt des vollständigen Abklingens von Krankheitssymptomen nicht identisch ist mit dem vom Arzt zu prognostizierenden Zeitpunkt der Beendigung der Arbeitsunfähigkeit.
Normenkette
EFZG § 3 Abs. 1 Sätze 1, 2 Nrn. 1-2, § 5 Abs. 1 S. 2; ZPO § 138 Abs. 1-2
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Entscheidung vom 25.02.2015; Aktenzeichen 2 Ca 3729/13) |
Tenor
I.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 25.2.2015, Az.: 2 Ca 3729/13, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
II.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im vorliegenden Berufungsverfahren noch über Ansprüche der Klägerin auf Entgeltfortzahlung und auf Erstattung von Benzinkosten.
Die Klägerin war bei der Beklagten vom 01.01.2011 bis zum 31.08.2014 als Key-Account-Managerin Banken beschäftigt. Ihr Gehalt belief sich zuletzt auf 5.891,00 € brutto monatlich. Darüber hinaus wurde ihr von der Beklagten ein Geschäftswagen, auch zur privaten Nutzung, zur Verfügung gestellt. Der Wert dieser Zuverfügungstellung wurde in den monatlichen Gehaltsabrechnungen mit 312,00 € ausgewiesen. In der diesbezüglich zwischen den Parteien geschlossenen "Vereinbarung zur Firmenwagenüberlassung" heißt es u.a.:
"§ 4 Kosten
Sämtliche Kosten der Unterhaltung des Dienstwagens für Reparaturen, Reifen, Haftpflichtversicherung, Steuern, Treibstoff, Öl und Autowäsche (maximal einmal monatlich) trägt der Arbeitgeber. Nicht übernommen werden die im Falle von privaten Urlaubsfahrten ins Ausland dort entstehenden Kosten für Treibstoff, Öl und Reinigung. Dies gilt auch für Zeiten der Erkrankung, in denen der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz hat. Diese Kosten trägt der Arbeitnehmer. ..."
Mit Schreiben vom 26.07.2013 stellte die Beklagte die Klägerin mit sofortiger Wirkung widerruflich von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Diese Freistellung widerrief die Beklagte mit Schreiben vom 30.08.2013 mit Wirkung zum 04.09.2013. Die Klägerin hat jedoch in der Folgezeit keine Arbeitsleistung für die Beklagte mehr erbracht.
In der Zeit vom 12.09. bis 24.09.2013 befand sich die Klägerin in einem zuvor bereits genehmigten (Auslands-) Erholungsurlaub. Im Übrigen war sie in der Zeit vom 03.09.2013 bis 11.04.2014 wie folgt arbeitsunfähig krankgeschrieben:
03.09.2013 - 11.09.2013 (Dr. A.),
23.09. 2013 - 04.10.2013 (Dr. B.),
07.10.2013 - 18.10.2013 (Dr. A.),
21.10.2013 - 25.10.2013 (Dr. A.),
25.10.2013 - 08.11.2013 (Dr. A.),
08.11.2013 - 15.11.2013 (Dr. A., Folgebescheinigung),
15.11.2013 - 04.12.2013 (Dr. A., Folgebescheinigung),
05.12. 2013 - 18.12.2013 (Dr. B.),
18.12.2013 - 03.01.2014 (Dr. A., Folgebescheinigung),
03.01.2014 - 15.01.2014 (Dr. A., Folgebescheinigung),
16.01.2014 - 31.01.2014 (Dr. B.),
03.02.2014 - 14.02.2014 (Dr. A.),
17.02.2014 - 05.03.2014 (Dr. A., Folgebescheinigung)
06.03.2014 - 21.03.2014 (Dr. A., Folgebescheinigung)
24.03.2014 -11.04.2014 (Dr. B., Folgebescheinigung).
Bis einschließlich Oktober 2013 leistete die Beklagte an die Klägerin Entgeltfortzahlung in vollem Umfang. Für November 2013 wurde der Klägerin noch ein Nettogehalt i.H.v. 488,13 € ausgezahlt, wobei zwischen den Parteien unstreitig ist, dass die Beklagte die Novembervergütung auf der Basis des diesem Nettobetrag entsprechenden Bruttobetrages (ordnungsgemäß) abgerechnet sowie die Steuer und die Sozialversicherungsbeiträge abgeführt hat. Der Dienstwagen blieb der Klägerin während des gesamten Zeitraumes ihrer Arbeitsunfähigkeit überlassen.
Mit ihrer erstinstanzlich mehrfach erweiterten Klage hat die Klägerin die Beklagte auf restliche Entgeltfortzahlung für den Monate November 2013 sowie auf (volle) Entgeltfortzahlung für die Monate Dezember 2013 bis März 2014 in Anspruch genommen....