Entscheidungsstichwort (Thema)

Anpassung. Betriebsrente. Anpassung von Betriebsrente

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei einem Wechsel des Anpassungsprüfungsmaßstabs ist nach § 16 BetrAVG der Zeitraum vom Beginn der Rentenzahlung bis zum Anpassungsstichtag der Beurteilung zugrunde zu legen.

 

Normenkette

BetrAVG § 16

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Urteil vom 23.02.2011; Aktenzeichen 10 Ca 2433/10)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 23.02.2011 – 10 Ca 2433/10 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Umfang einer betriebsrentenrechtlichen Anpassungsentscheidung des Versorgungschuldners.

Der Kläger war als langjähriger Mitarbeiter bei der Beklagten beschäftigt. Seit dem 01. Januar 2003 bezieht er eine Betriebsrente, die sich anfänglich auf 1.719,00 EUR belief. Die Betriebsrente wurde in Abständen von jeweils 3 Jahren angepasst, zuletzt am 1. Juli 2009 um 2,91 %. Die Anpassung erfolgte ursprünglich nach dem Index für die Lebenshaltung von 4 – Personen – Arbeitnehmer – Haushalten; zuletzt am 1. Juli 2009 nach der Entwicklung der Nettolöhne der aus Sicht der Beklagten vergleichbaren Arbeitnehmergruppe des Konzerns für die Zeit von Ende 2005 bis Ende 2008. Eine Gesamtbetrachtung für den Zeitraum vom Beginn des Rentenbezuges bis zum Anpassungsstichtag 1. Juli 2009 erfolgte nicht.

Seit dem 01. Juli 2009 zahlt die Beklagte an den Kläger eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 1.878,50 EUR.

Der Kläger hat erstinstanzlich u. a. die Auffassung vertreten,

im Falle des Wechsels des Prüfungsmaßstabes vom Verbraucherpreisindex auf die Nettolohnentwicklung sei der Prüfungszeitraum der Anpassungsentscheidung vom Beginn der Rente bis zum Anpassungszeitpunkt anzusetzen. Die Beklagte habe nur einen verkürzten Prüfungszeitraum von drei Jahren angesetzt und dabei auch noch einen Vergleichszeitraum gewählt, der unzutreffend sei; denn selbst im Falle der Prüfungszeitraum betrage nur drei Jahre, sei dies der unmittelbare dreijährige Zeitraum vor der Anpassungsentscheidung.

Die Anpassungsentscheidung der Beklagten sei daher unverbindlich. Der Kläger habe Anspruch auf Anpassung seiner Betriebsrente unter Berücksichtigung des Gesamtrentenzeitraums nach dem Verbraucherpreisindex. Dabei sei auf den Monat vor Rentenbeginn für den Anfangszeitpunkt und auf den Monat, der dem Anpassungsstichtag vorausgehe, für den Endzeitpunkt abzustellen, so dass die Betrachtung zwischen Dezember 2002 und Juni 2009 zu erfolgen habe. In diesem Zeitraum sei der Verbraucherpreisindex nach Angabe des Statistischen Bundesamtes um 11,1 % gestiegen, so dass ausgehend von EUR 1.719,00 nun EUR 1.909,81 monatliche Betriebsrente zu zahlen seien. Das seien monatlich EUR 31,31 mehr als von der Beklagten seit dem Anpassungsstichtag bezahlt.

Der Kläger habe daher Anspruch auf Vergütung der fälligen Differenzmonate und Anspruch auf Auszahlung einer Betriebsrente in Zukunft in Höhe von monatlich EUR 1.909,81.

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger rückständige Betriebsrente für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis 31. Januar 2011 (19 Monate) in Höhe von EUR 594,89 zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus EUR 31,31 seit dem 1. August 2009 und aus jeweils weiteren EUR 31,31 seit dem jeweils Ersten der Folgemonate.

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ab 01. März 2011 monatlich eine Betriebsrente von 1.909,81 EUR (statt 1.878,50 EUR) zu zahlen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich

Klageabweisung

beantragt und erwidert,

die Betriebsrente betrage seit dem 01.07.2009 zutreffenderweise monatlich EUR 1.878,50. Einen höheren Anpassungsanspruch habe der Kläger nicht. Er könne nach § 16 BetrAVG maximal den Teuerungsausgleich fordern, der auf die reallohnbezogene Obergrenze/Nettolohnsteigerung der aktiven Arbeitnehmer beschränkt sei. Soweit aktive Arbeitnehmer daher keinen vollen Teuerungsausgleich erhalten würden, könne dies auch der Betriebsrentner nicht fordern. Bei der Berechnung der Anpassungsentscheidung habe die Beklagte auf den Konzern abgestellt und alle Konzernmitarbeiter (Voll- oder Teilzeit) berücksichtigt, nur sogenannte Executives, die in ihrer Funktion als Führungskräfte einer anderen Vergütungsstruktur unterlägen und nicht repräsentativ seien, herausgenommen. Für die Berechnung der Nettolohnentwicklung habe sie auf die Enddaten der Jahre 2005 bis 2008 abgestellt, um alle Vergütungsbestandteile eines Jahres berücksichtigen zu können, um Stichtagszufälligkeiten zu vermeiden.

Zu den weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 23. Februar 2011 – 10 Ca 2433/10 – (Seite 2 – 5 = Bl. 67 – 70 d. A.) nebst den vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte im vorerwähnten Urteil zur Nachzahlung von Betriebsrente in Höhe von 594,89 EUR brutto und künftigen Leistungen ab 1. März 2011 in Höhe vo...

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