Entscheidungsstichwort (Thema)
Kausalität zwischen Beschäftigungsverbot und Entgeltausfall. Sonderurlaub als Grund der Nichtbeschäftigung
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Mutterschutzlohn und der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld fallen nicht an, wenn die Vergütung aus anderen Gründen als wegen des Beschäftigungsverbots entfällt. Das Beschäftigungsverbot muss die nicht wegzudenkende Ursache für das Nichtleisten der Arbeit und den damit verbundenen Verdienstausfall sein. Das Gesetz verlangt, dass wegen der Schutzfrist des MuSchG kein Arbeitsentgelt gezahlt wird. Das ist der Fall, sobald die Hauptleistungspflichten von den Beschäftigungsverboten betroffen werden. Gleiches gilt hinsichtlich der Zuschüsse nach § 20 MuSchG.
2. Hat die Arbeitnehmerin während der Schutzfristen nach dem MuSchG unbezahlten Sonderurlaub mit dem Arbeitgeber vereinbart, entfallen die Hauptleistungspflichten. Kausal für die Nichterbringung der Arbeitsleistung ist dann der Sonderurlaub, nicht aber das gesetzliche Beschäftigungsverbot nach dem MuSchG.
3. Ein Rechtsanspruch der Arbeitnehmerin auf Annahme ihres Angebots zur Beendigung des Sonderurlaubs besteht grundsätzlich nicht. Ein solcher könnte nur ausnahmsweise in Betracht kommen, wenn schwerwiegende negative Veränderungen in den wirtschaftlichen Verhältnissen der Arbeitnehmerin oder ihrer Familie eingetreten sind.
Normenkette
MuSchG §§ 16, 18; MTV für die Beschäftigten der Universitätsmedizin C. § 25 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Entscheidung vom 12.01.2021; Aktenzeichen 1 Ca 115/20) |
Tenor
- Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 12.01.2021, Az. 1 Ca 115/21, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Mutterschutzlohn sowie Zuschuss zum Mutterschutzgeld gegenüber der Beklagten. Die Klägerin ist seit dem Jahr 2010 in der von der Beklagten geführten Klinik als Krankenschwester beschäftigt.
Bis zum 13.03.2019 befand sich die Klägerin nach der Geburt ihres ersten Kindes in Elternzeit. Sie stellte am 03.01.2019 einen Antrag auf Gewährung von unbezahltem Sonderurlaub, um ihr Kind weiterhin betreuen zu können. Die Beklagte stimmte dem Antrag zu und erklärte hierzu mit Schreiben vom 07.01.2019:
Sehr geehrte Frau A.,
aufgrund Ihres o.g. Antrages werden Sie gemäß § 25 Abs.1 Satz 1a Tarifvertrag für Beschäftigte der Universitätsmedizin C. für die Zeit vom 09.05.2019 bis 31.05.2020 unter Verzicht auf die Fortzahlung des Entgeltes zur Kindererziehung beurlaubt.
§ 25 des Manteltarifvertrags für Beschäftigte der Universitätsmedizin C. lautet:
(1) Den Beschäftigten soll Sonderurlaub ohne Fortzahlung der Bezüge gewährt werden, wenn sie
a) mindestens ein Kind unter 18 Jahren (...) betreuen oder pflegen und dringende betriebliche Belange nicht entgegenstehen.
(2) Eine Unterbrechung des Sonderurlaubs bedarf der vorherigen Einwilligung des Arbeitgebers. Ein Sonderurlaub darf nicht unterbrochen werden für Zeiträume, in denen keine Arbeitsverpflichtung besteht.
In der Zeit vom 14.03.2019 bis zum 08.05.2019 nahm die Klägerin den noch offenen Jahresurlaub in Anspruch. Die Klägerin wurde erneut schwanger, worüber sie die Beklagte am 06.05.2019 informierte und weiter erklärte, sie nehme ihren Antrag auf Gewährung von Sonderurlaub deswegen zurück. Ein Beschäftigungsverbot bestand seit dem 18.04.2019. Das zweite Kind kam am 11.10.2019 zur Welt.
Die Beklagte zahlte Mutterschutzlohn für den Zeitraum vom 18.04.2019 bis zum 08.05.2019.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte hätte auch Mutterschutzlohn für den sich daran anschließenden Zeitraum ab dem 09.05.2019 zahlen müssen, sowie auch den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld (dies für die Zeit vom 26.09.2019 bis 03.01.2020). Hierzu hat sie erstinstanzlich vorgetragen, die Ansprüche auf Mutterschutzlohn und Mutterschaftsgeldzuschuss seien nicht abdingbar. Deswegen sei auch die tarifvertragliche Vorschrift in § 25 Abs. 2 des Manteltarifvertrags der Uniklinik C. unwirksam. In der Erklärung der Mitarbeiterin, unbezahlten Sonderurlaub in Anspruch nehmen zu wollen, sei nicht die gleichzeitige Erklärung zu erblicken, auf mögliche zwingende Ansprüche auf Mutterschutzlohn und Zuschüsse zum Mutterschaftsgeld zu verzichten. Auch sei eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten unter dem Gesichtspunkt gerechtfertigt, dass diese die von ihr gewährten Zahlungen über das Umlagefahren in vollem Umfang rückerstatten lassen könne.
Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Zuschuss zum Mutterschaftsgeld in Höhe von 4.257,- EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
- die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin als Mutterschutzlohn 12.084,13 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Hierzu hat die Beklagte erstins...