Entscheidungsstichwort (Thema)

Schriftformerfordernis der Kündigungserklärung gem. § 623 BGB. Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die in § 623 BGB angeordnete Schriftform der Kündigung soll Rechtssicherheit für die Vertragsparteien und eine Beweiserleichterung im Rechtsstreit bewirken. Der Erklärungsempfänger erhält die Möglichkeit zu überprüfen, wer die Erklärung abgegeben hat und ob die Erklärung echt ist.

2. Die Zwei-Wochen-Frist beginnt nach § 626 Abs. 2 BGB mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Dies ist der Fall, sobald er eine zuverlässige und hinreichend vollständige Kenntnis der einschlägigen Tatsachen hat, die ihm eine Entscheidung darüber ermöglicht, ob er das Arbeitsverhältnis fortsetzen soll oder nicht.

 

Normenkette

BGB §§ 623, 626, 126 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 14.10.2020; Aktenzeichen 6 Ca 80/20)

 

Tenor

  1. Die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 14.10.2020, Az. 6 Ca 80/20, werden kostenpflichtig zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten in zweiter Instanz noch um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung sowie im Wege der Widerklage um Schadensersatzansprüche der Beklagten gegenüber der Klägerin.

Die Klägerin war seit Dezember 2018 als Tankstellenmitarbeiterin bei der Beklagten beschäftigt, zu einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von 1.520,- €. Die Beklagte führt zwei Tankstellen, die sich in E-Stadt und in A-Stadt befinden. In beiden Tankstellen wurde die Klägerin - unter anderem als Kassiererin- eingesetzt, nach ihrem eigenen Vortrag jedoch primär in A-Stadt.

In den Tankstellen der Beklagten wurden Guthabenkarten für Onlinespiele, Onlineshops oder andere Onlineangebote verkauft, insbesondere PaySafe-Karten, GooglePlay-Karten oder Steam-Karten. Der Verkauf dieser Karten erfolgte über ein sogenanntes Terminal. Der Verkaufsvorgang lief dabei so ab, dass der Verkaufsmitarbeiter der Tankstelle zunächst eine Kartenkennnummer in das Terminal eingibt und auch eine bestimmte Höhe des Kartenwerts, wobei die Parteien unterschiedlich darstellen, ob diese Höhe manuell eingegeben werden musste oder ob sie bereits durch Eingabe der Kartenkennnummer vorgegeben war. Im Anschluss generierte das Terminal einen Barcode. Dieser musste sodann im Rahmen eines ordnungsgemäß ablaufenden Verkaufsvorgangs gescannt werden, um so in das Kassenbuchungssystem der Beklagten zu gelangen. Nach Zahlung des dem Wertguthaben entsprechenden Betrages wurde dann der Code, der zuvor vom Terminal generiert und ausgedruckt wurde, dem Kunden überreicht. Anhand dieses Codes konnte der Kunde dann bei Verwendung der Online-Aktion diese bezahlen.

Vertragspartner der Beklagten zur Erstellung und Abrechnung dieser Online-Wertguthaben ist die Firma F. GmbH. Diese übersendet der Beklagten die Transaktionsberichte über die verkauften Karten, so auch zum Stichtag 05.02.2020. Hierbei war der Verkauf der Karten für den Zeitraum ab Dezember 2019 bis zu dem genannten Stichtag wiedergeben. In den Transaktionsberichten sind tabellenartig jeweils ein Verkaufsdatum inklusive Uhrzeit, eine Kennnummer der Karte, der Online Provider sowie der Ladebetrag angegeben.

Die Beklagte stellte bei Abgleich der Transaktionsberichte für Dezember 2019 bis Februar 2020 mit ihrer eigenen Kassenbuchung fest, dass eine erhebliche Anzahl von Karten - bzw. Code-Ausgaben durch das Terminal erfolgt sind, die nicht anschließend durch Scannen des Barcodes in das Kassenbuchungssystem der Beklagten wertmäßig aufgenommen wurden. In diesen Fällen erfolgte keine Einzahlung des durch das Terminal als Code generierten Betrages in das Kassensystem der Beklagten. Es entstand ein Fehlbetrag.

Die Beklagte glich ab, wann es zu einer solchen einen Fehlbetrag auslösenden Buchung kam und welche ihrer Mitarbeiter in der jeweiligen Tankstelle zu diesem Tag im Einsatz waren. Hierbei gelangte die Beklagte zu dem Schluss, dass es sich um die Klägerin als Verursacherin dieser unzulässigen Buchungen gehandelt haben musste. Sie lud daraufhin die Klägerin für den 12.02.2020 zu einem Personalgespräch ein. Der Inhalt dieses Gesprächs ist zwischen den Parteien streitig, insbesondere die Frage, ob die Klägerin anlässlich des Gesprächs ein Fehlverhalten eingestanden hat.

Mit Datum vom 25.02.2020 sprach die Beklagte eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung zum 31.03.2020 aus. Die Kündigung ging der Klägerin am 26.02.2020 zu. Gegen diese Kündigung wendet sich die Klägerin.

Erstinstanzlich hat sie hierzu zunächst die Schriftform der Kündigung gerügt und vorgetragen, es handele sich bei der Unterschrift auf dem Kündigungsschreiben nicht um die Originalunterschrift des Geschäftsführers. Zudem sei auch die Zwei-Wochen- Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten.

Die Vorwürfe hinsichtlich des Kartenmissbrauchs weise sie zurück. Am Ende jeder Schicht...

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