Entscheidungsstichwort (Thema)
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. konstitutive oder deklaratorische Regelung. Enthält § 18 Abs. 1 MTV gewerbl. AN im privaten Transport. und Vergewerbe Rheinland-Pfalz vom 07.09.1994 eine eigenständige konstitutive Regelung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle?. Entgeltfortzahlung
Normenkette
EFZG § 4
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 04.06.1997; Aktenzeichen 6 Ca 264/97 L) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen – Auswärtige Kammern Landau – vom 04.06.1997 – Az.: 6 Ca 264/97 L – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.
Tatbestand
Der seit dem 01.03.1978 als Kraftfahrer bei der Beklagten beschäftigte Kläger war (– jeweils zeitweise –) im November und Dezember 1996 durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert. Die Beklagte gewährte dem Kläger für diese Zeiten der Arbeitsunfähigkeit Entgeltfortzahlung in Höhe von 80% des dem Kläger zustehenden regelmäßigen Arbeitsentgelts (vgl. dazu die Verdienstabrechnungen für die Monate November und Dezember 1996 Bl. 7 ff. d.A.). Der Kläger ist der Ansicht, daß ihm ein „Anspruch auf 100% Entgeltfortzahlung” zustehe. Wären auf das Arbeitsverhältnis der Parteien noch die Bestimmungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes in der bis zum 30.09.1996 geltenden Fassung anwendbar, so stünden dem Kläger an restlicher Entgeltfortzahlung
- für November 1996 noch DM 523,99 brutto und
- für Dezember 1996 noch DM 75,75 brutto
insgesamt also DM 599,74 brutto zu.
Aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit ist auf das Arbeitsverhältnis der Parteien der Manteltarifvertrag (für gewerbliche Arbeitnehmer im privaten Transport- und Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz vom 07.09.1994) anwendbar (folgend: MTV).
Der Absatz (1) des § 18 MTV – Krankenbezüge – lautet wie folgt: „Bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit gelten die Bestimmungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes. Für die Bemessung des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes gilt § 11 BUrlG”.
Absatz (3) des § 30 MTV sieht vor:
„Beim Inkrafttreten neuer gesetzlicher Vorschriften, die zwingender oder dispositiver Natur sind, verpflichten sich beide Vertragsparteien, ohne Kündigung des Manteltarifvertrages hierüber unverzüglich Verhandlungen aufzunehmen …”.
Unter Berufung darauf, daß die Regelung des § 18 Abs. 1 Satz 1 MTV eine sogenannte statische Verweisung auf den früheren (– bis zum 30.09.1996 –) geltenden Gesetzestext des Entgeltfortzahlungsgesetzes darstelle, hat der Kläger mit der, der Beklagten am 20.03.1997 zugestellten Klage die Verurteilung der Beklagten begehrt, an ihn DM 599,74 brutto zuzüglich 4% Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes im übrigen wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des ArbG Ludwigshafen – Auswärtige Kammern Landau – vom 04.06.1997 – 6 Ca 264/97 L – (dort S. 2 f. = Bl. 36 f. d.A.).
Gegen das am 24.06.1997 zugestellte Urteil zum 04.06.1997 – 6 Ca 264/97 L – hat der Kläger am 23.07.1997 Berufung eingelegt und diese am 08.09.1997 innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist (– s. Verlängerungsbeschluß vom 25.08.1997, Bl. 49 d.A.) begründet.
Zur Berufungsbegründung verweist der Kläger zunächst darauf, daß die vom Arbeitsgericht zitierte BAG-Rechtsprechung (zur Tarifauslegung im Rahmen der Kündigungsfristen) in der Literatur auf fast einhelligen Widerspruch gestoßen sei. Dieser Kritik zufolge sei ein rein deklaratorischer Charakter nur bei Vereinbarungen gegeben, die sich eindeutig als neutrale Nonnen identifizieren ließen. Die BAG-Rechtsprechung würde den Tarifvertragsparteien ihre Normsetzungsbefugnis rauben, was einem unzulässigen Eingriff in die Tarifautonomie gleichkomme. Die BAG-Rechtsprechung – so macht der Kläger weiter geltend – führe auch zu Wertungswidersprüchen aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts. Bei der tariflichen Regelung von Krankenbezügen handele es sich zweifellos um eine Arbeitsentgeltregelung. Der „stärkere Schutz” im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müsse letztlich auch bei der Frage durchschlagen, ob die Tarifvertragsparteien einen Normsetzungswillen hatten, – weil dieser immer dann zu vermuten sei, wenn sie – wie im Falle der Entgeltfortzahlung – im originären Bereich der Tarifgestaltung tätig würden.
Im übrigen sei die BAG-Rechtsprechung zu Kündigungsfristenregelungen auf Fragen der Entgeltfortzahlung nicht anwendbar. Dazu führt der Kläger auf den Seiten 4 ff. der Berufungsbegründung vom 05.09.1997 (Bl. 50 ff., 53 ff. d.A.) näher aus. In diesem Zusammenhang macht der Kläger u.a. geltend:
Anders als bei tarifdispositiven Gesetzen hätten die Tarifvertragsparteien bei normalen, einseitig zwingenden Gesetzen – wie den Entgeltfortzahlungsregelungen – nur eine Alternative, nämlich die gesetzlichen ...