Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmerüberlassung. Dienstvertrag. Werkvertrag. Abgrenzung zwischen Werk- oder Dienstvertrag und Arbeitnehmerüberlassung. vorübergehend

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Begriff „vorübergehend” im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG ist nach dem Sinn und Zweck der Regelung – konzerninterne Arbeitnehmerüberlassung wegen der insoweit i. d. R. nicht bestehenden Gefährdung des arbeits- und sozialrechtlichen Status der Leiharbeitnehmer zu erleichtern – weit auszulegen. Zur Zeit der Überlassung braucht der genaue Zeitpunkt der Rückkehr des überlassenen Arbeitnehmers nicht festzustehen; es muss lediglich sichergestellt sein, dass der Arbeitnehmer nach Beendigung seines Einsatzes seine Arbeitsleistung wieder bei dem abordnenden Konzernunternehmen erbringen kann.

2. Der Eintritt der in § 10 Abs. 1 AÜG enthaltenen gesetzlichen Fiktion des Zustandekommens eines Arbeitsverhältnisses setzt voraus, dass nach dem Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen, die die beteiligten Vertragspartner getroffen haben, der Tatbestand der gewerbsmäßigen und damit erlaubnispflichtigen Arbeitnehmerüberlassung vorliegt. Dass es sich also bei dem Vertrag zwischen dem Arbeitgeber und dem Dritten, in dessen Betrieb der Arbeitnehmer eingesetzt werden soll, seiner rechtlichen Qualifikation nach um einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag und nicht etwa um einen Werk- oder Dienstvertrag handelt, in dessen Rahmen der Arbeitnehmer lediglich als Erfüllungsgehilfe seines Arbeitgebers in dem Betrieb des Dritten tätig wird. Über die rechtliche Einordnung eines Vertrages entscheidet der Geschäftsinhalt und nicht die von den Parteien gewünschte Rechtsfolge oder eine Bezeichnung, die tatsächlich dem Geschäftsinhalt nicht entspricht. Der Geschäftsinhalt kann sich sowohl aus den ausdrücklichen Vereinbarungen der Vertragsparteien als auch aus der praktischen Durchführung des Vertrages ergeben. Widersprechen sich beide, so ist die tatsächliche Durchführung des Vertrages maßgebend.

 

Normenkette

AÜG § 10 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Urteil vom 07.10.2005; Aktenzeichen 8 Ca 1469/05)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 07.10.2005, Az.: 8 Ca 1469/05, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen in Folge unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung seit dem 02.10.2000 ein Arbeitsverhältnis besteht.

Zur Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 07.10.2005 (Bl. 103 – 109 d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 07.10.2005 abgewiesen. Hinsichtlich der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 8 bis 14 dieses Urteils (= Bl. 109 – 115 d. A.) verwiesen.

Gegen das ihm am 20.10.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14.11.2005 Berufung eingelegt und diese innerhalb der ihm mit Beschluss vom 15.12.2005 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 20.01.2006 begründet.

Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sei zwischen ihm und der Beklagten nach § 10 Abs. 1 AÜG mit Wirkung ab dem 02.10.2000 ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen. An diesem Tag habe er von Herrn B., einem seiner Vorgesetzten bei seinem (damaligen) Arbeitgeber, der Fa. D. GmbH, die Anweisung erhalten, die Tätigkeiten des bei der Beklagten beschäftigten Herrn R. zu übernehmen. Im Zusammenhang mit dieser Anordnung habe er auch die Sicherheitskarte zum Öffnen der Türen für das Betriebsgebäude der Beklagten erhalten. Von einer Rückkehroption oder einer Befristung der Abordnung zur Beklagten sei dabei keine Rede gewesen. Ab dem 02.10.2000 habe er dem Bereich „parts quality” der Beklagten angehört. Es könne auch insoweit nicht davon ausgegangen werden, die Fa. D. GmbH habe ihn lediglich vorübergehend ihrer Konzernmutter, der Beklagten, zur Erbringung von Arbeitsleistungen überlassen. Zwar treffe es zu, dass er im Zeitraum September/Oktober 2000 nach längerer Arbeitsunfähigkeit im Rahmen des sog. „Hamburger Modells” beschäftigt worden sei. Aber auch während dieser Zeit habe er in dem Bereich, den er entsprechend der Anordnung vom 02.10.2000 übernehmen sollte, gearbeitet. Schließlich sei er in der Abteilung von Herrn W. eingesetzt worden, wobei es sich – dies ist zwischen den Parteien unstreitig – um eine Abteilung der Beklagten handele. Eine Rückkehr zur Fa. D. GmbH sei nicht vorgesehen gewesen. Es treffe auch nicht zu, dass er – außerhalb der Zeit seiner Beschäftigung nach dem sog. „Hamburger Modell” – auf der Grundlage eines zwischen der Beklagten und der Fa. D. bestehenden Werkvertrages tätig gewesen sei. Soweit die Beklagte solche Werkverträge vorgelegt habe, so sei nicht zu erkennen, dass sie überhaupt seinen Einsatz bei der Beklagten beträfen. Die D. GmbH habe weder die Art und Einteilung der Arbeiten selbst bestimmen können, noch diesbezüglich eigene Geräte verwendet. So sei er – der Kläger – beispielsweis...

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