Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmerüberlassung, verdeckte. Austauschkündigung. Fremdvergabe, werkvertragliche. Kündigung, betriebsbedingte. Weisungsrecht. betriebsbedingte Kündigung, Abgrenzung werkvertraglicher Fremdvergabe von verdeckter Arbeitnehmerüberlassung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Abgrenzung werkvertraglicher Fremdvergabe von verdeckter Arbeitnehmerüberlassung ist der Geschäftsinhalt maßgeblich. Dieser kann sich sowohl aus ausdrücklichen Vereinbarungen der Vertragsparteien als auch aus der praktischen Durchführung des Vertrages ergeben. Widersprechen sich beide, ist die praktische Handhabung maßgebend.

2. Die maßgeblichen Abgrenzungskriterien sind die Einbindung in die betriebliche Arbeitsorganisation und die Ausübung des arbeitsbezogenen Weisungsrechts.

 

Normenkette

AÜG § 1; BGB §§ 631, 645; KSchG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 06.05.2010; Aktenzeichen 5 Ca 44/10)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – vom 06.05.2010, 5 Ca 44/10, abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um den Bestand des Arbeitsverhältnisses nach ordentlicher, auf betriebsbedingte Gründe gestützter Kündigung der Arbeitgeberin.

Der Beklagte ist der Insolvenzverwalter über das Vermögen der ABC B.-S.-Biege-H. mbH. Diese betrieb den Handel, das Konfektionieren von B. und Baustahlelementen sowie in geringerem Umfang eine Baustahlverlegeabteilung und beschäftigte insgesamt ca. 50 Arbeitnehmer. Ein Betriebsrat war nicht gebildet. Die Insolvenz wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Pirmasens zum 30.07.2010 eröffnet (Az: 1 IE 1/10).

Der Kläger ist am 13.03.1960 geboren, verheiratet und hat drei unterhaltsberechtigte Kinder. Er war bei der Gemeinschuldnerin (im Folgenden: ABC) als Werker/Hilfsarbeiter beschäftigt zu einer Bruttomonatsvergütung von 2.600,00 EUR.

Mit Schreiben vom 28.12.2009, das dem Kläger am 29.12.2009 zuging, erklärte die ABC gegenüber dem Kläger die Kündigung zum 30.06.2010 und stellte ihn von der Erbringung seiner Arbeitsleistung frei.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28.12.2009 nicht beendet wird,

im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1) die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Werker/Hilfsarbeiter weiter zu beschäftigen.

Die erstinstanzlich beklagte ABC hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, nachdem bereits im Jahre 2009 die Entladearbeiten sowie ein Großteil der Schneide- und Biegearbeiten nicht mehr mit eigenem Personal durchgeführt, sondern fremdvergeben und aufgrund Werksvertrags durch die Firma D+E F. Sp. mit Sitz in W. (P.) durchgeführt worden seien, hätten die Gesellschafter der Beklagten am 09.11.2009 aufgrund der anhaltend schlechten wirtschaftlichen Lage des Unternehmens beschlossen, auch die restlichen Schneide- und Biegearbeiten sowie die Verladearbeiten aus Gründen der Erhaltung des Unternehmens insgesamt ab Januar 2010 ebenfalls über einen Werkunternehmer abzuwickeln und entsprechende Verhandlungen mit potenziellen Vertragspartnern aufzunehmen. Die sodann durchgeführten Verhandlungen hätten das mit Schreiben vom 10.12.2009 festgehaltene Ergebnis erbracht, womit der bereits am 29.12.2008 geschlossene Werkvertrag ergänzt worden sei. Am 16.12.2009 habe die Gesellschafterversammlung der Beklagten sodann beschlossen, das gesamte Personal des Biegeplatzes unter Beachtung der jeweiligen Kündigungsfrist zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu kündigen und die Produktionsarbeiten entsprechend der mit der Firma D+E F. Sp. erzielten Einigung dieser zu übertragen. Am 17.12.2009 sei sodann die Massenentlassungsanzeige gemäß § 17 KSchG gegenüber der Agentur für Arbeit P. erfolgt.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird von einer weitergehenden Darstellung des erstinstanzlichen Parteivorbringens gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts vom 06.05.2010 (dort Seite 3 – 5, Bl. 84 bis 86 d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – hat mit dem genannten Urteil der Kündigungsschutz- und Weiterbeschäftigungsklage des Klägers stattgegeben. Diese Entscheidung hat es zusammengefasst wie folgt begründet:

Die Beklagte habe nicht substantiiert einen Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit des Klägers dargelegt und nicht substantiiert und unter Beweisantritt dargelegt, dass die bislang vom Kläger ausgeübten Tätigkeiten aufgrund einer Unternehmerentscheidung im Wege des „out-sourcing” auf einen selbständigen Werkunternehmer übertragen worden seien. Bei dem nur rahmenmäßig umschriebenen „Werkvertrag” vom 29.12.2008 in Verbindung mit der Ergänzungsvereinbarung vom 10.12.2009 seien von der Firma D+E F. sowohl im Leistungsverze...

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