Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmerüberlassung, verdeckte. Austauschkündigung. Fremdvergabe, werkvertragliche. Kündigung, betriebsbedingte. Weisungsrecht. betriebsbedingte Kündigung. Abgrenzung werkvertraglicher Fremdvergabe von verdeckter Arbeitnehmerüberlassung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Abgrenzung werkvertraglicher Fremdvergabe von verdeckter Arbeitnehmerüberlassung ist der Geschäftsinhalt maßgeblich. Dieser kann sich sowohl aus ausdrücklichen Vereinbarungen der Vertragsparteien als auch aus der praktischen Durchführung des Vertrages ergeben. Widersprechen sich beide, ist die praktische Handhabung maßgebend.

2. Die maßgeblichen Abgrenzungskriterien sind die Einbindung in die betriebliche Arbeitsorganisation und die Ausübung des arbeitsbezogenen Weisungsrechts.

 

Normenkette

AÜG § 1; BGB §§ 631, 645; KSchG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 11.05.2010; Aktenzeichen 4 Ca 11/10)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – vom 11.05.2010, 4 Ca 11/10, wird zurückgewiesen.

Der in der Berufung erhobene Klageantrag wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen mit Ausnahme der Kosten der Anschlussberufung. Diese werden der Beklagten auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um den Bestand des Arbeitsverhältnisses nach ordentlicher auf betriebsbedingte Gründe gestützter Kündigung der Arbeitgeberin.

Der Beklagte ist der Insolvenzverwalter über das Vermögen der B. ABCgesellschaft mbH. Diese betrieb den Handel, das Konfektionieren von Baustahl und Baustahlelementen sowie in geringerem Umfang eine Baustahlverlegeabteilung und beschäftigte insgesamt ca. 50 Arbeitnehmer. Ein Betriebsrat war nicht gebildet. Die Insolvenz wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Pirmasens zum 30.07.2010 eröffnet (AZ: 1 IE 1/2010).

Der Kläger war seit 1987 auf dem Biegeplatz der Gemeinschuldnerin (im Folgenden B.), zuletzt überwiegend mit Verladearbeiten zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst von 3.000,00 EUR beschäftigt.

Mit Schreiben vom 28.02.2009 erklärte die B. gegenüber dem Kläger die Kündigung zum 30.06.2009 und stellte ihn von der Erbringung seiner Arbeitsleistung frei.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts vom 11.05.2010 (dort Seite 3-5, Bl. 67-69 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht infolge arbeitgeberseitiger Kündigung vom 28.12.2009 sein Ende finden wird.

Die erstinstanzlich beklagte B. hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern-Auswärtige Kammern Pirmasens – hat der Klage zum Teil stattgegeben, soweit die gesetzliche Kündigungsfrist nicht eingehalten worden war, und sie im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Arbeitsplatz des Klägers sei aufgrund der unternehmerischen Entscheidung, die bisher unter anderem vom Kläger ausgeübten Tätigkeiten fremd zu vergeben, weggefallen. Ausweislich der Einzelheiten des zwischen der B. und der G. I. Sp. geschlossenen Vertrages (Anlage B1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 22.01.2010, Bl. 13 ff. d.A.) sei eine Übertragung der Tätigkeiten von der B. auf die G. I. Sp. zur selbständigen Erledigung vereinbart. Deren Arbeitnehmer unterlägen danach ausschließlich den Weisungen der Bevollmächtigten der G. I. Sp.. Dem stehe auch nicht entgegen, dass diese pro Schicht einen deutschsprachigen Vorarbeiter zur Verfügung stellen müsse, denn dies sei insbesondere erforderlich, weil die Konstruktionszeichnungen in deutscher Sprache gefertigt seien. Nach dem vom Kläger unbestrittenen Beklagtenvortrag erteile der Platzmeister der B. den Mitarbeitern der G. I. Sp. keine Weisungen, sondern gebe lediglich den deutschsprachigen Vertretern Aufträge, stehe ihnen bei Rückfragen als Kontaktperson zur Verfügung und sorge für den Materialnachschub. Diesen Vortrag habe der Kläger in wesentlichen Teilen in der öffentlichen Sitzung vom 11.05.2010 bestätigt.

Augrund der Betriebszugehörigkeit seit dem Jahr 1987 habe die Beklagte mit dem Ausspruch der Kündigung zum 30.06.2010 aber nicht die gesetzliche Kündigungsfrist von sieben Monaten zum Ende eines Kalendermonats beachtet. Das Arbeitsverhältnis ende daher nicht zum 30.06.2010, sondern erst zum 31.07.2010.

Der Kläger, dem die Entscheidung des Arbeitsgerichts am 31.05.2010 zugestellt worden ist, hat am 07.06.2010 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und diese mit den am 21.06.2010 sowie am 30.06.2010 eingegangenen Schriftsätzen begründet.

Die von der beklagten B. mit Schriftsatz vom 11.06.2010 am 14.06.2010 eingelegte selbständige Anschlussberufung hat diese mit am 07.07.2010 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz zurückgenommen.

Der ...

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