Entscheidungsstichwort (Thema)
Klageänderung. Einzelvertragliche Verkürzung der Kündigungsfrist. Einzelvertragliche Verkürzung der Grundkündigungsfrist. unwirksamer Kündigungstermin bei Nichteinhaltung verlängerter Kündigungsfrist
Leitsatz (amtlich)
Soweit § 622 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 BGB eine Verkürzung der Kündigungsfrist durch einzelvertragliche Vereinbarung zulässt, bezieht sich dies nur auf die Grundkündigungsfrist des § 622 Abs. 1 BGB. Von den verlängerten Kündigungsfristen des § 622 Abs. 2 BGB darf nicht durch einzelvertragliche Vereinbarung abgewichen werden.
Normenkette
BGB § 622 Abs. 2, 5 S. 1 Nr. 2; ZPO §§ 264, 533; KSchG § 4 S. 1, §§ 6-7; ZPO § 264 Nrn. 2-3
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 08.12.2011; Aktenzeichen 2 Ca 1601/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 08.12.2011, Az.: 2 Ca 1601/11, abgeändert und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 28.09.2011 nicht zum 31.10.2011, sondern erst zum 29.02.2012 beendet worden ist.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten noch darüber, wann ihr Arbeitsverhältnis aufgrund einer ordentlichen Kündigung des Beklagten geendet hat.
Die Klägerin war seit dem 01.04.1999 im Kindergarten des beklagten Vereins zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt ca. € 2.900,00 als Erzieherin angestellt. Der Beklagte beschäftigt nicht mehr als fünf Arbeitnehmer. Im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 14./27.03.2002 hatten die Parteien eine Kündigungsfrist von vier Wochen zum Monatsende vereinbart.
Mit Schreiben vom 28.09.2011, der Klägerin am 29.09.2011 zugegangen, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.10.2011, hilfsweise und vorsorglich kündigte er zum nächsten gesetzlich möglichen Termin. Mit ihrer am 05.10.2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage vom 04.10.2011 hat die Klägerin die Unwirksamkeit der Kündigung und - so wörtlich - "jedenfalls aber die Nichteinhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist" geltend gemacht. Die streitgegenständliche Kündigung könne mit fünfmonatiger Frist allenfalls zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 29.02.2012 führen.
Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die mit Schreiben des Beklagten vom 28.09.2011 ausgesprochene ordentliche Kündigung nicht zum 31.10.2011 beendet wird,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die weitere, mit Schreiben des Beklagten vom 28.09.2011 hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung nicht zum 29.02.2012 beendet wird.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 08.12.2011 abgewiesen und ausgeführt, das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien sei durch die Kündigung vom 28.09.2011 zum 31.10.2011 beendet worden. Die Klägerin habe im Kleinbetrieb des Beklagten keinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz, der Beklagte habe die einzelvertraglich vereinbarte Kündigungsfrist gewahrt.
Das erstinstanzliche Urteil ist der Klägerin am 11.01.2012 zugestellt worden. Sie hat mit am 13.01.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 12.03.2012 eingegangenem Schriftsatz begründet. Sie macht geltend, die gesetzliche Kündigungsfrist betrage gemäß § 622 Abs. 2 Nr. 5 BGB fünf Monate, weil das Arbeitsverhältnis über zwölf Jahre bestanden habe. Das Arbeitsgericht habe übersehen, dass einzelvertraglich keine kürzere Frist vereinbart werden könne. Die einzelvertragliche Kürzungsmöglichkeit in Kleinunternehmen nach § 622 Abs. 5 Nr. 2 BGB beziehe sich nur auf die Grundkündigungsfrist.
Die Klägerin beantragt zweitinstanzlich,
das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 08.12.2011, Az.: 2 Ca 1601/11, abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 28.09.2011 nicht zum 31.10.2011, sondern erst zum 29.02.2012 beendet worden ist.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er widerspricht ausdrücklich der zweitinstanzlichen Klageänderung. Die Klägerin habe erstinstanzlich das Nichtvorliegen eines hinreichenden Kündigungsgrundes geltend gemacht, zweitinstanzlich rüge sie die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist. Hierbei handele es sich um zwei unterschiedliche Streitgegenstände. Es bestehe auch kein Rechtsschutzbedürfnis für eine derartige Klageänderung, weil die Klägerin in einem weiteren Verfahren vor dem Arbeitsgericht Kaiserslautern (Az.: 2 Ca 381/12) vermeintliche Annahmeverzugslohnansprüche bis Ende Februar 2012 geltend mache. Im Rahmen dieser Klage sei inzident der Bestand des Arbeitsverhältnisses zu überprüfen. Wegen der Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 29.03.2012 (Bl. 91-93 d.A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die nach § 64 ArbGG statthaf...