Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfügung, einstweilige. Weiterbeschäftigungsanspruch, allgemeiner. Einstweilige Verfügung und allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Ungewissheit über den Ausgang des vom Verfügungskläger eingeleiteten Kündigungsschutzprozesses begründet dann kein schutzwertes Interesse der Verfügungsbeklagten an der Nichtbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers für die Dauer des Kündigungsprozesses, wenn die fristlos und hilfsweise ordentlich erklärte Kündigung offensichtlich unwirksam ist. Von der offensichtlichen Unwirksamkeit der Kündigung ist auszugehen, wenn sich schon aus dem eigenen Vortrag des Arbeitgebers ohne jede Beweiserhebung und ohne dass ein Beurteilungsspielraum gegeben wäre, jedem Kundigen die Unwirksamkeit der Kündigung geradezu aufdrängen muss. Dies kann sich aus § 174 BGB ergeben.

 

Normenkette

ArbGG § 62 Abs. 1; ZPO §§ 935, 940 ff.

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Urteil vom 04.04.2008; Aktenzeichen 4 Ga 19/08)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 04.04.2008, Az. 4 Ga 19/08 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

  1. Die Verfügungsbeklagte wird verurteilt, den Verfügungskläger zu unveränderten Bedingungen als Restaurantfachmann in A-Stadt bis zum 31.08.2008 weiterzubeschäftigen.
  2. Im Übrigen werden die Anträge des Verfügungsklägers zurückgewiesen.
  3. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
  4. Der Streitwert wird auf 1.874,92 EUR festgesetzt

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

IV. Gegen die vorliegende Entscheidung ist das Rechtsmittel der Revision nicht zulässig.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Eilverfahrens um die Weiterbeschäftigung des Verfügungsklägers.

Von einer wiederholenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 04.04.2008 (dort Seite 2 – 5 = Bl. 102 – 105 d. A.) Bezug genommen. Der unstreitige Tatbestand und die Prozessgeschichte sind jedoch wie folgt zu ergänzen: Der zwischen den Parteien unter dem Aktenzeichen 4 Ca 631/08 vor dem Arbeitsgericht Koblenz geführte Kündigungsrechtsstreit ist derzeit noch nicht beendet; der nächste Verhandlungstermin ist auf einen Tag im September 2008 anberaumt. Am 29.05.2008 ging dem Verfügungskläger ein Kündigungsschreiben zu, in welchem die Beklagte zum nächst zulässigen Zeitpunkt ordentlich kündigte. Das Kündigungsschreiben wurde von Frau X. sowie Herrn W. unterzeichnet. Der Verfügungskläger hat mit Schreiben vom 03.06.2008, das der Verfügungsbeklagten während der mündlichen Berufungsverhandlung vom 04.06.2008 übergeben worden ist, die Kündigung gemäß § 174 BGB unter Hinweis darauf zurückgewiesen, es sei erneut keine Originalkündigungsvollmacht vorgelegt worden.

Der Verfügungskläger hat beantragt,

  1. die Verfügungsbeklagte zu verurteilen, den Verfügungskläger zu unveränderten Bedingungen als Restaurantfachmann bis zum 31.05.2008 in A-Stadt zu beschäftigten.
  2. die Verfügungsbeklagte zu verurteilen, den Verfügungskläger über den 31.05.2008 hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses zu unveränderten Arbeitsbedingungen als estaurantfachmann in A-Stadt zu beschäftigten.

Die Verfügungsbeklagte hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Das Arbeitsgericht Koblenz hat mit Urteil vom 04.04.2008 die Anträge zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, hinsichtlich des Antrages zu 2. fehle es an einem Verfügungsgrund, soweit der Verfügungskläger eine Weiterbeschäftigung über den Abschluss des erstinstanzlichen Hauptsacheverfahrens bis zum rechtskräftigen Ende des Kündigungsrechtsstreits verlange. Denn in dem Hauptsacheverfahren könne bei entsprechender Antragstellung auch darüber entschieden werden, ob der Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreites weiterzubeschäftigen sei.

Im Übrigen fehle es an dem notwendigen Verfügungsanspruch. Das Recht eines gekündigten Arbeitnehmers weiterbeschäftigt zu werden hänge im wesentlichen von einer Interessenabwägung ab; bis zu einer gerichtlichen Entscheidung im Kündigungsschutzprozess überwiege dabei grundsätzlich das Interesse des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer nicht zu beschäftigen. Etwas anderes gelte nur, wenn die ausgesprochene Kündigung offensichtlich unwirksam sei, da dann kein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers an einer Nichtbeschäftigung feststellbar sei. Eine offensichtliche Unwirksamkeit liege vor, wenn sich schon aus dem eigenen Vortrag des Arbeitgebers ohne jede Beweiserhebung und ohne dass ein Beurteilungsspielraum gegeben wäre, jedem Kundigen die Unwirksamkeit der Kündigung geradezu aufdrängen müsse.

Vorliegend sei eine offensichtliche Unwirksamkeit der schriftlichen Kündigung der Beklagten vom 18.02.2008 nicht feststellbar. Insbesondere ergebe s...

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