Entscheidungsstichwort (Thema)
Unbegründete Befristungskontrollklage bei unzureichenden Darlegungen der teilzeitbeschäftigten Arbeitsvermittlerin zum institutionellen Rechtsmissbrauch
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein institutioneller Rechtsmissbrauch bei der Vereinbarung befristeter Arbeitsverträge setzt voraus, dass eine Vertragspartei eine an sich rechtlich mögliche Gestaltung in einer mit Treu und Glauben unvereinbaren Weise nur dazu verwendet, sich zum Nachteil der anderen Vertragspartei Vorteile zu verschaffen, die nach dem Zweck der Norm und des Rechtsinstituts nicht vorgesehen sind.
2. Die Befristungskontrolle ist nicht nur anhand der Vorgaben des § 14 TzBfG vorzunehmen sondern die Befristung ist auch an § 242 BGB unter Berücksichtigung unionsrechtlicher Vorgaben zu messen; anhand einer Gesamtbewertung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls ist zu ermitteln, ob sich aufgrund einzelner Umstände wie etwa der Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses, der Anzahl der Vertragsverlängerung und der Laufzeit der einzelnen Verträge ein institutioneller Rechtsmissbrauch feststellen lässt, wobei es keine zeitliche oder quantitative Grenze gibt sondern nach dem Gesamtbild aller Einzelumstände des spezifischen Falles zu entscheiden ist.
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3; BGB § 242
Verfahrensgang
ArbG Trier (Entscheidung vom 03.09.2014; Aktenzeichen 1 Ca 1861/13) |
Tenor
- Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 03.09.2014 - 1 Ca 1861/13 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob zwischen ihnen wirksam eine Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2013 vereinbart worden ist, oder aber nicht.
Die Klägerin war im Rahmen mehrerer aufeinander folgender befristeter Arbeitsverträge in Teilzeit (50 v.H.) seit dem 01.02.2008 im örtlichen Jobcenter der Beklagten zu einem Bruttomonatsentgelt von zuletzt 1.726,83 Euro als Arbeitsvermittlerin beschäftigt.
Nachdem die Klägerin zunächst aufgrund zweier sachgrundlos befristeter Arbeitsverträge vom 01.02.2008 bis zum 31.12.2009 beschäftigt worden war, erfolgte die nachfolgende Beschäftigung aufgrund von insgesamt fünf weiteren befristeten Arbeitsverträgen mit dem Sachgrund der Vertretung für unterschiedliche, in diesen Zeiträumen jeweils tatsächlich in Elternzeit befindliche Mitarbeiterinnen der Beklagten.
Der zuletzt abgeschlossene Arbeitsvertrag der Parteien datiert vom 24.10.2012. Der zugehörige Befristungsvermerk vom gleichen Tag enthält folgenden Text:
"Befristungsgrund: § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG - Vertretung.
Frau K. befindet sich bis zum 31.12.2013 in Elternzeit. In diesem Zeitraum übernimmt Frau A. die Vertretung als Arbeitsvermittlerin mit Beratungsaufgaben im Arbeitgeberservice für Frau K.."
Die Klägerin wurde aufgrund dieses Vertrages als Arbeitsvermittlerin mit Beratungsaufgaben ebenso wie die Mitarbeiterin Frau K. im Team eingesetzt. Diese hatte zunächst bis zum 31.12.2012 Elternzeit genommen, die aber am 25.06.2012 bis zum 31.12.2013 verlängert worden war.
Die Klägerin hat vorgetragen,
die Befristung des letzten Arbeitsvertrags vom 24.10.2012 sei rechtsunwirksam, weil für die Befristung kein Sachgrund vorgelegen habe. Es habe bei der Beklagten keineswegs nur ein vorübergehender Bedarf im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 3 TzBfG bestanden, sondern tatsächlich ein ständiger und dauernder Vertretungsbedarf. Bei der Beklagten seien aufgrund der Größe des Betriebes ständig Stammarbeitnehmer durch Vertretungskräfte zu ersetzen, so dass die Beklagte den tatsächlichen Bedarf auch durch eine unbefristet beschäftigte Personalreserve abfangen könne und auch tatsächlich müsse. Andernfalls laufe der Zweck des TzBfG, die Möglichkeiten für befristete Arbeitsverhältnisse zu beschränken, leer, da die Beklagte allein aufgrund der Vielzahl der beschäftigten Arbeitsvermittler stets einen konkreten Vertretungsbedarf begründen könne. Zudem sei die Befristung auch wegen Missbrauchs des Befristungsrechts unwirksam. Im Übrigen bestehe auch ein Anspruch auf Wiedereinstellung nach dem Arbeitsvertrag i.V.m. § 33 Abs. 3 S. 2 TV-BA.
Die Klägerin hat beantragt,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der Befristung zum 31.12.2013 beendet worden ist,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis über den 31.12.2013 hinaus als unbefristetes Arbeitsverhältnis fortbesteht,
- die Beklagte zu verurteilen, sie als Arbeitsvermittlerin mit Beratungsaufgaben im Arbeitgeberservice (Team 007) gemäß den Vorgaben des Arbeitsvertrags zu einem Bruttomonatsgehalt von 1.726,83 Euro täglich von Montag bis Freitag jeweils 3 Stunden und 54 Minuten und zu den weiteren Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 24.10.2012 weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen,
das Arbeitsverhältnis sei mit der Befristungsabrede vom 24.10.2012 wirksam mit dem Sachgrund der Vertretung befristet worden. Es habe sich um eine un...