Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweiswürdigung. Kündigung. Tatsachenfeststellung. Zur Bindung des Berufungsgerichts an die erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen
Leitsatz (amtlich)
1. Die Anforderungen, die an die Voraussetzungen einer erneuten Tatsachenfeststellung durch das Berufungsgericht zu stellen sind, dürfen nicht überspannt werden.
2. Auch erstinstanzlich verfahrensfehlerfrei getroffene Tatsachenfeststellungen sind für das Berufungsgericht dann nicht bindend, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Feststellungen unvollständig oder unrichtig sind.
Normenkette
ArbGG § 64 Abs. 6; ZPO §§ 286, 529 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 20.06.2008; Aktenzeichen 9 Ca 981/07) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein – Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz – vom 20.06.2008, Az.: 9 Ca 981/07, wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche, fristlose Kündigung der Beklagten vom 08.11.2007 mit Zugang dieser Kündigungserklärung oder jedenfalls aufgrund einer Umdeutung dieser Kündigung in eine ordentliche Kündigung mit Ablauf der Kündigungsfrist seine Beendigung gefunden hat.
Zur Darstellung des unstreitigen Sachverhalts und des streitigen erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein – Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz – vom 20.06.2008, Az: 9 Ca 981/07.
Nach erstinstanzlich durchgeführter Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen K., R., S. und Z. gemäß Beweisbeschluss vom 11.04.2008 hat das Arbeitsgericht im genannten Urteil festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die fristlose Kündigungserklärung vom 08.11.2007 beendet wurde und zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht – zusammengefasst – ausgeführt, wobei hinsichtlich der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung auf die Entscheidungsgründe des genannten Urteils verwiesen wird: Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei nicht erwiesen, dass der Kläger absichtlich eine Wand und eine Wandfertigungsanlage beschädigt habe. Gleiches gelte für den Vorwurf, der Kläger habe einen Vorgesetzt bedroht. Die weiteren Vorwürfe, der Kläger habe dreimal falsch geladen und bei einem Streitgespräch gegenüber einem Vorgesetzten geäußert, er gehe jetzt nach Hause und rede mit dem Vorgesetzten kein Wort mehr, ihm – dem Kläger – sei alles egal und ihm könne nichts passieren, reichten als Grund für eine fristlose Kündigung nicht aus. Bei der Falschbeladung handele es sich um Arbeitsfehler. Hinsichtlich des Disputs mit dem Vorgesetzten habe der Kläger tatsächlich die Arbeitsstelle nicht verlassen und deshalb keine Arbeitsverweigerung begangen. Die letztgenannten Vorwürfe seien auch nicht ausreichend, um eine im Wege der Umdeutung anzunehmende ordentliche Kündigung des Klägers angesichts von dessen Beschäftigungsdauer von 14 Jahren zu rechtfertigen.
Das genannte Urteil ist der Beklagten am 14.08.2008 zugestellt worden. Sie hat hiergegen mit einem am 19.08.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 15.09.2008, beim Landesarbeitsgericht ebenfalls am 15.09.2008 eingegangen, begründet. Zur Begründung ihrer Berufung wiederholt die Beklagte zunächst die erstinstanzlich dargestellten Kündigungsvorwürfe. Sie macht ferner geltend, das Arbeitsgericht habe die Zeugenaussagen nicht in der dokumentierten Art verwertet. Es habe sich nicht mit der Tatsache auseinander gesetzt, dass die Zeugen den Sachverhalt ebenso wie ein nachfolgenden Geständnis des Klägers bestätigt hätten. Verfahrensfehlerhaft sei auch die Würdigung der Aussage des Zeugen K. im Hinblick auf die geltend gemachte Bedrohung des Zeugen durch den Kläger. Der Zeuge habe dies eindeutig bestätigt. Insgesamt sei die Wertung der Zeugenaussagen durch das Arbeitsgericht nicht nachvollziehbar.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den genannten Schriftsatz (Bl. 141 ff. d. A.) verwiesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein – Auswärtige Kammern Landau – vom 20.06.2008, Az: 9 Ca 981/07, abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nach Maßgabe seines Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 16.10.2008, auf den Bezug genommen wird (Bl. 152 ff. d. A.), als zutreffend.
Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Das Rechtsmittel ist an sich statthaft. Die Berufung wurde auch form- und fristger...