Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschlußfrist. Schadenersatz. Tarifliche Ausschlußfrist. Feststellung
Leitsatz (amtlich)
Zahlt der Arbeitgeber nach beendetem Kündigungsschutzprozeß den Lohn gemäß § 615 BGB ohne Zinsen nach, so unterliegt der Zinsanspruch der tariflichen Ausschlußfrist, wenn er nicht fristgemäß nach Eingang der Lohnzahlung geltend gemacht wird. Insoweit gilt nicht die Rechtsprechung des BAG (Urt. v. 04.05.1977 – 5 AZR 187/76 –), wonach die Ausschlußfrist für diejenigen Ansprüche, die vom Ausgang des Kündigungsschutzprozesses abhängen, durch die Erhebung der Kündigungsschutzklage als gewahrt gilt.
Gleiches gilt auch für die steuerlichen Nachteile, die dem Arbeitnehmer dadurch entstehen, daß die Lohnnachzahlung in einer Einmalzahlung erfolgt.
Normenkette
TVAL II § 49
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 06.09.1995; Aktenzeichen 3 Ca 2393/94) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 06.09.1995 – 3 Ca 2393/94 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen verspäteter Lohnzahlung.
Er ist seit Mai 1977 bei den US-Stationierungsstreitkräften beschäftigt. Im Rahmen der Truppenreduzierung wurde das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31.12.1991 gekündigt. Die hiergegen erhobene Klage endete durch einen Vergleich vor dem Bundesarbeitsgericht am 11.11.1993. Danach besteht das Arbeitsverhältnis ungekündigt fort. Dementsprechend wurde der Kläger ab dem 01.01.1993 weiterbeschäftigt. Die rückständigen Vergütungsansprüche für die Monate Januar bis Dezember 1992 wurden mit der Lohnabrechnung für März 1993 errechnet und im Anschluß daran gezahlt.
Der Kläger hat vorgetragen:
Durch die verspätete Zahlung der Vergütung für das Jahr 1992 sei ihm ein Schaden entstanden, den die Beklagte zu ersetzen habe. Dieser Schaden bestehe zunächst in einem Zinsverlust in Höhe von DM 1.270,92, weil die Beklagte die Monatslöhne nicht jeweils bei Fälligkeit gezahlt habe. Ein weiterer Zinsverlust sei dadurch eingetreten, daß der infolge der Steuerprogression zusätzlich abgeführte Lohnsteuerbetrag erst mit zeitlicher Verzögerung im Wege des Lohnsteuerjahresausgleiches erstattet worden sei. Ein weiterer Schaden in Höhe von DM 3.243,09 resultiere daraus, daß ihm auch im Wege des Lohnsteuerjahresausgleiches die durch die Einmal Zahlung wegen der Steuerprogression angefallene Steuermehrbelastung nicht in vollem Umfange erstattet worden sei. Schließlich habe er zur Wahrnehmung seiner Rechte sich der Hilfe eines Dritten bedienen müssen, dem er ein Pauschalhonorar in Höhe von DM 180,– zzgl. MWSt habe zahlen müssen.
Den Schaden habe er erst nach Eingang der Steuererklärung für das Jahr 1993 im April 1994 errechnen und beziffern können. Mit der Geltendmachung der Ansprüche durch Schreiben seines Prozeßbevollmächtigten vom 20.09.1994 gegenüber dem AVL Kaiserslautern sei die tarifliche Ausschlußfrist gewahrt, zumal bereits im Schreiben vom 23.12.1992 eine Geltendmachung der Ansprüche zu sehen sei.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn DM 6.628,44 nebst 13,25% Zinsen p.a. hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen:
Sie habe die verspätete Leistung nicht zu vertreten, da sie davon habe ausgehen können, daß die Kündigung des Klägers wegen Schließung der Dienststelle wirksam gewesen sei.
Wegen des unstreitigen und streitigen erstinstanzlichen Parteivorbringens im einzelnen wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 06.09.1995 – 3 Ca 2393/94 – Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des Urteils wird zur weiteren Darstellung ebenfalls Bezug genommen.
Der Kläger legte gegen das ihm am 02.11.1995 zugestellte Urteil am 29.11.1995 Berufung ein und begründete diese am 27.12.1995 unter Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens und im übrigen wie folgt:
Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sei die tarifliche Ausschlußfrist des § 49 TVAL II nicht versäumt. Bereits mit Schreiben vom 23.12.1992 habe der Kläger gegenüber dem Amt für Verteidigungslasten, das die Lohnabrechnungen für die US-Stationierungsstreitkräfte vornehme, dem Grunde nach geltend gemacht. Diesem Schreiben müsse man entnehmen, daß damit zugleich auch die künftigen Vergütungsansprüche des Klägers geltend gemacht worden seien; denn der Kläger habe sich ausdrücklich auf die Unwirksamkeit der Kündigung berufen und dazu aufgefordert, in Bezug auf seine Vergütung die hieraus resultierenden Konsequenzen zu ziehen. Das beinhaltet zugleich die Geltendmachung der hier streitbefangenen Ansprüche.
Das Arbeitsgericht habe die Anforderungen an die Geltendmachung überspannt, wenn es dem Arbeitnehmer abverlange, zur Wahrung der maßgeblichen Ausschlußfrist nicht nur den eigentlichen Hauptanspruch, sondern vorsorglich zugleich die ...