Entscheidungsstichwort (Thema)

Diebstahl. Hausbriefkasten. Klageerhebungsfrist. Klagefrist. Kündigung, außerordentliche. Kündigungsschreiben. Sorgfaltspflichten. Verdacht. Zugang. Außerordentliche Kündigung

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Kündigungsschreiben geht regelmäßig mit dem Einwurf in den Hausbriefkasten des zu kündigenden Arbeitnehmers zu. Der Inhaber eines Hausbriefkastens muss grundsätzlich dafür Sorge tragen und Vorsorge treffen, dass er von für ihn bestimmte Sendungen Kenntnis nehmen kann.

 

Normenkette

BGB §§ 130, 626 Abs. 1; KSchG §§ 13, 4, 7

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 13.05.2011; Aktenzeichen 10 Ca 114/11)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 13. Mai 2011, Az.: 10 Ca 114/11, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung vom 28.12.2010.

Der Kläger (geb.1960, verheiratet) war seit dem 01.02.2004 bei der Beklagten als Lkw-Fahrer zu einem Bruttomonatslohn von 1.650,00 EUR tätig. Die Beklagte beschäftigt fast 200 Arbeitnehmer, ihre wichtigste Kundin ist die X, auf deren Werksgelände sie mit ca. 150 Arbeitnehmern verschiedene Dienstleistungen, u.a. den Transport von Paletten, erbringt.

Mitte November 2010 wurde die Beklagte von der X. darüber informiert, dass es in der Zeit von mindestens 2007 bis Februar 2010 zu Palettendiebstählen gekommen sei. Mitarbeiter der X und der Beklagten sollen ca. 240.000 Neupaletten im Gesamtwert von ca. 2,4 Mio. EUR vom Werksgelände geschafft haben. Im Verlauf der Ermittlungen gerieten zunächst der für das Packmittellager verantwortliche Betriebsmeister der X. M, der Disponent der Beklagten A. und der Fahrer S. in Verdacht. Am 14.12.2010 teilte die X. der Beklagten mit, dass nach ihren Erkenntnissen auch der Kläger daran beteiligt gewesen sei, mit dem Lkw der Beklagten gestohlene Neupaletten von ihrem Werksgelände zu einer Firma M. in E-stadt. zu transportieren, die das Diebesgut gewerbsmäßig weiter veräußert habe. Allein der Kläger soll in den Jahren 2008 und 2009 mindestens 375 Transporte von gestohlenen Paletten mit dem Lkw der Beklagten durchgeführt haben.

Am 14.12.2010 erteilte die X. dem Kläger ein Werksverbot. Am 23.12.2010 hörte die Beklagte den Kläger zu den Verdachtsmomenten und den Betriebsrat zu den Kündigungsvorwürfen an. Mit (einem) Schreiben vom 28.12.2010 kündigte sie das Arbeitsverhältnis fristlos bzw. zum nächstmöglichen Termin. Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit seiner am 19.01.2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage. Wann ihm das Kündigungsschreiben zugegangen ist, ist streitig.

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 13.05.2011 (dort Seite 2-8 = Bl. 105-111 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 28.12.2010, zugegangen am 17.01.2011, nicht aufgelöst worden ist,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung vom 28.12.2010, zugegangen am 16.01.2011, nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 13.05.2011 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es könne dahinstehen, ob die Kündigung vom 28.12.2010 bereits gemäß § 7 KSchG wirksam sei, weil der Kläger nicht innerhalb von drei Wochen nach ihrem Zugang Kündigungsschutzklage erhoben habe. Die Kündigung sei jedenfalls aus wichtigem Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigt. Es bestehe der dringende Verdacht, dass der Kläger an den umfangreichen Palettendiebstählen zu Lasten der X. beteiligt gewesen sei. Er habe gewusst, dass die Transporte der Paletten vom Werksgelände der X. nach E-stadt. der Begehung von Straftaten dienten. Es hätte sich ihm aufdrängen müssen, dass er die Transporte an der Beklagten vorbei durchgeführt habe. Die Fahrten zur Firma M. nach E-stadt. seien nicht ordnungsgemäß dokumentiert worden. Der Kläger habe vom Empfänger keine Quittung über die Lieferung und auch sonst keine Belege über die durchgeführten Fahrten erhalten, um die Beklagte in die Lage zu versetzen, die ordnungsgemäße Abwicklung zu kontrollieren und die Leistung der X. in Rechnung zu stellen. Der Kläger könne sich nicht damit entlasten, er sei als Fahrer nicht verpflichtet gewesen, die Lieferaufträge zu überprüfen. Er sei als Lkw-Fahrer auch für die transportierte Ladung verantwortlich. Es sei im Transportgewerbe üblich, die Auftragserledigung zu dokumentieren. Soweit der Kläger geltend mache, eine Bestätigung des Empfangs der Ware sei bei Lieferungen nach E-stadt. nicht notwendig gewesen, der fehlende Beleg sei von der Beklagten auch nie gerügt worden, habe er nicht vorgetragen, ...

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