Kündigung wegen Trunkenheitsfahrt nicht immer rechtens

Ein bundesweit tätiger Kundenbetreuer verursachte privat betrunken einen schweren Unfall mit dem Dienstwagen. Trotz Führerscheinentzugs war die Kündigung des Arbeitnehmers nicht rechtmäßig, entschied das LAG Rheinland-Pfalz.

Privates Verhalten kann eine Kündigung rechtfertigen, wenn das Verhalten konkrete Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis hat. Wer alkoholisiert Auto fährt und seinen Führerschein verliert, muss mit der Kündigung rechnen. Die fristlose Kündigung eines Autoverkäufers nach nächtlicher Verfolgungsjagd bestätigte das Arbeitsgericht Düsseldorf. Auch die Kündigung nach privatem Drogenkonsum eines Berufskraftfahrers war gerechtfertigt, entschied das BAG. Nicht immer hat die fristlose Kündigung wegen alkoholbedingten Entzugs der Fahrerlaubnis vor Gericht Bestand. Im vorliegenden Fall hielt das LAG Mainz eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung für unverhältnismäßig.

Fristlose Kündigung wegen Trunkenheitsfahrt und Führerscheinverlusts

Der Arbeitnehmer ist seit 1999 bei einem Chemieunternehmen tätig. Er betreut seit 2009 als Key-Account Manager für den Bereich Transport und Industrie bundesweit Kunden. Dafür steht ihm ein Dienstwagen zur Verfügung, den er auch privat nutzen darf. Nach einer firmeninternen Regelung gilt hier eine Null-Promillegrenze. Bei einer privaten Fahrt an seinem Geburtstag verursachte er mit 1,8 Promille im Blut einen schweren Unfall. Daraufhin wurde ihm die Fahrerlaubnis für zwölf Monate entzogen.

Kundenbesuche mit Fahrer auf eigene Kosten als Alternative?

Dem Arbeitgeber macht er daraufhin das Angebot, für Kundenbesuche auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen oder auf eigene Kosten einen Fahrer für den Dienstwagen einzustellen. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis ohne vorherige Abmahnung fristlos, hilfsweise ordentlich. Aus seiner Sicht könne der Mitarbeiter ohne Führerschein seine Tätigkeit nicht ausüben. Bei der Alkoholfahrt handle es sich um eine so schwerwiegende Pflichtverletzung, dass eine Abmahnung nicht nötig sei.

LAG Mainz: Kündigung ist ultima ratio

Das LAG Rheinland-Pfalz entschied, wie schon zuvor das Arbeitsgericht Ludwigshafen, dass das Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche noch die ordentliche Kündigung aufgelöst wurde. Hierzu stellte es in seiner Begründung klar, dass der Verlust des Führerscheins durchaus ein Kündigungsgrund für eine außerordentliche Kündigung sein kann, wenn die arbeitsvertragliche Tätigkeit nicht mehr ausgeübt werden kann. Hieran hatte das Gericht Zweifel.

Der Arbeitnehmer sei kein Berufskraftfahrer, sondern in der Kundenbetreuung tätig. Damit kam es für das Gericht darauf an, ob er diese Haupttätigkeit ohne Firmenfahrzeug ausüben kann. Es kam zu dem Schluss, dass es dem Mitarbeiter weiterhin möglich sei, die Kundebesuche durchzuführen, indem er öffentliche Verkehrsmittel nutzt. Selbst wenn dies nicht in allen Fällen aufgrund des hohen Zeitaufwands möglich sei, wäre der Vorschlag des Arbeitnehmers, vorübergehend einen Fahrer auf eigene Kosten einzustellen, ein probates milderes Mittel gewesen.

Vorherige Abmahnung wegen Trunkenheitsfahrt erforderlich

Die Kündigung scheiterte aus Sicht des LAG Mainz auch an einer einschlägigen Abmahnung. Das Gericht führte dazu aus, dass das Führen des Dienstwagens unter erheblichem Alkoholeinfluss eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten darstellt, auch wenn dies außerhalb der Arbeitszeit geschieht. Eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung hielten die Richter jedoch unter Abwägung der Umstände im konkreten Fall für unverhältnismäßig. Hierfür sprach für sie zum einen die langjährige störungsfreie Tätigkeit des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber als auch die geringe Gefahr einer Wiederholung.


Hinweis: LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6.9.2021, Az: 1 Sa 299/20; Vorinstanz: Arbeitsgericht Ludwigshafen, Urteil vom 2. 9. 2020, Az: 1 Ca 1560/19


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Schlagworte zum Thema:  Urteil, Außerordentliche Kündigung, Abmahnung