Entscheidungsstichwort (Thema)

Außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines technischen Mitarbeiter einer Universität wegen Kritik an der Überwachung seiner Arbeitsleistung

 

Leitsatz (redaktionell)

Auch eine überspitzte, polemische, ironisch zugespitzte Kritik eines Arbeitnehmers an der Überwachung seiner Arbeitsleistung durch Vorgesetzte kann nicht zum Anlass für eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses genommen werden, sofern keine unwahren Tatsachenbehauptungen aufgestellt werden.

 

Normenkette

BGB § 241 Abs. 2, § 626 Abs. 1; GG Art. 5 Abs. 1; KSchG § 1 Abs. 1; GG Art. 5 Abs. 2; KSchG § 1 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Entscheidung vom 18.02.2016; Aktenzeichen 3 Ca 1728/15)

 

Tenor

  • I.

    Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 18.02.2016 - 3 Ca 1728/15 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

  • II.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren über die Wirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung.

Der Kläger ist beim beklagten Land aufgrund Arbeitsvertrags vom 11. Oktober/08. November 2013 (Bl. 18, 19 d. A.) seit dem 11. November 2013 als technischer Mitarbeiter in der J.-Universität A-Stadt beschäftigt. Er wurde in der Abteilung Technik eingesetzt, die von Herrn Dr. L. geleitet wird.

Am 02. September 2015 erhielt der Kläger eine Abmahnung vom 31. August 2015 wegen Arbeitsverweigerung (Bl. 87, 88 d. A.) und eine weitere Abmahnung vom 31. August 2015 wegen Beleidigung seines Vorgesetzten und Störung des Betriebsfriedens (Bl. 85, 86 d. A.).

Per E-Mail vom 08. September 2015 (Bl. 191 d. A.) teilte der Leiter der Abteilung Technik, Herr Dr. L., unter dem Betreff "Meine Anhörung wegen mutmaßlicher Privatarbeit am Arbeitsplatz" dem Kläger Folgendes mit:

"Sehr geehrter Herr A.,

zu meiner o.g. Anhörung vom 4.9. haben Sie am 4.9. Stellung genommen. Mangels Beweise kann Ihnen zwar keine Privatarbeit am Arbeitsplatz nachgewiesen werden, obgleich einige Indizien gegen Sie sprechen und auch nicht von Ihnen erklärt werden konnten.

Um in Zukunft derartige Missverständnisse auszuschließen, fordere ich Sie auf, Ihren direkten Vorgesetzten zukünftig im Vorfeld freiwillig mitzuteilen, wenn Sie z.B. private Gegenstände oder Materialien an Ihrem Arbeitsplatz aufbewahren, welche Sie hier im Rahmen Ihrer Schlossertätigkeit anfertigen könnten oder welche prinzipiell lagergängige Materialien sind.

Bei anderen Anhörungen musste ich unter anderem feststellen, dass Ihre Arbeitszeiteintragungen teilweise extrem unplausibel sind. Dadurch kann durch Ihre Vorgesetzten teilweise nicht nachvollzogen werden, was Sie in Ihrer Arbeitszeit machen. Um dies zukünftig zu gewährleisten, ordne ich hiermit an, dass von Ihnen ab heute wieder ein Arbeitstagebuch geführt wird. Das jeweilige Arbeitstagebuch vom Vortrag ist Ihrem Meister oder Vorhandwerker unaufgefordert zu der täglichen Arbeitsbesprechung vorzulegen. Diese Anweisung ist zunächst bis zum 2.10.15 gültig."

Die vorgenannte E-Mail wurde von Herrn Dr. L. in Kopie (cc) an Herrn I., Sachbearbeiter in der Abteilung Personal, und Frau W., Personalratsmitglied, übermittelt.

Darauf antwortete der Kläger am gleichen Tag mit seiner an Herrn Dr. L. gerichteten E-Mail (Bl. 192 d. A.), die er ebenfalls an Herrn I. als Vertreter der Personalabteilung und Frau W. als Personalratsmitglied übermittelte (Bl. 93 d. A.), wie folgt:

"Hab Ihnen doch gleich gesagt, das da nichts war.

Aber sie wussten es ja wieder einmal besser!

Haben Herrn N., Herrn E., Herrn F. und mir die Zeit gestohlen. (wem noch alles, weiß ich nicht?).

Will überhaupt nicht wissen, was das alles wieder gekostet hat?

Jetzt hoffe ich ja nur, dass sie die entwendeten Gegenständer an ihren Ursprünglichen Platz zurück bringen.

Missverständnisse, Probleme und Falsche Vorwürfe kamen bis heute nur von ihnen.

Auch in ihrem jetzigen Brief werden von Ihnen wieder zwei falsche Aussagen getroffen, die mich und meine angeblichen Aussagen in ein schlechtes Bild rücken und das machen sie schon, seit dem ersten Brief oder Gesprächsnotiz.

Wenn ich diese Fähigkeiten besitze um diese tollen Gegenstände zu fertigen, warum nutzen sie das nicht aus?

Dann bekomme ich vielleicht endlich die Lohngruppe, die meinen Fähigkeiten entspricht.

Weil das Geld scheinen sie ja zu haben?

Damit sie diesmal Ihre Kontrollsucht wirklich befriedigen können und ich vielleicht irgendwann mal wieder meine Ruhe habe, hätte ich gerne für die Tagesberichte einen Auftrag. Sonst könnte ich die Zeiten ja nicht ehrlich zu Ihrer Zufriedenheit eintragen.

Bitte sagen Sie meinem Vorhandwerker Bescheid, weil ich sonst befürchte, das sie hier niemals ruhe geben und das kein Ende nehmen wird.

Falls es wider Erwarten Beschwerden über mein Tagesbericht und Ausführungen gibt, sagen sie es mir bitte gleich und nicht wieder erst nach Wochen. Weil abgeben muss ich ihn jeden Tag, also können sie oder meine Vorgesetzten auch jeden Tag Verbesserungsvorschläge machen.

Denn Ihre Priorität liegt ja anscheinend ni...

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