Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksam befristeter Arbeitsvertrag zur Vertretung bei unsubstantiierten Darlegungen des Arbeitgebers zur geänderten Aufgabenzuweisung. Rechtzeitigkeit der Entfristungsklage bei Geltendmachung der Unwirksamkeit der im letzten Arbeitsvertrag vereinbarten Befristung
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Klage nach § 17 Satz 1 TzBfG ist auch dann rechtzeitig erhoben, wenn sich aus der Begründung einer innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Drei-Wochen-Frist erhobenen Klage ergibt, dass die Arbeitnehmerin mit ihrem Feststellungsantrag zumindest auch die Wirksamkeit der im letzten Arbeitsvertrag vereinbarten Befristung in Abrede stellt und damit erkennbar geltend macht, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht durch die zu einem bestimmten Zeitpunkt vereinbarte Befristung geendet hat.
2. Ein sachlicher Grund zur Befristung nach der Vorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG, die auch im Falle der Vertretung eines an der Dienstleistung verhinderten Beamten Anwendung findet, liegt vor, wenn die Arbeitnehmerin zur Vertretung einer anderen Arbeitnehmerin oder einer Beamtin beschäftigt wird; das setzt nicht voraus, dass die befristet zur Vertretung eingestellte Mitarbeiterin die Aufgaben der vorübergehend ausfallenden Stammkraft erledigt.
3. Da der Arbeitgeber aufgrund seines Organisationsrechts in seiner Entscheidung über die Umverteilung der Arbeitsaufgaben der zeitweise ausgefallenen Mitarbeiterin frei ist, kann er von einer Neuverteilung der Arbeitsaufgaben absehen und der befristet beschäftigten Arbeitnehmerin Tätigkeiten zuweisen, die die vertretene Arbeitnehmerin zu keiner Zeit ausgeübt hat; der für den Sachgrund der Vertretung notwendige Kausalzusammenhang besteht in diesem Fall darin, dass die Vertreterin mit Aufgaben betraut wird, die von der Vertretenen nach deren Rückkehr ausgeübt werden könnten.
4. Ist nicht zu erkennen, dass sich die der Vertreterin zugewiesenen Tätigkeiten aus einer geänderten Aufgabenzuweisung ergeben, ist die Befristung zur Vertretung unwirksam.
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, § 15 Abs. 5, §§ 17, 17 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 06.02.2013; Aktenzeichen 3 Ca 109/12) |
Tenor
Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 6.2.2013 - 3 Ca 109/12 - wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass Ziffer 1. des Urteilstenors klarstellend wie folgt neu gefasst wird:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristungsvereinbarung vom 12.10.2010 zum 31.12.2011 geendet hat.
Das beklagte Land hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen begründete Arbeitsverhältnis infolge einer Befristungsabrede geendet hat.
Die Klägerin war seit dem 19.07.1993 bei dem beklagten Land im Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz in N auf der Grundlage von insgesamt acht befristeten Arbeitsverträgen als Diplom-Ingenieurin (FH) für Weinbau und Getränketechnologie beschäftigt. Die Beschäftigung erfolgte nach dem Inhalt der einzelnen Verträge jeweils "zur Vertretung von Frau Gudrun S", und zwar bis zum 31.12.2009 in Vollzeit und danach in Teilzeit mit 31 Stunden pro Woche. Der letzte, bis zum 31.12.2011 befristete Arbeitsvertrag datiert vom 12.10.2010.
Die nach dem Inhalt der Arbeitsverträge von der Klägerin zu vertretende Beamtin S befand sich vom 25.02.1992 bis 15.04.2000 in Mutterschutz bzw. Elternzeit und war im Anschluss bis zum 31.12.2009 nach § 87a LBG in vollem Umfang und danach (bis 31.03.2012) zu 80% der regelmäßigen Arbeitszeit beurlaubt.
Die Klägerin arbeitete über den 31.12.2011 hinaus bis Freitag, dem 06.01.2012, und wurde erst am Montag, dem 09.01.2012, nach Hause geschickt, nachdem sie sich geweigert hatte, zwei weitere befristete Arbeitsverträge zu unterzeichnen, die bis zum 31.03.2012 eine Weiterbeschäftigung mit 31 Stunden pro Woche und danach (befristet bis zum 31.03.2014) eine Beschäftigung mit 19,5 Stunden wöchentlich vorsahen.
Die Klägerin hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, durch ihre Arbeitsaufnahme in Kenntnis ihres Vorgesetzten am 02.01.2013 sei ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen. Darüber hinaus sei davon auszugehen, dass die mit ihr - zuletzt bis 31.12.2012 - vereinbarten Befristungen nicht durch einen sachlichen Grund gedeckt und daher wirksam seien.
Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen streitigen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 06.02.2013 (Bl. 172-176 d. A.).
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis über den 31.12.2011 hinaus fortbesteht.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 06.06.2012 (Bl. 178 d. A.) durch Verneh...