Entscheidungsstichwort (Thema)
Erschwerniszulagen. Übung, betriebliche. Verbot. Verkehrssicherheit. Vertragsänderung. Vereinbarkeit einer Zulagenregelung mit § 3 Abs. 1 FPersG. betriebliche Übung
Leitsatz (amtlich)
Erschwerniszulagen, die nicht in Abhängigkeit von der zurückgelegten Strecke oder den beförderten Gütermengen gezahlt werden, fallen jedenfalls dann nicht unter das Verbot des § 3 Abs. 1 FPersG, wenn hiermit keine Anreize für die Fahrer zur Erhöhung ihrer Beförderungs- oder Fahrleistungen geschaffen werden.
Normenkette
FPersG § 3 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Urteil vom 18.03.2011; Aktenzeichen 2 Ca 3217/09) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 18. März 2011 – 2 Ca 3217/09 – teilweise abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.800,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus
100,00 EUR seit 01.09.2009,
350,00 EUR seit 01.10.2009,
250,00 EUR seit 01.11.2009,
200,00 EUR seit 01.12.2009,
150,00 EUR seit 01.02.2010,
150,00 EUR seit 01.03.2010,
200,00 EUR seit 01.05.2010,
200,00 EUR seit 01.06.2010,
350,00 EUR seit 01.07.2010,
150,00 EUR seit 01.08.2010,
300,00 EUR seit 01.10.2010,
150,00 EUR seit 01.11.2010,
200,00 EUR seit 01.12.2010 und
50,00 EUR seit 01.01.2011 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für jede von ihm gefahrene Doppel- und Außerkreistour 50,00 EUR pro Tour zu zahlen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung von Zulagen für sog. Doppel- und Außerkreistouren.
Der Kläger ist im Betrieb der Beklagten seit April 1997 als Kraftfahrer beschäftigt. Ihm wurde – ebenso wie allen anderen Fahrern – seit seiner Einstellung bis zum 30. Juni 2008 für sog. Doppel- und Außerkreistouren eine Zulage in Höhe von zunächst 150,00 DM brutto und dann – nach der Euro-Einführung – in Höhe von 77,00 EUR brutto pro Tour gezahlt. Eine Doppeltour liegt vor, wenn an einem Tag zwei Touren gefahren werden. Eine Außerkreistour ist anzunehmen, wenn die einfache Fahrtstrecke mehr als 250 km beträgt.
Ab dem 01. Juli 2008 nahm die Beklagte eine Kürzung der Zulagen vor. Hierzu teilte die Beklagte ihren Fahrern mit Schreiben vom 27. Juni 2008 folgendes mit:
”Hallo meine Herren Fahrer!!!
Nachdem mehrere Gespräche in der Angelegenheit Umgestaltung der Spesen mit nahezu allen Fahrern geführt wurden, möchten wir Ihnen nachfolgend die Änderungen zum 01.07.2008 zusammengefasst mitteilen:
Die Zulage für eine Doppeltour beträgt 50,00 Euro
Die bisherigen Außer-Kreisfahrten werden komplett gestrichen. Als Ersatz gibt es eine neue Kundenliste (siehe Kopie im Anhang), für die eine Vergütung von 50,00 Euro pro Tour gezahlt wird.
Die Spesen werden nur noch steuerfrei in der jeweiligen Abwesenheitszeit gezahlt, d.h. keine zu versteuernden Spesen mehr.
Für wirtschaftliches Fahrverhalten (Sommer 31ltr./Winter 32ltr.) wird pro Fahrer und Monat eine Vergütung von 50,00 Euro gezahlt.
Für die Rückführung von guten IBC's (PackOne), die den Annahmebedingungen entsprechen, wird eine Vergütung von 1,00 Euro pro Stück gezahlt. Diese Vergütungen werden komplett gesammelt und am Ende des Monats durch die Anzahl der Fahrer geteilt.
Für Rückführungen, die nicht den Annahmebedingungen entsprechen, wird der verschuldende Fahrer mit 5,00 Euro pro Stück belastet.
Für unfallfreies Fahren wird am Jahresende (Gehalt Januar 2009) eine Prämie von Euro 150,00 ausgezahlt.
Die oben erwähnten Zulagen und Prämien gelten als zu versteuerndes Einkommen.
Die LKW-Waschstraße ist bei der Firma R., A-Stadt (Industriegebiet) an der A48 einmal pro Woche anzufahren. Hier haben wir einen Probevertrag bis zum 31.07.2008 abgeschlossen.
Das Telefonieren unter den Kollegen wird durch einen neuen Vertrag mit der Telekom gebührenfrei möglich sein.”
Ab dem 01. August 2009 wurden die Zulagen für Doppel- und Außerkreistouren von der Beklagten ersatzlos gestrichen. Diesbezüglich erhielt der Kläger folgendes Schreiben der Beklagten vom 30. Juli 2009:
„(…)
wie Sie wissen, befindet sich Deutschland und nahezu die ganze Welt nach wie vor in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage. Leider ist auch kurzfristig keine deutliche Verbesserung erkennbar.
Diese gesamtwirtschaftliche Situation hat natürlich auch Einfluss auf die geschäftliche Lage von p. B-Stadt. Bisher konnten wir zwar Entlassungen von fest angestellten Mitarbeitern abwenden, wir sind jedoch weiterhin gezwungen, Maßnahmen hinsichtlich Kosteneinsparungen zu treffen.
Aus diesem Grund müssen wir leider die bisherigen, freiwillig gezahlten Zulagen für Doppeltouren und Außerkreistouren ersatzlos streichen. Diese Maßnahme erfolgt mit Wirkung zum 1. August 2009.
Wie bisher erhalten Sie nach wie vor Prämien für Treibstoffsparende Fahrweise, unfallfreies Fahren, sowie für die Übernahme von wieder verwendbaren IBCs.
Auch hat sich die Geschäftsleit...