Entscheidungsstichwort (Thema)
Abbruch eines Bewerbungs- und Auswahlverfahrens nach gerichtlich festgestellten Mängeln der Stellenausschreibung. Unbegründeter Eilantrag auf Fortsetzung eines abgebrochenen Stellenbesetzungsverfahrens
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Dienstherr darf ein eingeleitetes Bewerbungs- und Auswahlverfahren aus sachlichen Gründen jederzeit beenden.
2. Die Berufsfreiheit und das Recht der Bewerberinnen und Bewerber auf Chancengleichheit und ein Bewerbungs- und Auswahlverfahren gemäß Art. 33 Abs. 2 GG erlauben den Abbruch eines laufenden Verfahrens nur unter der Voraussetzung, dass hierfür sachlich nachvollziehbare Gründe vorliegen; sachliche Gründe für einen Abbruch dürfen jedoch nicht selbst geschaffen werden, um eine nach der Bestenauslese unabweisbare Entscheidung zugunsten eines bestimmten Bewerbers zu verhindern.
3. Der Dienstherr kann ein Bewerbungs- und Auswahlverfahren auch dann abbrechen, wenn er erkennt, dass das Stellenbesetzungsverfahren fehlerbehaftet ist; ein solcher Abbruch steht im Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG, wenn damit sichergestellt werden kann, dass die Bewerbungsverfahrensansprüche der Bewerberinnen und Bewerber in einem weiteren (neuen) Verfahren gewahrt werden.
4. Die gerichtliche Beanstandung einer Auswahlentscheidung stellt grundsätzlich einen sachlichen Grund für den Abbruch eines Auswahlverfahrens dar, sofern die Ausführungen des Gerichts dem Dienstherrn berechtigten Anlass geben, seine Entscheidungsfindung zu überdenken; in einem solchen Fall ist der Dienstherr auch nicht gehalten, den Rechtsweg auszuschöpfen.
5. Der Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahren ist insbesondere dann sachlich gerechtfertigt, wenn die Stellenausschreibung wesentliche Fehler enthält.
Normenkette
GG Art. 33 Abs. 2, Art. 12 Abs. 1; ZPO §§ 935, 940
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Entscheidung vom 19.11.2015; Aktenzeichen 2 Ga 61/15) |
Tenor
Die Berufung des Verfügungsklägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 19.11.2015 - 2 Ga 61/15 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Tatbestand
Der Verfügungskläger nimmt die Verfügungsbeklagte im Wege der einstweiligen Verfügung auf Fortsetzung des von ihr abgebrochenen Stellenbesetzungsverfahrens in Anspruch.
Der Verfügungskläger ist angestellter Wirtschaftsingenieur im technischen Dienst der Verfügungsbeklagten, Beschäftigungsdienststelle M-Stadt.
Mit Schnellbrief Nr. 104 a/13 vom 16. Dezember 2013 (Bl. 115 ff. d. A.) schrieb die Verfügungsbeklagte unter Nr. 14 den Dienstposten "Sachbearbeiter/-in Baumanagement beim Bundeswehr-Dienstleistungszentrum M-Stadt (Dienstposten der Besoldungsgruppe A 11, Objekt-ID 00000000)" aus. Nach dieser Ausschreibung ist unter anderem die Laufbahnbefähigung für den gehobenen nichttechnischen Dienst als eines der aufgestellten Qualifikationserfordernisse festgelegt. Der Stelleneinrichtung lag der Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung vom 13. November 2009 (Bl. 137 ff. d. A.) betreffend die Organisation der Bundeswehr-Dienstleistungszentren im Bereich Facility Management (FM) / Objektmanagement zugrunde. Nach der Anlage 1 des Erlasses sind dem Bundeswehrdienstleistungszentrum M-Stadt zwei zusätzliche Dienstposten zugewiesen, und zwar einer mit der Dienstpostenbewertung A 11 und einer mit der Dienstpostenbewertung A 12. In der Anlage 2 des Erlasses werden in Bezug auf die Dienstpostenbewertung mit der Besoldungsgruppe A 11 folgende Qualifikationserfordernisse festgelegt:
"Wesentliche Qualifikationserfordernisse:
- Laufbahnbefähigung für den gehobenen nichttechnischen oder technischen Verwaltungsdienst und mehrjährige Berufserfahrung im Infrastrukturwesen oder
- Arbeitnehmer/-in mit abgeschlossenem Studium als Diplom-Ingenieur (FH) bzw. Bachelor-Abschluss mit Studienschwerpunkt Architektur, Bauingenieurwesen, Versorgungstechnik, Technisches Gebäudemanagement bzw. Diplom-Wirtschaftsingenieur/-in (FH), Diplom-Kaufmann/-frau (FH) bzw. Bachelor-Abschluss mit Studienschwerpunkt Facility Management, Gebäudemanagement, Immobilienwirtschaft und mehrjährige Berufserfahrung im Infrastrukturwesen oder
- Arbeitnehmer/-in mit einschlägiger Berufserfahrung, nachgewiesen durch eine mehrjährige Tätigkeit in dem oben beschriebenen Aufgabengebiet oder in den Fachbereichen Technisches Gebäudemanagement bzw. Geländebetreuungsdienst in - mindestens - der Vergütungsgruppe IV b BAT (dies gilt nicht bei Eingruppierung in diese Vergütungsgruppe im Rahmen des Bewährungs- oder Fallgruppenaufstieges) bzw. der Entgeltgruppe E 10 TVöD oder
Stellenbesetzungsverfahren nach § 27 der Bundeslaufbahnverordnung (BLV),
- Fachkenntnisse aus den Bereichen Infrastrukturelles, Kaufmännisches und Technisches Gebäudemanagements erwünscht,
- Fachkenntnisse der rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Grundlagen des Gebäudemanagements erwünscht,
- Initiative und Einsatzfreude im Rahmen serviceorientierter Aufgaben, ausgeprägte Kommunikations- und Konfliktfähigkeit."
Im Erlass vom 13. November 2009 wird u.a. ausgeführt, dass für eine zeitverzugslose Besetzung de...