Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung. Arbeitsleistung. Aufrechnung. Lohn, überzahlter. Lohnrückstand. Rückzahlung. Treu und Glauben. Unpfändbarkeit. Vergütungszahlung. Verzug. Zurückbehaltungsrecht. Zwischenverdienst. Zurückbehaltungsrecht mit Arbeitsleistung

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers an seiner Arbeitsleistung nach § 273 BGB kommt nicht in Betracht, wenn der Lohnrückstand verhältnismäßig geringfügig ist, nur eine kurzfristige Verzögerung eintritt, dem Arbeitgeber ein unverhältnismäßig hoher Schaden entsteht oder der Lohnanspruch anderweit gesichert ist. Der Arbeitnehmer kann ein dauerhaftes Zurückbehaltungsrecht nicht auf die Nichtzahlung einer Nettomonatsvergütung stützen, wenn er in den Folgemonaten wegen langanhaltender Erkrankung keinen Vergütungsanspruch mehr hat.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 273, 394, 615, 812, 814

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Urteil vom 25.11.2004; Aktenzeichen 7 Ca 2826/03)

 

Tenor

1. Die Berufungen beider Parteien gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied –, verkündet am 25.11.2004 – 7 Ca 2826/03 – werden zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

3. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten zuletzt noch um Annahmeverzugsansprüche des Klägers und um einen Rückzahlungsanspruch der Beklagten aus ungerechtfertigter Bereicherung.

Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 15.10.2001 zunächst für die Dauer von 6 Monaten befristet und danach unbefristet als Baggerfahrer aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 18.04.2002 (Bl. 4 bis 7 d.A.) beschäftigt. Die Beklagte erwarb im Frühjahr/Frühsommer 2002 einen Bagger vom Typ 345 Cater Pilar. An diesen Bagger konnte ein Ausleger montiert werden, mit dem Abbrucharbeiten bis zu einer Arbeitshöhe von 26 Metern möglich waren. Die Beklagte setze den Kläger auf diesem Bagger ein. Diese Longfronteinrichtung ließ die Beklagte dann am 25.06.2003 von einer Fachfirma wieder abbauen.

Ab dem Monat August 2002 zahlte die Beklagte an den Kläger neben der arbeitsvertraglich vereinbarten Vergütung zusätzlich einen Betrag von monatlich 500,– Euro; über Grund und Anlass dieses Vergütungsbestandteils besteht zwischen den Parteien Streit. Die Beklagte erteilte dem Kläger zunächst eine Abrechnung für den Monat August 2002, in der Überstundenleistungen enthalten sind mit entsprechenden Überstundenzuschlägen. Im Folgemonat korrigierte sie diese Abrechnung dahingehend, dass die gezahlten Überstunden nebst Zuschlägen herausgerechnet wurden und dafür ein zusätzlicher Betrag in Höhe von 500,– Euro ausgewiesen ist, der als Longfrontbaggerzulage bezeichnet ist. In der Folgezeit zahlte die Beklagte jeweils diese Zulage und wies sie in den Gehaltsabrechnungen jeweils als „Zulage Longfrontbagger” aus.

Ab dem 29.09.2003 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt, was er der Beklagten angezeigt hat. Mit Schreiben vom 01.10.2003 (Bl. 12 bis 15 d.A.) teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Zahlung der Zulage für den Longfrontbagger sei seit Mai des Jahres 2003 nicht mehr gerechtfertigt, weil der Kläger seit dieser Zeit keinen Longfrontbagger mit einer entsprechenden Ausrüstung mehr bedient habe. Aus Versehen der Personalabteilung sei ihm diese Zulage jedoch weiter bezahlt worden. Dem Kläger stehe daher diese Zulage ab Mitte Mai 2003 nicht mehr zu, so dass er für die Dauer von viereinhalb Monaten diese Zulage zu Unrecht erhalten habe und diese bei seiner Septemberabrechnung in Abzug gebracht werde. Desgleichen stehe ihr für die Dauer des Arbeitsverhältnisses ein Anspruch für Stellkosten eines Wohnwagens des Klägers auf ihrem Betriebsgelände zu; die Miet-, Strom-, Wasserbenutzungs- und anteiligen Müllgebührenkosten beliefen sich auf monatlich 50,– Euro.

Die Beklagte zahlte von dem abgerechneten (vgl. Bl. 11 d.A.) Nettoverdienst des Klägers für den Monat September 2003 in Höhe von 2.630,01 Euro nichts an den Kläger aus, auch nicht die unpfändbaren Beträge, sondern rechnete mit den vorgenannten Gegenansprüchen auf und kam auf diese Weise auf einen überzahlten Betrag des Klägers in Höhe von 96,– Euro.

Mit Klageschrift vom 20.10.2003 forderte der Kläger von der Beklagten die Zahlung des Septemberlohnes und wies darauf hin, dass der Beklagten keine Gegenansprüche zustünden. Zumindest sei diese verpflichtet, die unpfändbaren Beträge an ihn auszuzahlen, weil eine Aufrechnung nur im Bereich der pfändbaren Vergütungsbestandteile rechtlich zulässig sei. Auch im Gütetermin vom 04.12.2003 wies das Gericht auf die Unpfändbarkeitsbestimmungen hin. Es bestimmte Termin zur Kammerverhandlung auf den 01.07.2004. In der Folgezeit hat der Kläger mehrfach seine Klage erhöht und die Beklagte hat Hilfswiderklage erhoben.

Der Kläger war ab Ende September durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Mit Schreiben vom 18.03.2004 teilte er der Beklagten mit, er werde ab dem 26.04.2004 wieder arbeitsfähig sein, jedoch mache er von seinem Zurückbehaltungsrecht an s...

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