Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachtarbeitszuschläge bei Dauernachtarbeit einer Altenpflegerin

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine examinierte Altenpflegerin, die als Dauernachtwache in einem Alten- und Pflegeheim an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr Arbeit leistet, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr umfasst (§ 2 Abs. 4 ArbZG), ohne dass kraft Tarifbindung (§ 3 Abs. 1 TVG) oder aufgrund arbeitsvertraglicher Inbezugnahme ein tarifvertraglicher Ausgleich vorgesehen ist, hat für die in der Zeit von 23:00 bis 6:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden gemäß § 6 Abs. 5 ArbZeitG einen Anspruch auf (Dauer-) Nachtarbeitszuschläge in Höhe von 30% des Bruttoarbeitsentgelts.

2. Nachtarbeitszuschläge im Sinne des § 6 Abs. 5 ArbZG sind als Geldfaktor sowohl in die Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gemäß § 4 Abs. 1 EFZG als auch des Urlaubsentgelts gemäß § 11 Abs. 1 BUrlG einzustellen.

 

Normenkette

ArbGG § 67; ArbZG § 6 Abs. 5, § 2 Abs. 4; EFZG § 4 Abs. 1; BUrlG § 11 Abs. 1; TVG § 3 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Entscheidung vom 20.09.2017; Aktenzeichen 6 Ca 447/16)

 

Tenor

  1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 20. September 2017, Az. 6 Ca 447/16, teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin über den vom Arbeitsgericht zuerkannten Betrag hinaus weitere € 3.270,12 brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.05.2016 zu zahlen.
  2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Beklagte 17 % und die Klägerin 83 % zu zahlen.
  3. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten - zweitinstanzlich noch - über die Höhe von Nachtarbeitszuschlägen bei Dauernachtarbeit sowie eine Bonuszahlung für die Akquise einer Pflegekraft.

Die 1976 geborene Klägerin war seit dem 12.11.2010 im Alten- und Pflegeheim der Beklagten als examinierte Altenpflegerin in Dauernachtwache beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand kein Tarifvertrag Anwendung. Im schriftlichen Arbeitsvertrag haben die Parteien eine regelmäßige Arbeitszeit von 169 Monatsstunden und ein Monatsgehalt von € 1.900,00 brutto vereinbart, das ab 01.06.2013 auf € 2.197,00 brutto erhöht wurde. Die Arbeitszeit der Klägerin war einvernehmlich so verteilt worden, dass sie im Monat 17 Nachtwachen leisten sollte, die von 20:00 bis 6:45 Uhr, mit einer 45-minütigen Pause, dauerten. Pro Nachtwache zahlte die Beklagte eine Nachtarbeitspauschale iHv. € 20,45. Das Arbeitsverhältnis endete durch eine (nach Verkündung des angefochtenen Urteils erklärte) Eigenkündigung der Klägerin zum 30.11.2017. Bereits seit dem 23.11.2015 arbeitete die Klägerin wegen Krankheit oder Urlaubs nicht mehr für die Beklagte.

Erstinstanzlich stritten die Parteien auf die Klage vom 27.05.2016 zunächst über die Wirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung der Beklagten vom 12.05.2016 und die Weiterbeschäftigung der Klägerin als Dauernachtwache. Im Verlauf des Rechtsstreits verlangte die Klägerin mit einer Klagerweiterung vom 09.09.2016 die Zahlung von insgesamt € 31.314,07 brutto. Nach Klagereduzierung beantragte sie erstinstanzlich zuletzt noch die Zahlung von € 8.743,27 brutto und € 8.109,97 netto. Ein Streitpunkt war die Zahlung von weiteren Nachtarbeitszuschlägen für die Jahre 2013 bis 2015 mit einem Zuschlagssatz von 30 %. Außerdem begehrte die Klägerin einen Bonus iHv. € 400,00 brutto für die Vermittlung der Pflegekraft W. (geb. R.). Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils vom 20.09.2017 Bezug genommen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

  1. festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 12.05.2016 sozial ungerechtfertigt ist und das Arbeitsverhältnis über den Kündigungstermin 31.07.2016 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht,
  2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den Beendigungszeitpunkt hinaus fortbesteht,
  3. die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits,
  4. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu 1) zu den im Arbeitsvertrag vom 11.11.2010 geregelten Arbeitsbedingungen als Altenpflegerin in Dauernachtwache zu einem Bruttogehalt iHv. € 2.197,00 bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiter zu beschäftigen,
  5. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 8.743,27 brutto sowie € 8.109,97 netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 28.05.2016 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin weitere Nachtarbeitszuschläge für die Zeit von Januar 2013 bis Dezember 2015 in einer Ge...

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