Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen. Unwirksame Betriebsrentenanpassung bei Anpassung einzelner Leistungen aus einer Gesamtversorgung
Leitsatz (redaktionell)
1. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind - ausgehend vom Vertragswortlaut - nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von rechtsunkundigen, verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind.
2. Berechtigt die Versorgungsordnung den Arbeitgeber nur dazu, die Gesamtversorgungsbezüge und damit das Gesamtversorgungsniveau gleichmäßig zu verändern, ist eine Anpassung bezüglich einzelner im Rahmen der Gesamtversorgung geschuldeter Leistungen des Arbeitgebers unwirksam.
Normenkette
BetrAVG §§ 1 ff.; BGB §§ 133, 157, 305; SGB VI §§ 65, 68; AVG § 49 Fassung:1991-12-31; AB BVW § 6 Nr. 1 i.V.m. Frühpensionierungsvertrag Nr. 8 Fassung: 2007-04-26
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Entscheidung vom 26.04.2017; Aktenzeichen 12 Ca 192/17) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 26.04.2017, 12 Ca 192/17 aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die klagende Partei, beginnend ab dem 01.07.2020, über den derzeit unstreitig mindestens zu zahlenden Betrag in von 810,99 € brutto hinaus, jeweils zum ersten eines Monats, weitere 30,21 € brutto zu zahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die klagende Partei einen Betrag in Höhe von insgesamt 334,08 € brutto, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 27,84 € brutto, seit dem 02.07.2016, dem 02.08.2016, dem 02.09.2016, dem 02.10.2016, dem 03.11.2016, dem 02.12.2016, dem 03.01.2017, dem 02.02.2017, dem 02.03.2017, dem 02.04.2017, dem 03.05.2017 sowie dem 02.06.2017 zu zahlen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an die klagende Partei einen Betrag in Höhe von insgesamt 340,44 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 28,37 € brutto seit dem 04.07.2017, dem 02.08.2017, dem 02.09.2017, dem 03.10.2017, dem 03.11.2017, dem 02.12.2017, dem 03.01.2018, dem 02.02.2018, dem 02.03.2018, dem 04.04.2018, dem 02.05.2018 sowie dem 02.06.2018, zu zahlen.
5. Die Beklagte wird verurteilt, an die klagende Partei einen Betrag in Höhe von insgesamt 351,36 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 29,28 € brutto seit dem 03.07.2018, dem 02.08.2018, dem 04.09.2018, dem 02.10.2018, dem 03.11.2018, dem 04.12.2018, dem 03.01.2019, dem 02.02.2019, dem 02.03.2019, dem 02.04.2019, dem 03.05.2919 sowie dem 02.06.2019 zu zahlen.
6. Die Beklagte wird verurteilt, an die klagende Partei einen Betrag in Höhe von insgesamt 362,52 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 30,21 € brutto seit dem 02.07.2019, dem 02.08.2019, dem 03.09.2019, dem 02.10.2019, dem 05.11.2019, dem 03.12.2019, dem im 03.01.2020, dem 04.02.2020, dem 03.03.2020, dem 02.04.2020, dem 05.05.2020 sowie dem 02.06 2020 zu zahlen.
7. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen, ebenso die weitergehende Anschlussberufung des Klägers.
8. Die Kosten beider Rechtszüge tragen die Parteien je zur Hälfte.
9. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten im erstinstanzlichen Rechtszug um die Höhe einer Betriebsrentenzahlung für die Jahre 2015, 2016 und 2017, im Berufungsverfahren ergänzend um die Jahre 2018, 2019 und 2020.
Die Beklagte ist ein Lebensversicherungsunternehmen, das in den deutschen G.-Konzern eingebunden ist. Sie ist Rechtsnachfolgerin der V. D. L. AG.
Der Kläger war vom 18. Juli 1970 bis 20. Juni 2008 bei einem Unternehmen des V.-Konzerns, der Rechtsvorgängerin der Beklagten, beschäftigt, zuletzt in K. Seit dem 1. Oktober 2015 bezieht er von der Beklagten Versorgungsbezüge, die jeweils im Voraus für den laufenden Monat gezahlt werden.
Unter dem 26. April 2007 schlossen die Parteien eine Aufhebungsvereinbarung, hinsichtlich dessen Inhalts im Einzelnen auf Bl. 209 bis 212 d.A. Bezug genommen wird. Diese sieht in Ziffer 8 vor, dass die Beklagte dem Kläger, unabhängig von der Höhe der außerbetrieblichen Leistungen oder Leistungen der Versorgungskasse der V. VVaG, eine monatliche Rente von 743,47 € gewährt. Ferner heißt es dort, dass die Rente "nach den Bestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes angepasst wird". Gemeint sind damit die Bestimmungen des betrieblichen Versorgungswerkes (im Folgenden "bVW") in Form von Betriebsvereinbarungen in der Fassung vom 19. April 2002.
Die Beklagte leistet an den Kläger seit dem 1. Oktober 2015 Gesamtversorgungsbezüge, die sich unter Berücksichtigung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung aus Leistungen einer Versorgungskasse (in der Verdienstabrechnung des Klägers als "PK-Rente"bezeichnet) und der Ren...