Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatzansprüche wegen Verletzung einer Telearbeitsvereinbarung
Leitsatz (redaktionell)
Verletzt der Arbeitgeber schuldhaft eine Telearbeitsvereinbarung, so ist er dem Arbeitnehmer zum Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens, etwa der Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, verpflichtet.
Normenkette
BGB § 280 Abs. 1 S. 1, § 283; TVAL II § 49; BGB § 611
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 18.01.2018; Aktenzeichen 7 Ca 875/17) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern, Az. 7 Ca 875/17, vom 18. Januar 2018 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 659,79 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2017 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Von den Kosten des Rechtsstreits (erste und zweite Instanz) hat der Kläger 17/20 und die Beklagte 3/20 zu tragen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Schadensersatz vor dem Hintergrund der Nichtumsetzung zweier "Telework Agreements".
Der 1958 geborene Kläger ist seit dem 15. April 1985 bei den US Stationierungsstreitkräften als Sachbearbeiter im Finanzwesen (Funds Control Analyst) zu einer Bruttomonatsvergütung in Höhe von zuletzt 5.065,76 € entsprechend der Gehaltsgruppe C 7A/E beschäftigt. Er ist der Beschäftigungsdienststelle Z. X-Stadt zugeordnet.
Das Arbeitsverhältnis unterliegt nach dem Arbeitsvertrag in der zuletzt aktualisierten Fassung vom 8. Dezember 2014, dort Abs. 1 der Allgemeinen Beschäftigungsbedingungen, den Bestimmungen des Tarifvertrages für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland - derzeit TV AL II vom 16. Dezember 1966 - in der jeweils gültigen Fassung (im Folgenden: TV AL II).
Am 16. März 2015 unterzeichneten der Kläger und sein Vorgesetzter, Captain Y., auf einem Formblatt (DD 2946) ein vom 16. März 2015 bis zum 15. März 2016 befristetes "Telework Agreement"), wonach der Kläger berechtigt war, an vier Tagen pro Woche (Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag) seine vertraglich geschuldete Arbeit in der eigenen Wohnung auszuüben.
Die US-Stationierungsstreitkräfte waren in der Folgezeit nicht bereit, dem Kläger diese Heimarbeit zu gestatten. Sie verwiesen darauf, dass Captain Y. ohne Vertretungsmacht gehandelt habe, die Telearbeitsvereinbarung zu keinem Zeitpunkt von der Non-US Personalabteilung oder von anderem, zum Vertragsabschluss autorisierten Personal der US Air Force genehmigt und damit nicht wirksam abgeschlossen worden sei.
Mit seiner am 15. September 2015 beim Arbeitsgericht Kaiserslautern eingegangenen Klage im Rechtsstreit mit dem Az. 1 Ca 1137/15 begehrte der Kläger die Feststellung, dass er im Rahmen seines mit den US-Stationierungsstreitkräften bestehenden Arbeitsverhältnisses berechtigt sei, an den Wochentagen Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag im Homeoffice zu arbeiten. Das Arbeitsgericht hat der Klage durch Urteil vom 17. Februar 2016, dem Kläger am 4. März 2016, der Beklagten am 14. März 2016 zugestellt, stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz durch Urteil vom 13. Oktober 2016, Az. 5 Sa 114/16, zurückgewiesen. Die Revision wurde nicht zugelassen. Dieses Urteil wurde der Beklagten am 24. November 2016 zugestellt. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten vom 21. Dezember 2016 (Az. 10 AZN 1142/16) hatte keinen Erfolg, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund (§ 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 ArbGG) nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts nicht vorlag. Von einer weiteren Begründung hat das Bundesarbeitsgericht gemäß § 72a Abs. 5 S. 5 ArbGG abgesehen (Beschluss vom 22. Februar 2017, beim Klägervertreter eingegangen am 6. März 2017).
Zwischenzeitlich wurde am 1. März 2016 ein weiteres "Telework Agreement" befristet für die Zeit vom 16. März 2016 bis zum 31. März 2017 von dem Kläger und seinem neuen Vorgesetzten Captain W. V. unterzeichnet. Eine (weitere) Verlängerung über den 31. März 2017 hinaus erfolgte nicht.
Mit Schreiben vom 12. Juni 2017 hat der Kläger Schadensersatzansprüche gegenüber dem zuständigen Personalbüro geltend gemacht.
Mit seiner am 1. September 2017 beim Arbeitsgericht eingegangenen, der Beklagten am 11. September 2017 zugestellten Klage verfolgt der Kläger nunmehr einen Schadensersatzanspruch in Höhe der ihm durch Fahrten zur Beschäftigungsdienststelle an Montagen, Dienstagen, Donnerstagen und Freitagen entstandenen Fahrtkosten.
Der Kläger war der Ansicht,
ihm stehe ein Schadensersatzanspruch zu, da die US Stationierungsstreitkräfte ihm - trotz entgegenstehender Vereinbarung - die Anweisung erteilt hätten, seine Arbeit von der Beschäftigungsdienststelle aus durchzuführen. Er sei an 297 Tagen "unnötig" zur Beschäftigungsdienststelle gefahren. Dadurch sei ihm ein Schaden entstanden. Die Wegstrecke von seinem Zuhause zur Arbeit betrage 27 km einfach. Bei der Annahme von 0,30...