Entscheidungsstichwort (Thema)
Film, Internet, Schmerzensgeld, Unterlassung, Video. Fortgeltung des Einverständnisses in betriebliche Filmaufnahmen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisse. unbegründete Unterlassungsklage bei fehlender Individualisierung des Arbeitnehmers
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat der Arbeitnehmer die nach § 22 KUG erforderliche Einwilligung in die Veröffentlichung von Filmaufnahmen erteilt und sich nach dem Wortlaut der Erklärung damit einverstanden erklärt, dass Filmaufnahmen seiner Person zur freien Nutzung im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Arbeitgeberin verwendet und ausgestrahlt werden dürfen, wird diese Einwilligung des Arbeitnehmers in die Veröffentlichung der Bildaufnahmen mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien nicht gegenstandslos, insbesondere wenn die Einverständniserklärung nicht von vornherein auf die Zeit der Fortdauer des Arbeitsverhältnisses begrenzt ist.
2. Ein Einverständnis des Arbeitnehmers in die Veröffentlichung seines Bildes auf der Internetseite der Arbeitgeberin erlischt auch nicht aus sonstigen Gründen ohne weiteres automatisch im Zuge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sofern der Arbeitnehmer nicht ausdrücklich Gegenteiliges erklärt; das gilt jedenfalls dann, wenn das Bild oder der Film reinen Darstellungszwecken dient und keinen auf die individuelle Person des Arbeitnehmers Bezug nehmenden Inhalt vermittelt.
3. Ein individueller Bezug der Filmaufnahmen auf die Person des Arbeitnehmers ist nicht gegeben, wenn der Arbeitnehmer am Anfang eines Videofilms als Fahrer eines Personenkraftwagens erkennbar ist, seine Persönlichkeit nicht in den Vordergrund gestellt wird und der betreffende Video-Abschnitt lediglich der Darstellung von Arbeitsabläufen im Betrieb der Arbeitgeberin dient.
4. Ein am Filmende gezeigtes Gruppenbild, auf dem der Arbeitnehmer zusammen mit weiteren 30 Beschäftigten der Arbeitgeberin zu sehen ist, stellt regelmäßig nur die typische Belegschaft des Unternehmens ohne näheren Bezug zu einzelnen in der Gruppe befindlichen Personen dar; in einem solchen Fall kann die Arbeitgeberin damit rechnen, dass die abgelichteten Beschäftigten auch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus kein gesteigertes Interesse an der Entfernung der Aufnahmen haben.
5. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern muss klar sein, dass die Erstellung betrieblicher Filmaufnahmen sehr kostenaufwändig ist und diese daher nicht im Rahmen einer üblichen Personalfluktuation ständig geändert oder neu erstellt werden können; auch insoweit ist die Einwilligung in solche Filmaufnahmen nicht dahingehend zu verstehen, dass sie mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erlischst.
6. Allein aus dem Umstand, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mehr besteht, ergibt sich noch nicht, dass sich die Einstellung eines Arbeitnehmers hinsichtlich des Aussagegehalts der ihn ablichtenden Videoabschnitte geändert hat.
7. Auch wenn der Arbeitnehmer nicht mehr zur Belegschaft der Arbeitgeberin gehört, liegt mit der Veröffentlichung des Videos keine Verbreitung unwahrer Tatsachen vor, die als wichtiger Grund einen Widerruf der Einwilligung rechtfertigen könnte, denn auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses können einzelne Beschäftigte auf der Internetseite der Arbeitgeberin als Teil einer typischen Belegschaft noch wahrheitsgemäß erscheinen; bei der Betrachtung derartiger Videos wird regelmäßig nicht davon ausgegangen, dass die auf einem Werbefilm abgebildete Belegschaft eines Unternehmens unverändert bleibt und daher auch noch mit der im Zeitpunkt der Betrachtung des Videos tatsächlich vorhandenen Belegschaft identisch ist.
8. Werbung betreibt die Arbeitgeberin mit der Darstellung eines Gruppenbildes allenfalls durch die Darstellung ihrer typischen Belegschaft, ohne dass dabei jedoch zugleich auf die individuelle Personen Bezug genommen wird.
Normenkette
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1-2, § 1004 Abs. 1 S. 2; KUG §§ 22-23
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Entscheidung vom 07.12.2012; Aktenzeichen 4 Ca 4364/11) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 07.12.2012 - 4 Ca 4364/11 - wie folgt abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Unterlassung der Zugänglichmachung eines im Auftrag der Beklagten hergestellten Videos, auf welchem der Kläger zu sehen ist, sowie über einen Anspruch des Klägers auf Zahlung von Schmerzensgeld.
Der Kläger war bei der Beklagten, die ein Unternehmen für Kälte- und Klimatechnik betreibt, vom 16.07.2007 bis zum 31.01.2011 als Monteur beschäftigt.
Zur Vorbereitung eines neuen Internetauftritts ließ die Beklagte im Jahre 2008 einen Werbefilm fertigen, in welchem ihr Unternehmen dargestellt wird. Am Anfang des Videos sieht man kurz einen...