Entscheidungsstichwort (Thema)
Filmaufnahmen zur Darstellung des Betriebs und betrieblicher Arbeitsabläufe. Fortgeltung arbeitnehmerseitiger Einwilligung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Einverständnis des Arbeitnehmers damit, dass seine Arbeitgeberin auf ihrer Homepage ein Bild des Arbeitnehmers veröffentlicht, erlischt nicht ohne Weiteres bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sofern der Arbeitnehmer nicht ausdrücklich Gegenteiliges erklärt; das gilt jedenfalls dann, wenn das Bild oder der Film reinen Erläuterungszwecken dient und keinen auf die individuelle Person des Arbeitnehmers Bezug nehmenden Inhalt vermittelt.
2. Dienen Filmaufnahmen der Erläuterung von Arbeitsabläufen und der Darstellung des Betriebes der Arbeitgeberin und wird die Persönlichkeit des Arbeitnehmers dabei nicht in den Vordergrund gestellt, ist ein individueller Bezug dieser Aufnahmen auf die Person des Arbeitnehmers nicht ersichtlich; in einem solchen Fall kann die Arbeitgeberin damit rechnen, dass der abgelichtete Arbeitnehmer auch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus kein gesteigertes Interesse an der Entfernung der Aufnahmen hat.
3. Jedem Arbeitnehmer muss klar sein, dass Filmaufnahmen zur Erläuterung von Arbeitsabläufen und Darstellung des Betriebes sehr kostenaufwändig sind und nicht im Rahmen einer üblichen Personalfluktuation ständig geändert oder neu erstellt werden können; die Einwilligung einzelner Beschäftigter mit solchen Aufnahmen ist deshalb nicht dahingehend zu verstehen, dass sie mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erlischt.
4. Lässt das Vorbringen des Arbeitnehmers nicht erkennen, aus welchen Gründen ihm ein weiteres Festhalten an der zunächst erteilten Einwilligung in die Veröffentlichung nunmehr unzumutbar ist oder inwieweit sich seine innere Einstellung grundlegend gewandelt hat, und ist auch ansonsten kein wichtiger Grund vorgetragen oder ersichtlich, welcher einen Widerruf rechtfertigt, kann die nach § 22 KUG erforderliche und erfolgte Einwilligung des Arbeitnehmers in die Veröffentlichung von Filmaufnahmen nicht wiederrufen werden.
Normenkette
BGB §§ 1004, 823; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1; KUG §§ 22-23; BGB § 611 Abs. 1, § 823 Abs. 1-2, § 1004 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Entscheidung vom 30.10.2012; Aktenzeichen 9 Ca 4130/11) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 30.10.2012, Az.: 9 Ca 4130/11, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im vorliegenden Berufungsverfahren noch über einen Anspruch des Klägers auf Unterlassung der Zugänglichmachung eines im Auftrag der Beklagten hergestellten Videos, auf welchem der Kläger zu sehen ist, sowie über Ansprüche des Klägers auf Zahlung von Schmerzensgeld, Urlaubs- und Weihnachtsgeld.
Der Kläger war bei der Beklagten, die ein Unternehmen für Kälte- und Klimatechnik betreibt, in der Zeit vom 15.01.2007 bis zum 15.09.2011 als Monteur beschäftigt.
Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält u. a. folgende Bestimmung:
"§ 3 Besondere Bezüge
Soweit dem Arbeitgeber eine Gratifikation (z. B. Weihnachtsgeld) nicht auf vertraglicher Grundlage, sondern ausschließlich oder über die tarifliche Leistung hinaus auf betrieblicher Grundlage gewährt wird, erfolgt dies freiwillig ohne Begründung eines Rechtsanspruchs.
....
Die vorstehende Regelung der Ziff. 1 findet entsprechende Anwendung auf alle freiwilligen Sonderzahlungen."
Zur Vorbereitung eines neuen Internetauftritts ließ die Beklagte im Jahre 2008 einen Werbefilm fertigen, in welchem ihr Unternehmen dargestellt wird. In dem betreffenden Video, welche eine Länge von insgesamt ca. 3 bis 5 Minuten hat, ist auch der Kläger in zwei kurzen Sequenzen von jeweils ca. 2 bis 3 Sekunden zu sehen, und zwar einmal an einem Schaltschrank stehend und zum anderen auf einem Stuhl sitzend.
Insoweit hatte der Kläger - ebenso wie 31 weitere Arbeitnehmer der Beklagten - am 30.10.2008 eine Anlage zu einer "Einverständniserklärung" unterzeichnet. Zur Darstellung von Form und Inhalt der betreffenden Schriftstücke wird auf Bl. 92 bis 94 d. A. Bezug genommen.
Das betreffende Video wurde zunächst auf der Homepage der Beklagten eingestellt und konnte dort eingesehen werden.
Nach seinem Ausscheiden bei der Beklagten ließ der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 04.11.2011 eine möglicherweise erteilte Einwilligung betreffend die Verwendung seines Bildes auf den Filmaufnahmen widerrufen und forderte die Beklagte unter Fristsetzung zum 13.11.2011 auf, das Video von der Homepage zu entfernen. Diesem Ansinnen hat die Beklagte am 26.01.2012 entsprochen. Die Beklagte behält sich jedoch vor, das Video zukünftig erneut auf ihrer Homepage zu veröffentlichen.
Mit seiner am 18.11.2011 beim Arbeitsgericht eingereichten und im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens mehrfach erweiterten Klage hat der Kläger die Beklagte (zuletzt) auf Unterlassung der ...