Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung des Urteilstenors bei Verurteilung zur Gewährung einer betrieblichen Berufsunfähigkeitsrente ohne den Zusatz "Brutto"
Leitsatz (redaktionell)
Fehlt der Zusatz "brutto" im Tenor der Verurteilung zu einer Leistung, so ändert dies an der Belastung des Entgeltanspruchs mit öffentlich-rechtlichen Pflichten nichts und führt insbesondere nicht dazu, dass der Arbeitgeber nicht berechtigt wäre, die Lohnsteuer und den den Arbeitnehmer treffenden Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags in Abzug zu bringen und abzuführen.
Normenkette
EStG §§ 19, 22; SGB V §§ 250, 256; SGB XI §§ 59-60; BGB § 611
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 16.04.2018; Aktenzeichen 2 Ca 474/17) |
Tenor
- Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 16. April 2018, Az. 2 Ca 474/17, wird als unzulässig verworfen.
- Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten nach einem Anerkenntnis noch darüber, ob die Beklagten dem Kläger eine betriebliche Berufsunfähigkeitsrente "brutto" oder "netto" schulden.
Der 1967 geborene Kläger ist seit 01.11.1992 bei einer Genossenschaftsbank im Saarland angestellt. Diese sagte ihm zu Beginn seines Arbeitsverhältnisses Leistungen der betrieblichen Altersversorgung über den Durchführungsweg Pensionskasse zu. Der Kläger wurde von seiner Arbeitgeberin bei der Beklagten zu 1), einer Pensionskasse, angemeldet, die laut Satzung dem Zweck dient, die Pensions- und Hinterbliebenenversorgung der Angestellten ua. deutscher Banken sicherzustellen. Zum 01.01.2000 wechselte die Arbeitgeberin den Versorgungsträger zur Beklagten zu 2), einer Unterstützungskasse.
Der Kläger gehört seit Juli 2012 zum Personenkreis der schwerbehinderten Menschen mit einem GdB von 50. Er war jahrelang in Vollzeit tätig. Nach längerer Arbeitsunfähigkeit arbeitet er seit 22.07.2015 aus gesundheitlichen Gründen in Teilzeit mit einer täglichen Arbeitszeit von 3,7 Stunden. Dem Kläger wurde mit Bescheid der gesetzlichen Rentenversicherung vom 23.04.2015 rückwirkend ab 01.04.2014 eine unbefristete Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung iHv. monatlich laufend € 422,58 bewilligt.
Mit einer am 30.12.2016 beim Landgericht Kaiserslautern erhobenen Klage (Az. 3 O 1/17) verlangte der Kläger zunächst (nur) von der Beklagten zu 1) nach deren Satzung eine Berufsunfähigkeitsrente rückwirkend ab 01.04.2015. Das Landgericht Kaiserslautern hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 10.04.2017 an das Arbeitsgericht Kaiserslautern verwiesen. Mit Schriftsatz vom 19.07.2017 erweiterte der Kläger die Klage auf die Beklagte zu 2). Er verlangte zuletzt Rückstände (für 28 Monate von April 2015 bis Juli 2017) von der Beklagten zu 1) iHv. € 4.982,88 und von der Beklagten zu 2) iHv. € 13.518,68 sowie ab dem Monat August 2017 von der Beklagten zu 1) eine laufende Berufsunfähigkeitsrente iHv. monatlich € 177,96 und von der Beklagten zu 2) iHv. monatlich € 482,81.
Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt folgende Anträge angekündigt,
- die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an ihn € 4.982,88 nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem Ersten eines jeden Monats beginnend mit dem 01.04.2016 und endend mit dem 01.07.2017 aus jeweils € 177,96 zu zahlen,
- die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an ihn € 13.518,68 nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem Ersten eines jeden Monats beginnend mit dem 01.04.2016 und endend mit dem 01.07.2017 aus jeweils € 482,81 zu zahlen,
- die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an ihn monatlich im Voraus, beginnend mit dem 31.07.2017, längstens bis zum 30.06.2032, eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente iHv. € 177,96 zu zahlen,
- die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an ihn monatlich im Voraus, beginnend mit dem 31.07.2017, längstens bis zum 30.06.2032, eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente iHv. € 482,81 zu zahlen.
Die beiden Beklagten haben nach Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens
die Ansprüche anerkannt.
Daraufhin hat das Arbeitsgericht Kaiserslautern am 16.04.2018 ein Anerkenntnisurteil erlassen. Der Urteilstenor entspricht den Klageanträgen zu 1) bis 4); er enthält keinen Zusatz "brutto" oder "netto".
Gegen das am 18.04.2018 zugestellte Urteil haben beide Beklagten am 17.05.2018 Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 02.07.2018 verlängerten Frist mit einem am 02.07.2018 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Sie machen geltend, der Kläger habe sich nach Erlass des Anerkenntnisurteils völlig überraschend auf den Standpunkt gestellt, dass es sich bei den ausgeurteilten Beträgen um Nettobeträge handele. Sie sei aufgefordert worden, Nettozahlungen zu leisten. Es bedürfe deshalb einer Abänderung des Urteils, weil es sich um Bruttobeträge handele. Sie seien verpflichtet, die gesetzlichen Abzüge (Steuern, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge) abzuführen.
Die Beklagten beantragen zweitinstanzlich,
das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslaut...