Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der Vergütung bei Unwirksamkeit der Vereinbarung eines freien Dienstverhältnisses
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Arbeitnehmer, der von seinem Arbeitgeber fälschlicherweise als freier Mitarbeiter nach der für diese Personengruppe geltenden Vergütungsordnung bezahlt wird, kann die Erklärungen des Arbeitgebers grundsätzlich nicht so verstehen, dass die Honorarvereinbarung unabhängig von dem tatsächlichen Status gewollt sein und eine übertarifliche Vergütung darstelle, wenn später festgestellt werde, dass die Tätigkeit tatsächlich in einem Arbeitsverhältnis erbracht wurde.
2. Eine für eine selbständige Tätigkeit getroffene Vergütungsregelung ist daher in der Regel so auszulegen, dass diese nur für den Fall des tatsächlichen Bestehens eines freien Dienstverhältnisses gelten soll.
Normenkette
BGB §§ 611, 133, 157, 615 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Trier (Entscheidung vom 03.03.2016; Aktenzeichen 2 Ca 943/15) |
Tenor
Tatbestand
Die Parteien streiten um weitere Vergütungsansprüche des Klägers aus seinem Arbeitsverhältnis, das von den Parteien ursprünglich als freies Mitarbeiterverhältnis eingegangen und behandelt worden ist.
Der Kläger, staatlich geprüfter Dolmetscher für die Sprache Paschtu, ist seit dem 28. Januar 2002 bei der Beklagten am Standort D als Übersetzer bzw. landeskundlicher Berater beschäftigt. Seine Aufgabe besteht darin, aufgrund seiner muttersprachlichen Kenntnisse der Aufklärungssprache Sprachaufzeichnungen aus dem Einsatzgebiet A abzuhören und ins Deutsche zu übersetzen. Ferner wertet er die Inhalte aus und unterrichtet und berät die zuständigen Stellen über Hintergründe und Besonderheiten. Der konkrete Inhalt der Tätigkeit des Klägers unterliegt der Geheimhaltung. Dem Vertragsverhältnis lagen seit dem ersten Dienstvertrag vom 28. Januar 2002 Dienstverträge zugrunde, zuletzt der zwischen den Parteien geschlossene "Dienstvertrag" vom 11. Oktober 2010 (Bl. 62 ff. d. A., im Folgenden: DV), ausweislich dessen § 2 der Kläger auf Rechnungstellung an Werktagen zwischen 6.00 Uhr und 22.00 Uhr ein Stundenhonorar von 38,00 Euro netto, während der Nachtzeit und an Sonn- und Feiertagen ein Stundenhonorar von 45,00 Euro netto, sowie pro Arbeitstag eine pauschale Aufwandsentschädigung von 50,00 Euro, jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer erhielt. Wegen der Einzelheiten des Dienstvertrages wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Wie den Kläger beschäftigte die Beklagte auch die weiteren landeskundlichen Berater im Rahmen von freien Dienstverträgen. Im Jahr 2007 trug die Beklagte dem Kläger und seinen Kollegen vergeblich den Abschluss von Arbeitsverträgen auf der Grundlage des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) an. In einem gemeinsamen Schreiben vom 04. Juni 2017 (Bl. 170 f. d. A.) teilten die landeskundlichen Berater der Beklagten mit, ihre Tätigkeit sei nicht geeignet, in der Form des Arbeitsvertrages mit umfassendem Direktionsrecht des Arbeitgebers ausgeübt zu werden.
Nachdem das Arbeitsgericht Trier in Rechtsstreitigkeiten von vier landeskundlichen Beratern festgestellt hatte, dass diese in Arbeitsverhältnissen zur Beklagten stehen, und das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz mit Urteilen vom 15. April 2014 (2 Sa 504 bis 507/13) die Berufung der Beklagten zurückgewiesen hatte, kam die Beklagte im Rahmen einer Überprüfung des Status sämtlicher bei ihr beschäftigten landeskundlichen Berater zu dem Schluss, dass auch der Kläger in einem Arbeitsverhältnis zu ihr stehe. Seit 01. November 2014 vergütet die Beklagte den Kläger als abhängig Beschäftigten auf der Grundlage einer Eingruppierung nach Tarifgruppe E 10 TVöD.
Der Kläger, der nicht in Abrede stellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Dienstverhältnis ein Arbeitsverhältnis darstellt, begehrt mit vorliegender, am 31. Juli 2015 beim Arbeitsgericht Trier eingereichten Zahlungsklage zuletzt noch Vergütung nach § 2 DV abzüglich der von der Beklagten auf tariflicher Basis ausgekehrten Vergütung auf der Grundlage der von ihm geleisteten Stunden im Zeitraum von November 2014 bis Januar 2016.
Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, die Beklagte, die ihm von Anfang an unzulässig den Arbeitnehmerstatus verweigert habe, habe ihn zu Unrecht unter Heranziehung der Verwaltungsanordnung Nr. 5 über die Eingruppierung von Angestellten in der Fernmelde- und Elektronischen Aufklärung der Bundeswehr vom 30. Dezember 1964 idF. vom 01. Dezember 1972 (Bl. 44 ff. d. A.; im Folgenden: Verwaltungsanordnung Nr. 5) vorgenommene Eingruppierung in Entgeltgruppe E 10 eingruppiert, während er aufgrund seiner stabsähnlichen Interkulturellen Einsatzberatung mit Gefährdung für ihn und seine Familie, vor der er seine Tätigkeit geheim zu halten verpflichtet sei, mindestens mit einer Eingruppierung in die Gruppe E 14 zu rechnen gehabt habe; selbst für Dolm...