Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der Vergütung in einem ursprünglich als freies Mitarbeiterverhältnis angesehenen Arbeitsverhältnis
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Arbeitnehmer, der von seinem Arbeitgeber fälschlicherweise als freier Mitarbeiter nach der für diese Personengruppe geltenden Vergütungsordnung bezahlt wird, kann die Erklärung des Arbeitgebers grundsätzlich nicht so verstehen, dass die Honorarvereinbarung unabhängig von dem tatsächlichen Status gewollt sein soll und eine übertarifliche Vergütung darstelle, wenn später festgestellt werde, dass die Tätigkeit tatsächlich in einem Arbeitsverhältnis erbracht wurde.
2. Eine für eine selbständige Tätigkeit getroffene Vergütungsregelung ist daher in der Regel so auszulegen, dass diese nur für den Fall des tatsächlichen Bestehens eines freien Dienstverhältnisses gelten soll.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 612 Abs. 2, § 615 S. 1, § 611
Verfahrensgang
ArbG Trier (Entscheidung vom 03.03.2016; Aktenzeichen 2 Ca 946/15) |
Tenor
- Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 3. März 2016, Az.: 2 Ca 946/15, wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über weitere Vergütungsansprüche des Klägers aus seinem Arbeitsverhältnis, das von den Parteien ursprünglich als freies Mitarbeiterverhältnis eingegangen und behandelt worden ist.
Der 1955 geborene, gegenüber seiner Ehefrau und drei Kindern unterhaltspflichtige Kläger ist seit dem 1. April 2002 bei der Beklagten als Übersetzer bzw. landeskundlicher Berater beschäftigt. Unter anderem übersetzt und verschriftlicht er für die Beklagte fremdsprachliche Fernmeldeverkehre und Audio-Dateien unter anderem in Dari, Paschtu sowie Farsi. Den Auswerteprozess unterstützt er durch inhaltliche Vorauswertungen, Zusammenfassungen, Bewertungen und Korrelationen mit anderen Aufklärungs- und Rechercheergebnissen. Darüber hinaus berät und unterrichtet er die mit dem jeweiligen Aufklärungszielgebiet befassten Mitarbeiterkreise sowie die Dienststellenführung zu sprachlichen Besonderheiten und kulturellen Aspekten und Hintergründen. Dazu bedient sich der Kläger seiner muttersprachlichen Kenntnisse der Aufklärungssprache. Über eine anerkannte Ausbildung als Übersetzer oder einen entsprechend zertifizierten Nachweis ausländischer Sprachkenntnisse verfügt der Kläger nicht. Der konkrete Inhalt der Tätigkeit des Klägers unterliegt der Geheimhaltung. Zur Tätigkeit bedarf der Kläger einer entsprechenden gültigen Sicherheitsüberprüfung.
Dem Vertragsverhältnis lag zunächst ein Vertrag "auf freiberuflicher Basis" vom 3. April 2002 zugrunde. Wegen des Inhalts dieses Vertrags im Übrigen wird auf Bl. 131 f. d. A. Bezug genommen.
Wie den Kläger beschäftigte die Beklagte auch die weiteren landeskundlichen Berater im Rahmen von freien Dienstverträgen. Im Jahr 2007 trug die Beklagte dem Kläger und seinen Kollegen vergeblich den Abschluss von Arbeitsverträgen auf der Grundlage des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) an. In einem gemeinsamen Schreiben teilten mehrere landeskundliche Berater der Beklagten im Jahr 2007 mit, ihre Tätigkeit sei nicht geeignet, in der Form des Arbeitsvertrages mit umfassendem Direktionsrecht des Arbeitgebers ausgeübt zu werden.
Unter dem 26. Februar 2008 schlossen die Parteien sodann einen "Dienstvertrag", wegen dessen Inhalt auf Bl. 62 f. d. A. Bezug genommen wird. Durch Änderungsvertrag vom 24. April 2008 (Bl. 33 d. A.) sowie zuletzt im Jahr 2010 wurde die zu zahlende Vergütung angepasst. Danach erhielt der Kläger zuletzt für Tätigkeiten an Werktagen zwischen 6.00 und 22.00 Uhr eine Vergütung in Höhe von 38,00 €/Stunde netto sowie für Tätigkeiten außerhalb dieses Zeitrahmens 45,00 €/Stunde netto. Für Bereitschaftszeiten wurden 4,75 bzw. 5,63 € netto/Stunde vereinbart sowie pro Arbeitstag eine weitere Aufwandsentschädigung von 50,00 € netto. Zusätzlich hatte die Beklagte die Mehrwertsteuer zu entrichten. Die jeweilige monatliche Vergütung wurde von dem Kläger in Rechnung gestellt und von der Beklagten geprüft, quittiert und ausgezahlt.
Nachdem das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (vgl. nur Urteil vom 15. Mai 2014 - 2 Sa 504/13 - BeckRS 2014, 72303) in mehreren Verfahren entschieden hatte, dass es sich bei den Beschäftigungsverhältnissen der auf Grundlage eines Dienstvertrages tätigen landeskundlichen Berater nicht um freie Mitarbeiter-, sondern sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse handelte, teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 5. März 2015 (Bl. 10 ff. d. A.) mit, dass eine Einzelfallprüfung ergeben habe, dass auch der Kläger eine abhängige Beschäftigung ausübe und sich somit in einem Arbeitsverhältnis zu ihr befinde. Daher werde sein Beschäftigungsverhältnis rückwirkend auf der Grundlage der im öffentlichen Dienst geltenden Vorschriften des Arbeits-, Tarif- und Sozialversicherungsrechts vollzogen. Damit seien auf das Arbeitsverhältnis die Regelungen des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst des Bun...