Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersversorgung, betriebliche. Betriebsrat. Betriebsvereinbarung. Darlegungs- und Beweislast. Zustimmung. betriebliche Altersversorgung aufgrund einer Betriebsvereinbarung
Leitsatz (amtlich)
1. Für einen wirksamen Verzicht auf Ansprüche aus einer Betriebsvereinbarung einschließlich des Vorliegens der Zustimmung des Betriebsrats ist der Arbeitgeber beweispflichtig.
2. Der Gesetzgeber gibt die Beweislast aufgrund von Gerechtigkeitserwägungen bei der Normsetzung vor. Eine Umkehr dieser Festlegung kommt allenfalls in besonders gelagerten Ausnahmefällen in Betracht.
3. Erleichterungen der Darlegungs- und Beweisführungslast bezüglich einer Zustimmung des Betriebsrats nach § 77 Abs. 4 Satz 2 BetrVG können jedenfalls dann nicht zugestanden werden, wenn die Darlegungs- und Beweisschwierigkeiten darauf beruhen, dass der Arbeitgeber seinerzeit naheliegende Beweissicherungsobliegenheiten verletzt hat – Anschluss an LAG Köln 31.08.1999 – 13 Sa 402/99.
Normenkette
BetrAVG § 1 Abs. 1 S. 3, § 18a; BetrVG § 77 Abs. 4; ZPO § 256
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Urteil vom 22.04.2010; Aktenzeichen 7 Ca 2281/08) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – Az: 7 Ca 2281/08 – unter Aufrechterhaltung im Übrigen in Ziffer 2 teilweise abgeändert:
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitere Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 10 %, der Beklagten zu 90 % auferlegt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche auf Hinterbliebenenversorgung.
Der am 19.10.1947 geborene Ehemann der Klägerin war seit dem 01.07.1969 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt als Leiter des Rechnungswesens. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund eines Aufhebungsvertrags vom 24.05.1988 zum 30.06.1988. Am 31.01.2008 verstarb der Ehemann der Klägerin.
Zwischen den Arbeitsvertragsparteien war die Anwendung des BAT in der für die Ortskrankenkassen geltenden Fassung vom 25.08.1961 sowie diesen ergänzender oder ändernder Tarifverträge vereinbart. Auf das Arbeitsverhältnis fand die am 03.12.1987 zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat geschlossene Betriebsvereinbarung zu Zusatzleistungen im Alter Anwendung. Diese lautet auszugsweise wie folgt:
Der ABC Verlag GmbH tritt mit Wirkung vom 1.1.1987 dem „Versorgungsverband bundes- und landesgeförderter Unternehmen e.V.” (VBLU) als Mitglied bei und gewährleistet ihren Mitarbeitern eine Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung nach Maßgabe folgender Regelungen:
Zur Versorgung angemeldet werden alle Mitarbeiter, die ein rentenversicherungspflichtiges Entgelt beziehen, mit Beginn des 6. Beschäftigungsjahres nach Vollendung des 18. Lebensjahres.
Die Versorgung erfolgt im Wege der Direktversicherung nach Maßgabe der Satzung und der allgemeinen
Versicherungsbedingungen des VBLU in der jeweils gültigen Fassung bzw. im Wege der Rückdeckungsversicherung nach Maßgabe der Satzung und des Leistungsplanes der Unterstützungskasse des VBLU in der jeweils gültigen Fassung.
Der ABC Verlag GmbH sagt die Entrichtung eines Beitrages in Höhe von 4 v. H. des regelmäßigen vertraglichen Monatsentgelts, ohne Urlaubsgeld und vermögenswirksame Leistungen, zu.
…
7. Mitarbeiter, die vor dem 1.1.1982 in ein unbefristeten Arbeitsverhältnis zum ABC Verlag eingetreten sind, werden ab 01.01.1987 in die Versicherung aufgenommen. …
Soweit bei Mitarbeitern nach Ziffer 7 der Beitrag von 4 v. H. im Einzelfall nicht ausreicht, um eine zur VBL in der Fassung der 21. Satzungsänderung gleichwertige Versorgung sicherzustellen, sichert der ABC Verlag GmbH die Differenz über die Unterstützungskasse des VBLU ab und tätigt die dafür notwendigen Zuwendungen. Wenn diese Leistung nicht möglich ist, wird eine vergleichbare andere Versorgung zugesagt. …
Diese Betriebsvereinbarung löst alle eventuell bestehenden arbeitsvertraglichen Zusagen für Alters-, Hinterbliebenen- und Invaliditätsversorgung ab. Diese Betriebsvereinbarung ist Bestandteil der Arbeitsverträge. …
Wegen der weiteren Einzelheiten der Betriebsvereinbarung wird auf Bl. 50 ff. d. A. verwiesen.
Der zwischen dem Ehemann der Klägerin und der Beklagten geschlossene Aufhebungsvertrag vom 24.05.1988 enthält u. a. eine „Sozialabfindung”, eine Abgeltungsklausel, die Ansprüche aus betrieblicher Altersversorgung nach der Betriebsvereinbarung vom 03.12.1987 einschließt, und die Abgeltung weiterer beiderseitiger Ansprüche. Wegen der Einzelheiten dieses Vertrages wird auf die vorgelegte Kopie, Bl. 30 ff. d. A., verwiesen.
Ebenfalls vom 24.05.1988 datiert eine Aktennotiz der damaligen Betriebsratsvorsitzenden Frau G. mit folgendem Wortlaut:
In Abänderung der fristlosen Kündigung des Herrn C. stimmt der Betriebsrat dem Aufhebungsvertrag vom 24.05.1988 zu.
Die Beklagte hat zur Höhe einer der Klägerin nach der Betriebsvereinbarung vom 03.12.1987 zustehenden Witwenrente nach der maßgeblichen Satzungsfassung der VBL eine Rentenauskunft eingeholt, wonach sich de...