Entscheidungsstichwort (Thema)
Mobbing. Schmerzensgeld. Unterlassung. Schmerzensgeldanspruch wegen sog. „Mobbings”
Leitsatz (redaktionell)
Die Vermutung des Arbeitgebers, dass bedrohende Telefonanrufe aus dem Umfeld des Arbeitnehmers stammen oder der Arbeitnehmer etwas damit zu tun hat stellt kein „Mobbing” im Sinn einer der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienenden Verhaltensweise dar.
Normenkette
BGB §§ 1004, 823
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Urteil vom 10.08.2009; Aktenzeichen 1 Ca 197/09) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 10.8.2009, AZ: 1 Ca 197/09, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin und die Beklagte zu 1. streiten im vorliegenden Berufungsverfahren noch über einen Unterlassungsanspruch der Klägerin sowie über einen von dieser geltend gemachten Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes. Erstinstanzlich hat die Klägerin diese Ansprüche auch gegenüber der Beklagten zu 2. erhoben. Beide Beklagten haben erstinstanzlich im Wege der Widerklage gegen die Klägerin einen Unterlassungsanspruch geltend gemacht.
Die Klägerin hat beantragt:
- die Beklagte zu 1. wird verurteilt, es zukünftig zu unterlassen, gegenüber der Beklagten zu 2. Behauptungen mit dem Inhalt aufzustellen, sie erhalte anonyme Telefonanrufe und gleichzeitig zu behaupten, dass die Anrufe von der Klägerin geführt oder aber von der Klägerin veranlasst worden zu seien.
Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, es zukünftig zu unterlassen, gegenüber der Beklagten zu 2. die Behauptung aufzustellen:
„Wieder sprach ein Mann mit russischem Akzent und wies Frau E. darauf hin, dass man wisse, wie ihre Kinder aussähen. Der Schulranzen wurde genau beschrieben, sogar die kleine Aufschrift auf einem kleinen Schulranzen-Aufkleber wurde zitiert.
Darüber hinaus wurde ihr noch gesagt, dass es auch nicht nutzen würde, wenn man den Personalreferenten zwischenschalten würde.”
und gleichzeitig die Behauptung aufzustellen, sie habe wegen dieses Vorfalls ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bedrohung und Erpressung veranlasst.
- Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe ausdrücklich in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens aber ein Betrag von 2.500,00 EUR zu bezahlen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen,
und widerklagend beantragt,
die Klägerin und Widerbeklagte zu verurteilen, es zukünftig zu unterlassen, zu behaupten, es sei ärztlicherseits festgestellt, dass die Verhaltensweise der Beklagten Ursache für die Erkrankung der Klägerin sei.
Die Klägerin hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Von einer weiteren (wiederholenden) Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 10.08.2009 (Bl. 119 – 125 d.A.).
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 10.08.2009 sowohl die Klage als auch die Widerklage abgewiesen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 8 – 11 (= Bl. 125 – 128 d.A.) des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.
Mit der gegen das ihr am 01.10.2009 zugestellte Urteil am 28.10.2009 eingelegten und am 30.11.2009 begründeten Berufung verfolgt die Klägerin gegen die Beklagte zu 1. ihre erstinstanzlichen Anträge zu 1. und zu 3. weiter fort.
Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts fehle es für die Begründetheit des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs nicht an der erforderlichen Wiederholungsgefahr. Insbesondere könne nicht davon ausgegangen werden, dass die von der Beklagten zu 1. erstattete Strafanzeige gegen Unbekannt eine Wiederholungsgefahr ausschließe. Sowohl aus dem Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1. an die Staatsanwaltschaft Koblenz vom 11.05.2009 als auch aus dem Vernehmungsprotokoll vom 15.10.2008 (betreffend die Vernehmung der Beklagten zu 1. als Zeugin) ergebe sich, dass die Beklagte zu 1. sehr wohl die Behauptung aufgestellt habe, sie – die Klägerin – habe die behaupteten anonymen Telefonanrufe veranlasst. Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht auch den unter dem Gesichtspunkt des Mobbings geltend gemachten Schadensersatzanspruch verneint. Die im Rahmen des Arbeisverhältnisses von der Beklagten zu 1. gegen sie erhobenen Beschwerden bzw. Vorwürfe und die anschließenden Mutmaßungen, sie habe die anonymen Drohanrufe veranlasst, stellten in der Gesamtschau eine systematische, auf psychische Destabilisierung gerichtete Handlungsweise dar. Sie leide, wie ärztlich attestiert, an einer schweren depressiven Episode. Das Mobbing-Verhalten der Beklagten zu 1. sei hierfür ursächlich.
Zur Darstellung aller weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren wird auf deren Berufungsbegründungsschrift vom 30.11.2009 (Bl. 154 – 157 d.A.) sowie auf den Schriftsatz der Klägerin vom 17.02.2010 ...