Entscheidungsstichwort (Thema)

Maßgebliche Tarifwerke zur Entlohnung in der Chemischen Industrie Rheinland-Pfalz bei arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf die "maßgeblichen Tarifverträge der Chemischen Industrie"

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Enthält eine Bezugnahmeklausel die allgemeinen Formulierung "chemische Industrie", bezieht sie sich nicht nur auf die tariflichen Regelungen, die das Entgelt betreffen, sondern auf das gesamte Tarifwerk der Chemischen Industrie.

2. Auch firmenbezogene Verbandstarifverträge gehören zu den "maßgeblichen Tarifverträge der Chemischen Industrie".

3. Der Bundesentgelttarifvertrag für die chemische Industrie West vom 18.07.1987 in der Fassung vom 30.09.2004 (BETV) in Verbindung mit dem jeweils geltenden Bezirkstarifvertrag für Rheinland-Pfalz findet kollektivrechtlich auf das Arbeitsverhältnis nur insoweit Anwendung, als ein firmenbezogener Verbandstarifvertrag (für die C. GmbH & Co. KG) zum Manteltarifvertrag vom 24.06.1992 in der Fassung vom 16.04.2008 (FVTV) und der Überleitungstarifvertrag zwischen Arbeitgeberin und IG BCE (Ü-TV) für das Arbeitsverhältnis der Parteien keine vorgehenden Regelungen enthalten.

4. Für die Anwendbarkeit des Günstigkeitsprinzips gemäß § 4 Abs. 3 TVG ist im Verhältnis des FVTV und des Ü-TV zum BETV kein Raum. Das Günstigkeitsprinzip stellt eine Kollisionsregelung für das Verhältnis von schwächeren zu stärkeren Rechtsnormen dar und ist nicht anzuwenden, wenn mehrere tarifvertragliche und damit gleichrangige Regelungen zusammentreffen.

 

Normenkette

BGB § 613a Abs. 1 Sätze 1-2; ZPO § 212a; BGB § 611a

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Entscheidung vom 03.12.2014; Aktenzeichen 12 Ca 2395/14)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Az.:12 Ca 2395/14 - vom 3. Dezember 2014 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Entlohnung des Klägers nach dem aus seiner Sicht über eine Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag anwendbaren, jeweils einschlägigen Entgelttarifvertrag für die chemische Industrie einschließlich der entsprechenden Eingruppierung nach der Entgeltgruppe 05 sowie über Vergütungsrückstände.

Die Beklagte ist auf dem Gebiet der Verarbeitung und Entwicklung hochwertiger flexibler Packstoffe tätig und führender Erzeuger von Verpackungen für Lebensmittel und Hersteller von Folien. Sie beschäftigt am Standort C-Stadt circa 250 Mitarbeiter. Im dortigen Betrieb existiert ein Betriebsrat.

Der am 20. Oktober 1961 geborene Kläger ist gemäß Arbeitsvertrag vom 10. März 1994 seit dem 14. März 1994 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern beschäftigt.

Der Arbeitsvertrag vom 10. März 1994 (Bl. 8 d. A.), welcher mit der Z. GmbH auf Arbeitgeberseite abgeschlossen wurde, enthält unter anderem folgende Regelungen:

"Es gelten die maßgeblichen Tarifverträge der Chemischen Industrie.

Einstell-Lohn

Tariflohn nach Entgelt-Gruppe xxxxx E 02

DM 2.955,00

freiwillige übertarifliche Zulage

DM

(...)

Mehrarbeit

für jede angeordnete, die tarifliche Arbeitszeit überschreitende Arbeitsstunde + 25 %

(...)

Probezeit

3 Monate xxxxx mit beiderseitiger Kündigungsfrist von 3 Tagen.

Danach gelten die xxxxxxxxx tariflichen Kündigungsfristen".

(...)

Auf freiwillige übertarifliche Leistungen des Unternehmens besteht auch dann kein Rechtsanspruch, wenn sie wiederholt gewährt werden."

Die damalige Arbeitgeberin Z. GmbH war durch Beschluss vom 14. Juni 1988 in den Landesverband Chemische Industrie Rheinland-Pfalz e. V. aufgenommen worden. Sodann wurde der Betrieb der Z. GmbH mit Vertrag vom 27. August 2001 auf die C. Z. GmbH & Co. KG ausgegliedert, die ihr Geschäft per Anwachsung an die C. Y. GmbH & Co. KG, als Zweigniederlassung C. C-Stadt übertragen hat. Die neue Firmierung der Zweigniederlassung C. C-Stadt der C. Y. GmbH & Co. KG wurde auf der Vorstandssitzung des Landesverbandes Chemische Industrie Rheinland-Pfalz zur Kenntnis genommen und damit die Fortführung der Mitgliedschaft unter neuem Namen gebilligt.

Der zuletzt erfolgte Betriebsübergang vollzog sich mit Wirkung zum 1. August 2012. Hierbei ging der Betrieb der C. C-Stadt, Zweigniederlassung der C. Y. GmbH & Co. KG auf die Beklagte über. Zugleich wurde die C. C-Stadt, Zweigniederlassung, als Zweigniederlassung der C. Y. GmbH & Co. KG aus dem Handelsregister gelöscht. Aus diesem Grund kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 31. August 2012 die Mitgliedschaft der C. C-Stadt, Zweigniederlassung und teilte dem Arbeitgeberverband Chemie Rheinland-Pfalz e. V. zugleich mit, dass es über ihre Verbandszugehörigkeit noch keine Entscheidung gebe.

Der "Bundesentgelttarifvertrag für die chemische Industrie West" vom 18. Juli 1987 in der Fassung vom 30. September 2004 (im Folgenden: BETV) enthält u.a. folgende Regelungen:

"§ 1 Räumlicher, persönlicher und fachlicher Geltungsbereich

Der Tarifvertrag gilt für den räumlichen, persönlichen und fachlichen Geltungsbereich des Manteltarifvertrages für die chemische Industrie, jedoch nicht für Auszubildende.

§ 2...

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