Entscheidungsstichwort (Thema)
Abmahnung. Annahmeverzug. Arbeitsausfall. Erledigungen, private. Kündigung, fristlose. Untätigkeit. Verhältnismäßigkeit. fristlose Kündigung wegen Erledigung privater Dinge in der Arbeitszeit
Leitsatz (redaktionell)
Die Verrichtung privater Angelegenheiten während der Arbeitszeit auch in geringem zeitlichen Umfang ist zwar vertragswidrig, rechtfertigt aber als einmaliger Vorgang nicht die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses ohne vorherige Abmahnung. Die kurzfristige Nichterbringung der geschuldeten Arbeitsleistung ist zwar eine Vertragsverletzung, die – wenn sie mit der gleichzeitigen Erledigung privater Dinge einhergeht – auch gravierender sein mag als eine reine Untätigkeit. Sie ist aber, insbesondere wenn sich eine längere Dauer oder eine folgenschwere Vernachlässigung der Arbeitspflicht nicht belegen lässt, nicht so gewichtig, dass in einem einmaligen Fall ohne vorherige Abmahnung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der hier einschlägigen gesetzlichen Kündigungsfrist von vier Wochen zum Fünfzehnten nicht zumutbar wäre.
Normenkette
BGB §§ 615, 626
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Urteil vom 12.03.2008; Aktenzeichen 10 Ca 1254/07) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 12. März 2008, Az.: 10 Ca 1254/07, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung der Beklagten vom 12.06.2007 und über Zahlungsansprüche des Klägers.
Der Kläger (geb. am 25.12.1954) war bei der Beklagten, die nur zwei Arbeitnehmer beschäftigt, seit dem 19.06.2006 als Kraftfahrer zu einem Bruttostundenlohn von EUR 10,50 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 45 Stunden beschäftigt. Er steht seit dem 25.06.2007 in einem neuen Arbeitsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber.
Am 12.06.2007 war der Kläger für die Beklagte auf einer Baustelle der Firma K. in M. tätig. Er hatte von dort Erdaushub zur Deponie zu transportieren. Von dieser Baustelle brachte der Kläger am Abend des 12.06.2007 auf dem Lkw ein ca. 25 m langes Erdkabel mit einem Gewicht von ca. 300 kg zum Betriebssitz der Beklagten mit, wo er gegen 17.30 Uhr eintraf. Das Kabel hat nach Schätzung beider Parteien einen Altmetallwert von ca. EUR 1.700,00. Der Kläger wollte das Kabel auf dem Betriebsgelände mit einer Schneidemaschine der Beklagten in Stücke schneiden, um es mit seinem Pkw zur Eigenverwertung abtransportieren zu können. Zwischen dem Kläger, dem Sohn und dem Ehemann der Beklagten kam es zu einem lautstarken Streit über die Benutzung der Schneidemaschine. Der Streit ist dann so eskaliert, dass der Ehemann der Beklagten dem Kläger mitteilte, er brauche am nächsten Tag nicht mehr zu kommen, ihm werde fristlos gekündigt. Das Erdkabel, das der Kläger zurückgelassen hatte, ist inzwischen vom Betriebsgelände der Beklagten verschwunden.
Mit Schreiben vom 12.06.2007 (Bl. 8 d. A.), das dem Kläger am 13.06.2007 zugegangen ist, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos. Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit seiner am 25.06.2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage. Im Wege der Klageerweiterung verfolgt er restliche Zahlungsansprüche und verlangt für:
Januar 2007 |
weitere |
EUR 887,25 brutto, |
Februar 2007 |
weitere |
EUR 63,00 brutto, |
März 2007 |
weitere |
EUR 120,75 brutto, |
Mai 2007 |
weitere |
EUR 233,63 brutto, |
Juni 2007 (bis 24.06.) |
weitere |
EUR 706,13 brutto. |
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens gemäß § 69 Abs.2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 12.03.2008 (dort S. 2-8 = Bl. 148-154 d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger hat erstinstanzlich (zuletzt) beantragt,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 12.06.2007, zugegangen am 13.06.2007, nicht aufgelöst worden ist, sondern bis zum 15.07.2007 fortbestanden hat,
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn EUR 2.010,76 brutto nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2007 zu zahlen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht Mainz hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme über die Frage, ob der Kläger das Erdkabel ohne Erlaubnis von der Baustelle entfernt und am 12.06.2007 zwischen 14.00 Uhr und 17.30 Uhr keine Arbeitsleistung erbracht hat, der Klage mit Urteil vom 12.03.2008 (Bl. 147-169. d. A.) stattgegeben. Zur Begründung dieser Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, das Arbeitsverhältnis sei nicht durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 12.06.2007 aufgelöst worden. Da das Kündigungsschutzgesetz im Kleinbetrieb der Beklagten keine Anwendung finde, habe das Arbeitsverhältnis erst mit Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist am 15.07.2007 sein Ende gefunden. Die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe das Erdkabel auf der Bauste...