Entscheidungsstichwort (Thema)
Anscheinsbeweis. Aufsichtspflicht. Eigenmacht, verbotene. Fürsorgepflicht. Garantie. Schadensersatz. Schadensersatz wegen des Verlustes eingebrachter Sachen
Leitsatz (redaktionell)
Der Arbeitgeber hat aufgrund seiner Fürsorgepflicht gegenüber dem Arbeitnehmer das berechtigterweise in den Betrieb eingebrachte Arbeitnehmereigentum in gewissem Umfang vor Verlust oder Beschädigung zu schützen. Er genügt dieser Verpflichtung, wenn er die Maßnahmen trifft, die ihm aufgrund des Treuegedankens (§ 242 BGB) und unter Berücksichtigung der besonderen betrieblichen und örtlichen Verhältnisse zugemutet werden können. Die Beurteilung des Zumutbaren richtet sich nach den jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalls.
Normenkette
BGB § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 1-2, §§ 858, 992
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Urteil vom 21.08.2008; Aktenzeichen 3 Ca 717/08) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 21. August 2008, Az.: 3 Ca 717/08, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen des Abhandenkommens eines auf dem Betriebsgelände zurückgelassenen Kupferkabels.
Der Kläger war seit dem 19.06.2006 bei der Beklagten als Kraftfahrer zu einem Bruttostundenlohn von EUR 10,50 beschäftigt. Im Vorprozess (10 Sa 209/08) ist mit Urteil vom 10.07.2008 rechtskräftig festgestellt worden, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 12.06.2007 aufgelöst worden ist, sondern bis zum 15.07.2007 fortbestanden hat.
Am 12.06.2007 war der Kläger für die Beklagte damit beschäftigt, Erdaushub von einer Baustelle der Firma K. zu einer Deponie zu transportieren. Die Baustelle befand sich auf einem ehemaligen Kasernengelände der US-Truppen in M., das zu einem neuen Wohngebiet entwickelt wird. In Absprache mit dem Polier der Firma K. nahm der Kläger ein bei den Aushubarbeiten im Erdreich vorgefundenes ca. 25 Meter langes Kupferkabel mit einem Gewicht von ca. 300 Kilogramm mit. Das Kupferkabel hat nach Abschälung der Kunststoffummantelung nach Schätzung beider Parteien einen Altmetallwert von ca. EUR 1.700,00.
Der Kläger transportierte das Erdkabel auf dem Lkw der Beklagten und beförderte es auf seiner letzten Tour zu deren Betriebssitz. Er beabsichtigte, das Kabel auf dem Betriebsgelände mit einer Schneidemaschine der Beklagten bzw. deren Ehemannes in Stücke zu schneiden, um es im Kofferraum seines privaten Pkw zur Eigenverwertung abtransportieren zu können. Zwischen dem Kläger, dem Sohn und dem Ehemann der Beklagten kam es zu einer Auseinandersetzung über die Benutzung der Schneidemaschine. Der Streit ist dann so eskaliert, dass der Ehemann der Beklagten dem Kläger mündlich fristlos kündigte, ihm Hausverbot erteilte und ihn des Grundstücks verwies. Das Erdkabel, das der Kläger zurückgelassen hatte, ist in der Folgezeit vom Betriebsgelände der Beklagten verschwunden. Mit seiner am 24.04.2008 zugestellten Klage begehrt der Kläger deshalb Schadensersatz.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens gemäß § 69 Abs.2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 21.08.2008 (dort S. 2-5 = Bl. 77-80 d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn EUR 1.700,00 netto nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht Mainz hat die Klage mit Urteil vom 21.08.2008 (Bl. 76-84 d. A.) abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger sei nicht Eigentümer des Kabels geworden, so dass ihm kein Schaden entstanden sei. Die Voraussetzungen für einen Eigentumserwerb in der Person des Klägers seien nicht gegeben. Er habe weder gutgläubig Eigentum vom Besitzer der Sache noch Eigentum an einer herrenlosen Sache erworben. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts Mainz wird auf Seite 5 bis 7 des Urteils (= Bl. 80 – 82 d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger, dem das Urteil am 17.09.2008 zugestellt worden ist, hat am 17.10.2008 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese mit am 16.11.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.
Der Kläger macht geltend, er sei Eigentümer des Kabels geworden. Alle im Erdaushub befindlichen Gegenstände (Kabel, altes Gerät, etc.) seien für die Firma K. Abfall und deshalb auf der Deponie zu entsorgen gewesen. Der Polier der Firma K. habe ersichtlich auch im Auftrag und Interesse des Grundstückseigentümers gehandelt, als er ihm die Mitnahme des Kabels gestattet habe. Selbst bei gescheitertem Eigentumserwerb sei die Beklagte nicht berechtigt gewesen, ihm den erlangten Besitz wieder zu entziehen. Der Ehemann der Beklagten habe ihn am Weitertransport des Kabels gehindert, indem e...