Entscheidungsstichwort (Thema)
Abmahnung. Kündigung, verhaltensbedingte. verhaltensbedingte Kündigung
Leitsatz (redaktionell)
1. Auch die Rechtswirksamkeit einer verhaltensbedingten Änderungskündigung setzt grundsätzlich voraus, dass der Arbeitgeber das entsprechende Verhalten durch eine einschlägige Abmahnung gerügt hat.
2. Es ist einem Arbeitnehmer regelmäßig nicht gestattet, die private Handynummer eines Kunden aus den bei seinem Arbeitgeber gespeicherten Daten zu verwenden, um diesem Kunden eine private SMS zu senden.
3. Dass ein solches Fehlverhalten eine ausreichende Grundlage für die Prognose bietet, selbst im Fall einer Abmahnung sei ein tadellsoes Verhalten dieses Arbeitnehmers gegenüber Kunden nicht zu erwarten, ist zweifelhaft. Dies gilt erst recht, wenn der Arbeitgeber durch eine Änderungskündigung zum Ausdruck bringt, dass er eine Änderung des Verhaltens des Arbeitnehmers in Zukunft für möglich hält.
Normenkette
BGB § 214 Abs. 2; KSchG § 1 Abs. 2, § 2; BGB § 314 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 10.05.2011; Aktenzeichen 4 Ca 125/11) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – vom 10. Mai 2011, Az.: 4 Ca 125/11, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung der Beklagten vom 10.02. zum 30.09.2011.
Der Kläger (geb. am 23.04.1961, verheiratet) ist seit dem 01.02.2001 bei der Beklagten als Bankangestellter, zuletzt als Leiter des Standardgeschäfts Basiskunden zu einem Monatsgehalt nach Tarifgruppe TG 8 von EUR 3.970,00 brutto beschäftigt. Die Beklagte beschäftigt ca. 100 Arbeitnehmer.
Am Sonntag, dem 16.01.2011, sprach der Kläger an einer Tankstelle eine Dame mit den Worten „Kennen wir uns nicht? Sie kommen mir bekannt vor!” an. Auf seine Nachfrage teilte ihm der Tankwart mit, dass es sich um Frau Z. handelt. Am 17.01.2011 brachte der Kläger in Erfahrung, dass Frau Z. eine Kundin der Beklagten ist, besorgte sich aus den Bankdaten ihre Handynummer und versandte ihr folgende SMS mit seiner privaten Telefonnummer:
„Dieser Blickkontakt hat mich beeindruckt. Sie besitzen eine große Ausstrahlung. Vielleicht ging es Ihnen ja wie mir gestern Morgen. Handy-Nr.…”.
Am 24.01.2011 hatte Frau Z. einen Termin mit ihrem Kundenbetreuer. Der Kläger folgte ihr von der Schalterhalle in ein Beratungszimmer und sprach sie dort erneut an. Die Kundin empfand die Ansprache an der Tankstelle, die SMS und das unerwünschte Gespräch im Beratungszimmer als ungehörige Anmache und beschwerte sich beim Vorstand über den Kläger.
Mit Schreiben vom 10.02.2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis nach Anhörung des Betriebsrates wegen missbräuchlicher Verwendung von Bankdaten für offensichtlich private Zwecke sowie ruf- und geschäftsschädigenden Verhaltens zum 30.09.2011. Sie bot dem Kläger gleichzeitig an, das Arbeitsverhältnis in der Funktion eines Beraters im Standardgeschäft mit einer Vergütung nach Tarifgruppe TG 7 fortzusetzen. Die Vergütungsdifferenz beträgt EUR 300,00 monatlich.
Der Kläger, der das Änderungsangebot unter Vorbehalt angenommen hat, erhob am 16.02.2011 vor dem Arbeitsgericht Änderungsschutzklage. Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – vom 10.05.2011 (dort Seite 3-6 = Bl. 62-65 d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung der Beklagten im Schreiben vom 10.02.2011 sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist und das Arbeitsverhältnis über den 30.09.2011 hinaus zu den bisherigen Arbeitsbedingungen als Leiter Standardgeschäft Basiskunden in der Tarifgruppe TG 8 fortbesteht.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 10.05.2011 stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte hätte den Kläger vor Ausspruch der Änderungskündigung abmahnen müssen. Eine Abmahnung sei nicht entbehrlich gewesen. Die Beklagte halte eine Änderung des Verhaltens des Klägers in Zukunft, was sie mit dem Ausspruch der Änderungskündigung selbst dokumentiert habe, für möglich. Eine schwere Pflichtverletzung liege nicht vor. Im Übrigen sei die ausgesprochene Änderungskündigung im Vergleich zur Abmahnung auch nicht besser geeignet, ein zukünftiges Fehlverhalten des Klägers zu verhindern bzw. eine Änderung seines Verhaltens zu bewirken. Schließlich habe der Kläger auch als Berater Zugriff auf private Kundendaten. Es lasse sich dem Vortrag der Beklagten nicht entnehmen, wie der Datenmissbrauch in Zukunft verhindert bzw. wesentlich erschwert werden soll. Wegen weiterer Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird gemäß § 69 ...