Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung. Pornografie. email. Ordentliche Kündigung wegen Versendung von Dateien pornografischen Inhalts

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei der Prüfung der sozialen Rechfertigung einer Kündigung kommt es nicht auf die strafrechtliche Beurteilung des Verhaltens des Arbeitnehmers an, sondern darauf, ob dem Arbeitgeber wegen des Verhaltens des Arbeitnehmers nach dem gesamten Sachverhalt die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses noch zumutbar ist. Daher kann dahinstehen, ob das unstreitige und auch erhebliche Fehlverhalten eines Arbeitnehmers einen Straftatbestand (hier § 184 StBG – Verbreitung pornografischer Schriften –) erfüllt.

 

Normenkette

KSchG § 6; BGB § 626

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 11.04.2008; Aktenzeichen 9 Ca 1080/07)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Eufach0000000019 – Auswärtige Kammern Landau – vom 11.4.2008, Az.: 9 Ca 1080/07, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

Der am 02.03.1955 geborene, verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger war seit dem 16.07.1973 bei der Beklagten, zuletzt an deren Standort in Hatten/Elsaß als Sachbearbeiter beschäftigt. Die Beklagte beschäftigt ständig weit mehr als zehn Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden.

Der Kläger verfügt über keinen dienstlichen Internetzugang, arbeitet jedoch mit dem Mailsystem Lotus-Notes. Bei einer Überprüfung der Festplatte sowie des persönlichen Laufwerks des Dienstcomputers des Klägers am 30.11.2007 sowie bei der Kontrolle der Mailboxen von drei Arbeitskollegen des Klägers stellte die Beklagte fest, dass dieser im Zeitraum vom 05.01.2006 bis 08.11.2007 insgesamt 12 E-Mails mit pornografischem Inhalt weitergeleitet hatte. Der Inhalt einiger dieser E-Mails ist darüber hinaus ekelerregend, eine der weitergeleiteten Dateien hat auch rassistischen Charakter. Wegen des Inhalts der E-Mails und der ihnen angehängten Dateien im Einzelnen wird auf Blatt 1 – 55 des Anlagenordners verwiesen. Die beiden E-Mails vom 17.03.2006 leitete der Kläger (auch) an drei externe private Mail-Adressen weiter, wobei er – wie auch in den anderen Fällen – die Signatur der Beklagten verwendete. Im Übrigen beließ es der Kläger dabei, die betreffenden Dateien lediglich intern, d.h. an Arbeitskollegen weiterzuleiten.

Mit Schreiben vom 20.12.2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.07.2008. Hiergegen richtet sich die vom Kläger am 27.12.2007 beim Arbeitsgericht eingereichte Klage.

Von einer weitergehenden (wiederholenden) Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Eufach0000000019 vom 11.04.2008 (Bl. 122 – 125 d.A.).

Der Kläger hat beantragt:

  1. Es wird festgestellt, dass das am 16.07.1973 zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 20.12.2007 zum 31.07.2008 aufgelöst wird.
  2. Für den Fall, dass das Gericht der Kündigungsschutzklage unter Ziffer 1 stattgibt, die Beklagte zu verurteilen, den Kläger als Sachbearbeiter zu unveränderten Arbeitsbedingungen bis zur Beendigung des Kündigungsrechtsstreits weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 11.04.2008 stattgegeben. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 7 – 14 dieses Urteils (= Bl. 126 – 133 d.A.) verwiesen.

Gegen das ihr am 27.05.2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 05.06.2008 Berufung eingelegt und diese innerhalb der ihr mit Beschluss vom 28.07.2008 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 11.08.2008 begründet.

Die Beklagte macht im Wesentlichen geltend, die Auffassung des Arbeitsgerichts, die Wirksamkeit der Kündigung scheiterte am Ergebnis der vorzunehmenden Interessenabwägung, sei unzutreffend. Soweit das Arbeitsgericht diesbezüglich das Fehlen einer Abmahnung als ausschlaggebend angesehen habe, so sei dies mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht zu vereinbaren. Der Kläger habe nämlich nicht mit vertretbaren Gründen annehmen dürfen, dass sein Fehlverhalten den Bestand des Arbeitsverhältnisses nicht gefährden würde. Durch die Betriebsvereinbarung zur Internet- und E-Mail-Nutzung vom 01.05.2003 sei die private Nutzung des E-Mail-Systems zur Verbreitung insbesondere pornografischer Schriften oder Bilder ausdrücklich untersagt worden mit dem Hinweis darauf, dass Verstöße arbeitsrechtliche Maßnahmen zur Folge hätten. Dies sei auch nochmals in einem Informationsschreiben von Ende September 2005 sowie auch im Rahmen von Informationsveranstaltungen ausdrücklich klargestellt worden. Im Übrigen habe der Kläger selbst – wie bereits erstinstanzlich vorgetragen – bei seiner Anhörung am 07.12.2007 eingeräumt und mehrmals betont, dass ihm die Unzulässigk...

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