Entscheidungsstichwort (Thema)
E-Mail-Verkehr. Kündigung. Pornografie. Weiterleiten von E-Mails mit pornografischem Inhalt und Kündigung
Leitsatz (redaktionell)
Das Weiterleiten von E-Mails mit pornografischem Inhalt rechtfertigt nicht unmittelbar eine verhaltensbedingte Kündigung eines langjährig beschäftigten Mitarbeiters, wenn durch die E-Mails keine Dritten belästigt wurden und keine Rufschädigung des Arbeitgebers eingetreten ist.
Normenkette
BGB § 626; KSchG § 1
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 11.04.2008; Aktenzeichen 9 Ca 1077/07) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen – Auswärtige Kammern Landau – vom 11.04.2008, Az.: 9 Ca 1077/07 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer fristlos und hilfsweise ordentlich erklärten Kündigung sowie um die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers während des Rechtsstreits.
Von einer nochmaligen Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 69 Abs 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen – Auswärtige Kammern Landau – vom 11.04.2008 (dort S. 3-7 = Bl. 137-141 d. A.) Bezug genommen.
Ergänzend ist dem unstreitigen Tatbestand folgendes hinzuzufügen:
Herr Z, ein Arbeitskollege des Klägers, leitete am 19.10.2007 ein E-Mail mit dem Titel „Wg: Coucou”, am 24.10.2007 eine E-Mail mit dem Titel „Wg: Bonjour” und am 08.11.2007 eine E-Mail mit dem Titel „Wg: Guten Morgen” weiter. Diese weitergeleiteten E-Mails mit jeweils pornographischem Inhalt hatte Herr Z zuvor vom Kläger am 19.10.2007, 15.10.2007 und 05.11.2007 erhalten; sie gehören zu den vom Arbeitsgericht in seinem Urteil vom 11.04.2008 erwähnten, vom Kläger an fünf Arbeitskollegen versandten E-Mails.
Der Inhalt folgender Dateien, die der Kläger auf seinem persönlichen Laufwerk gespeichert hatte, tauchte in Anhängen zu E-Mails des Arbeitskollegen Y auf:
- Film „Le ramoneur savoyard.mpeg” (pornographischer Inhalt), versandt an drei externe Adressen
- Power-Point-Datei „Indianska Love Story – sex Hot.pps” (pornographischer Inhalt), versandt an drei externe Adressen
- Datei „La_mort_d-une_mouche1.mpeg” (pornographischer Inhalt), versandt an interne und externe Adressaten
- Datei „Joyeux_Anniversaire.wmv” (pornographischer Inhalt), versandt an zwei interne und drei externe Adressaten
- Datei „Le_devastateur.pps” (pornographischer Inhalt), versandt an eine externe Adresse
- Videofilm „bravehound.wmv” (tierpornographischer Inhalt), versandt an drei externe und zwei interne Adressaten
- Videofilm „jecomprendspourquoituvasàlacampagne-mpe” (tierpornographischer Inhalt), versandt an vier externe und zwei interne Adressaten
Die fünf Arbeitskollegen, die im selben Großbüro arbeiteten wie der Kläger und an die er E-Mails mit pornographischem oder tierpornographischem Inhalt versandte, wurden von der Beklagten wegen der Befassung mit pornographischen Dateien und deren Weiterleitung mit folgenden arbeitsrechtlichen Maßnahmen belegt: Y erhielt eine fristlose Kündigung, Z eine ordentliche Kündigung und X, W sowie V jeweils eine Abmahnung.
Mit Urteil vom 11.04.2008 (Bl. 135 ff. d. A.) hat das Arbeitsgericht Ludwigshafen – Auswärtige Kammern Landau – festgestellt, dass das am 08.02.1988 zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 14.12.2007 aufgelöst wurde, noch durch die hilfsweise ordentliche Kündigung zum 30.06.2008. Des Weiteren hat es die Beklagte verurteilt, den Kläger als Sachbearbeiter zu unveränderten Arbeitsbedingungen bis zur Beendigung des Kündigungsrechtsstreits weiter zu beschäftigen.
Zur Begründung dieser Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die außerordentliche Kündigung vom 14.12.2007 sei rechtsunwirksam, da es an einem wichtigem Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB fehle. Allerdings seien die Verfehlungen des Klägers an sich geeignet, Grundlage einer außerordentlichen Kündigung zu sein. Der Kläger habe nämlich während der Arbeitszeit im Betrieb der Beklagten E-Mails mit pornographischem Inhalt an fünf Arbeitskollegen weitergeleitet. Hierdurch habe er gegen die E-Mail-Richtlinie der Beklagten vom 01.05.2003 während des Zeitraumes vom September bis November 2007 verstoßen. Dem Kläger komme – entgegen der Auffassung der Beklagten – jedoch keine Schlüsselposition für die Beschaffung und Weiterverbreitung pornographischer Dateien zu. Er habe zwar von seinem Bekannten, Herrn U pornographische Dateien in den Betrieb zugesandt bekommen und diese an Kollegen weitergeleitet, jedoch seien auch innerhalb des Betriebes pornographische Dateien von einem Kollegen des Klägers aus dem Internet heruntergeladen worden. Die nach unbestrittenen Angaben des Klägers in dem Parallelrechtsstreit mit dem Aktenzeichen 9 Ca 1080/07 vorgelegten Bilder würden größtenteils aus einer ander...