Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsbereitschaft. Rettungsassistent. Wechselschichtzulage
Leitsatz (redaktionell)
Arbeitsbereitschaft ist die Zeit wacher Achtsamkeit im Zustand der Entspannung. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist von der jeweils vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung her zu bestimmen.
Normenkette
DRK-TV § 14 Abs. 7, 9
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 08.05.2009; Aktenzeichen 3 Ca 808/08) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 8. Mai 2009, Az.: 3 Ca 808/08, abgeändert und die Klage insoweit abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten – soweit in der Berufung von Bedeutung – über die Zahlung einer tariflichen Wechselschichtzulage.
Der Kläger (geb. am 16.07.1972) ist seit dem 01.11.1996 bei dem Beklagten als Rettungsassistent im Rettungsdienst beschäftigt. Er ist Mitglied des Betriebsrates. Sein Tarifentgelt nach Entgeltgruppe 8 (Stufe 4) betrug bis 31.03.2008 monatlich EUR 2.330,00 brutto. Er wird in den Rettungswachen X-Stadt und W-Stadt eingesetzt, die im Schichtbetrieb rund um die Uhr, auch an Sonn- und Feiertagen besetzt sind. Der Kläger arbeitet in einem fortlaufenden Schichtturnus, der nach mehreren Durchläufen variiert. Er leistet – jedenfalls im Prinzip – zwei Tagschichten (von 6:50 bis 19:10 Uhr), eine Nachtschicht (von 18:50 bis 7:10 Uhr) und hat dann zwei Tage frei. Der Beklagte hat seit Bestehen des Arbeitsverhältnisses die regelmäßige Arbeitszeit des Klägers zunächst auf 49, nach Tarifänderung auf 48 Wochenstunden verlängert.
Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge für Arbeitnehmer des Deutschen Roten Kreuzes Anwendung, seit dem 01.01.2007 in der Fassung des DRK-Reformtarifvertrages (im Folgenden: DRK-TV). Dieser lautet – soweit vorliegend von Interesse – wie folgt:
„§ 12 Regelmäßige Arbeitszeit
(1) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 38,5 Stunden wöchentlich
…
(6) Die regelmäßige Arbeitszeit kann verlängert werden bis zu 12 Stunden täglich
- …
- und durchschnittlich 48 Stunden wöchentlich, wenn in sie regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens drei Stunden täglich fällt.
…
§ 13 Sonderformen der Arbeit
(1) Wechselschichtarbeit ist die Arbeit nach einem Schichtplan/Dienstplan, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten vorsieht, bei denen der Mitarbeiter längstens nach Ablauf eines Monats erneut zu mindestens zwei Nachtschichten herangezogen wird. Wechselschichten sind wechselnde Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird. Nachtschichten sind Arbeitsschichten, in denen die Nachtarbeit zeitlich überwiegt.
…
§ 14 Ausgleich für Sonderformen der Arbeit
…
(7) Der Mitarbeiter, der ständig nach einem Schichtplan (Dienstplan) eingesetzt ist, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten (§ 13 Abs. 1) vorsieht, und der dabei in je fünf Wochen durchschnittlich mindestens 40 Arbeitsstunden in der dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschicht leistet, erhält eine Wechselschichtzulage von Euro 102,26 monatlich.
(8) …
(9) Die Absätze 7 und 8 gelten nicht, für
- …
- Mitarbeiter, in deren regelmäßige Arbeitszeit regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens drei Stunden täglich fällt.
…”
Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagte habe seine regelmäßige Arbeitszeit nicht wirksam von 38,5 auf 48 Wochenstunden verlängert, weil in sie durchschnittlich keine Arbeitsbereitschaft von täglich mindestens drei Stunden falle. Er begehrt mit seiner Klage die Zahlung der tariflichen Wechselschichtzulage für neun Monate vom 01.07.2007 bis zum 31.03.2008. Außerdem macht er Mehrarbeitsvergütung für insgesamt 247 Überstunden in sechs Monaten vom 01.07.2007 bis zum 31.12.2007 geltend ([48 Std. – 38,5 Std. = 9,5 Std.] × 26 Wochen). Den Klageantrag auf Gewährung von vier Tagen tariflichen Zusatzurlaubs für 2007 hat er zurückgenommen, weil ihm dieser bereits vor Klageerhebung gewährt worden war.
Der Beklagte erfasst Beginn und Ende der täglichen Anwesenheitszeit des Klägers. Er dokumentiert außerdem die „reinen” Einsatzzeiten des Klägers, der über die Durchführung von Einsatzfahrten Berichte zu fertigen hat. Diese Einsatzzeiten werden als Arbeitszeit berücksichtigt. Außerdem zählt der Beklagte pro Schicht pauschal 20 Minuten Umkleidezeit (je 10 Minuten zu Schichtbeginn und -ende) zur Arbeitszeit. Für den Fahrzeugcheck nimmt er pauschal eine Arbeitszeit zwischen 20 und 45 Minuten pro Schicht, für die Rüstzeit eine Arbeitszeit von 10 Minuten je Krankentransport und 20 Minuten pro Notfalleinsatz an. Weitere Tätigkeiten werden nach einem Wochenarbeitsplan für die Rettungswache (vgl. Bl. 114 d.A.) mit einer pauschalen Arbeitszeit (z.B. tägliche Fahrzeugreinigung 30 Minuten; wöchentliche Routinedesinfektion 60 Minuten) berücksichtigt. Ruhepa...