Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung einer Pflegekraft im Haushalt der pflegebedürftigen Arbeitgeberin. Unbegründete Klage auf Vergütung von Bereitschaftsdiensten nach der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (Pflegearbeitsbedingungenverordnung - PflegeArbbV) gilt die Verordnung nur für Pflegebetriebe; die in § 1 Abs. 2 Satz 2 bis 4 PflegeArbbV getroffenen Regelungen legen fest, unter welchen Voraussetzungen ein nicht eigens definierter "Betrieb" als "Pflege"-Betrieb der Verordnung unterfällt.
2. Mangels eigenständiger Begriffsbildung ist unter einem Betrieb die organisatorische Einheit zu verstehen, innerhalb derer die Arbeitgeberin mit ihren Beschäftigten durch Einsatz technischer und immaterieller Mittel fortgesetzt bestimmte arbeitstechnische Zwecke verfolgt, die sich nicht in der Befriedigung von Eigenbedarf erschöpfen.
3. Der Privathaushalt einer pflegebedürftigen Person (Arbeitgeberin) ist nach dem allgemeinen Betriebsbegriff kein Betrieb, der dem Geltungsbereich der PflegeArbbV unterfällt; gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 PflegeArbbV ist der Geltungsbereich der Verordnung ausdrücklich auf Pflegebetriebe beschränkt.
4. Bereitschaftsdienst liegt vor, wenn sich der Arbeitnehmer an einem von der Arbeitgeberin bestimmten Ort aufzuhalten hat, um bei Bedarf sofort die Arbeit aufnehmen zu können; Rufbereitschaft verpflichtet den Arbeitnehmer zwar ebenfalls, auf Abruf die Arbeit aufzunehmen, er kann sich hierfür aber an einem Ort seiner Wahl aufhalten, der der Arbeitgeberin anzuzeigen ist.
5. Eine Fahrtstrecke von 36 km und mehr als einer halben Stunde oder je nach Verkehrslage auch länger sind als Wegezeiten auch bei der Rufbereitschaft, die herkömmlicherweise überwiegend zu Hause geleistet wird, nicht unüblich und führen nicht dazu, dass der Arbeitnehmer bei einer solchen Zeitvorgabe faktisch gezwungen ist, sich in unmittelbarer Nähe des Arbeitsplatzes aufzuhalten.
Normenkette
PflegeArbbV § 1 Abs. 2, § 2 Abs. 1, § 1 Abs. 2 Sätze 1-4
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 07.07.2015; Aktenzeichen 8 Ca 54/15) |
Tenor
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger von der Beklagten für Bereitschaftsdienste die Zahlung des Mindestentgelts nach § 2 der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (Pflegearbeitsbedingungenverordnung - PflegeArbbV) vom 15. Juli 2010 verlangen kann.
Der Kläger war in der Zeit vom 01. Oktober 2013 bis 31. Januar 2015 aufgrund Arbeitsvertrags vom 01. Oktober 2013 (Bl. 5 d. A.) als Pflegekraft im Privathaushalt der pflegebedürftigen Beklagten gegen eine Bruttomonatsvergütung in Höhe von 1.050,00 EUR bei einer Arbeitszeit von durchschnittlich 20 Wochenstunden beschäftigt. Der Einsatz des Klägers erfolgte nach Maßgabe der jeweiligen Dienstpläne, in denen für bestimmte Tage ein "B" eingetragen ist. An diesen mit "B" gekennzeichneten Tagen musste der Kläger erreichbar sein, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen, falls die nach dem Dienstplan eigentlich eingeplante Kraft (z. B. bei Krankheit) nicht zur Arbeit erscheinen kann. Soweit der Kläger an diesen Tagen zur Arbeit herangezogen wurde, erhielt er dafür die entsprechende Vergütung. Für die mit "B" gekennzeichneten Tage, an denen er nicht eingesetzt wurde, erhielt er eine Stunde pro Tag vergütet, während ansonsten die Zeiten ohne Arbeitseinsatz nicht vergütet wurden.
Mit seiner am 15. Januar 2015 beim Arbeitsgericht Kaiserslautern eingereichten Klage nimmt der Kläger die Beklagte auf Zahlung des Mindestentgelts nach § 2 PflegeArbbV in Höhe von 9.00 EUR je Stunde für die in den Dienstplänen in der Zeit vom Dezember 2013 bis November 2014 mit "B" gekennzeichneten Tage mit der Begründung in Anspruch, er habe an diesen Tagen jeweils einen 24-stündigen Bereitschaftsdienst geleistet (Gesamtstundenzahl: 792 Stunden x 9,00 EUR = 7.128,00 EUR).
Wegen des wechselseitigen erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 07. Juli 2015 - 8 Ca 54/15 - und die erstinstanzlich eingereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.128,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat mit Urteil vom 07. Juli 2015 - 8 Ca 54/15 - die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beklagte nicht dem Geltungsbereich der PflegeArbbV unterfalle, weil diese Verordnung nur für Pflegebetriebe gelte. Falls man jede Pflege als Betrieb ansehen würde, dann bräuchte es die V...