Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch eines schwerbehinderten Arbeitnehmers auf Zusatzurlaub gem. § 208 Abs. 1 S. 1 SGB IX
Leitsatz (redaktionell)
Der Anspruch eines schwerbehinderten Arbeitnehmers auf Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen unterliegt ebenso wie ein etwaiger Anspruch auf zusätzliches Arbeitsentgelt der Ausschlussfrist gem. § 28 MTV für die Metall- und Elektroindustrie Rheinland-Pfalz.
Normenkette
BUrlG § 7 Abs. 4; SGB IX § 208 Abs. 1 S. 1, Abs. 3; MTV für die Metall- und Elektroindustrie Rheinland-Pfalz § 28
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Entscheidung vom 30.10.2018; Aktenzeichen 11 Ca 1666/18) |
Tenor
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Abgeltung von Urlaubsansprüchen infolge einer nachträglich festgestellten Schwerbehinderteneigenschaft.
Zwischen den Parteien bestand in der Zeit von Mai 2001 bis 30. September 2017 ein Arbeitsverhältnis. Das Bruttomonatsarbeitseinkommen des Klägers betrug 2.553,11 € bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden. Vom 20. Oktober 2016 bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses war der am 3. Juni 1957 geborene Kläger arbeitsunfähig erkrankt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Februar 2018 stellte das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung Rheinland-Pfalz einen Grad der Behinderung von 50 rückwirkend ab dem 7. Dezember 2015 fest.
Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers fanden die Tarifverträge für die Metall- und Elektroindustrie Rheinland-Rheinhessen Anwendung.
Mit Schreiben vom 29. März 2018 (Kopie Bl. 13 d. A.) machte die erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte des Klägers einen Anspruch auf neun Tage Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen nebst Urlaubsgeld für den Zeitraum vom 7. Dezember 2015 bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses geltend.
Mit seiner am 11. Juni 2018 beim Arbeitsgericht eingegangenen, der Beklagten am 21. Juni 2018 zugestellten Klage verfolgt der Kläger einen Anspruch auf Abgeltung des Schwerbehindertenurlaubs nebst Urlaubsgeld weiter.
Der Kläger hat vorgetragen,
die Beklagte habe gewusst, dass sein Gesamt-GdB 30 betragen und er einen Änderungsantrag ab Dezember 2015 gestellt habe. Dies habe sowohl sein Schichtführer M.W. als auch sein Vorgesetzter in der Härterei gewusst. Die Personalleiterin Frau W. habe er im Gespräch über den Zustand seiner Hände und die daraus folgende Notwendigkeit einer Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz über den seinerzeit beabsichtigten Verschlimmerungsantrag informiert. Damit sei auch bekannt gewesen, dass er im Falle, dass ihm die Schwerbehinderung zuerkannt werde, seinen Anspruch auf Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen geltend machen werde. Daraufhin habe die Personalleiterin erwidert, er solle ein Attest besorgen. Dies habe er getan.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.590,84 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen,
der Kläger habe ihr gegenüber einen etwaigen Anspruch auf Gewährung von Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht. Gemäß § 28 des Manteltarifvertrages für die Metall- und Elektroindustrie Rheinland-Pfalz habe der Kläger seinen Abgeltungsanspruch bis Ende Dezember 2017 ihr gegenüber geltend machen müssen. Dies sei jedoch nicht erfolgt, eine spätere Geltendmachung sei folglich ausgeschlossen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es zusammengefasst ausgeführt, der Anspruch auf Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen gemäß § 208 Abs. 1 S. 1 SGB IX habe ungeachtet seiner behördlichen Bescheidung während des laufenden Arbeitsverhältnisses bestanden. Der Bescheid habe insofern nur feststellende Wirkung. Damit sei auch diesbezüglich ein Urlaubsabgeltungsanspruch mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig. Die tarifvertragliche Verfallsfrist gelte für den Urlaubsabgeltungsanspruch. Der Kläger habe diesen bezogen auf den Zusatzurlaub nicht innerhalb der geltenden Frist geltend gemacht. Damit sei der Urlaubsabgeltungsanspruch insoweit verfallen. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts (Bl. 48 ff. d. A.) Bezug genommen.
Das genannte Urteil ist dem Kläger am 22. November 2018 zugestellt worden. Er hat hiergegen mit einem am 11. Dezember 2018 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt und innerhalb der durch Beschluss vom 14. Januar 2019 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit am 28. Februar 2019 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag begründet.
Zur Begründung der Berufung macht der Kläger nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 76 ff. d. A.),...