Urteil mit zugelassener Revision

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsrecht. Besonderheit. Dauer. Fortbildung. Lehrgangskosten

 

Leitsatz (amtlich)

Die AVR-Caritas sind keine Regelungen i. S. d. § 310 Abs. 4 S. 1 BGB und werden nur durch Parteivereinbarung Vertragsinhalt. Bei der Frage der Wirksamkeit von Rückzahlungsvereinbarungen kann eine geltungserhaltene Reduktion stattfinden, § 310 Abs. 3 S. 2 BGB

 

Normenkette

BGB § 310 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Urteil vom 21.01.2004; Aktenzeichen 4 Ca 2779/03)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.11.2005; Aktenzeichen 6 AZR 160/05)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 21.01.2004 – AZ: 4 Ca 2779/03 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird für die Klägerin zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beklagte war bei dem Kläger, der ein Alten- und Pflegeheim trägt, ab 01.05.19994 als Pflegehelferin und seit 01.08.1997 als Altenpflegerin beschäftigt. Die Beklagte hat auf der Grundlage eines Weiterbildungsvertrages, wegen dessen näheren Inhalts auf die zur Akte gereichte Kopie (Bl. 11 d. A.) verwiesen wird, an einem Wohnbereichsleitungskurs teilgenommen, der von Januar 2000 bis Dezember 2001 dauerte. Nach § 2 der verschiedenen Dienstverträge der Parteien gelten die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritas Verbandes, nachfolgend AVR genannt. Der Weiterbildungsvertrag hat den § 2 § 10 a allgemeiner Teil der AVR als gültig aufgeführt.

Nachdem der Beklagten mit Zertifikat vom 31.01.2002 die erfolgreiche Teilnahme an der Weiterbildungsmaßnahme bestätigt wurde, ist sie ab 01.11.2002 als Wohnbereichsleiterin bei dem Kläger beschäftigt worden. Mit Schreiben vom 26.02.2003 hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30.06.2003 aufgekündigt, woraufhin mit Schreiben vom 25.04.2003 der Kläger Weiterbildungskosten in Höhe von 5.936,95 EUR gefordert hat.

Da die Beklagte die Zahlung verweigerte, hat der Kläger am 18. Juli 2003 beim Arbeitsgericht Klage eingereicht und diese im Wesentlichen wie folgt begründet,

die Kosten setzten sich wie folgt zusammen:

Lehrgangsgebühren

3.543,25 EUR

Fahrtkosten

200,07 EUR

fortentrichtete Dienstbezüge

7.207,12 EUR

Abschluss (Zeugnisübergabe am 06.02./07.02.2002

298,52 EUR

fortentrichtete Dienstbezüge sowie Fahrtkosten

11.248,96 EUR

Da die Beklagte nach Abschluss der Fortbildung im Jahre 2002 11 Monate und im Jahre 2003 weitere 6 Monate, also insgesamt 17 Monate beschäftigt gewesen sei, seien aufgrund der vertraglichen Vereinbarung noch 19/36 der Gesamtkosten, also die Klageforderung, von ihr zu erstatten.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 5.936,95 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 02.07.2003 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass der Lehrgang nicht mit der Zeugnisübergabe, sondern mit dem letzten Kursblock am 01.06.2001 geendet habe, so dass man zumindest noch weitere 7/36 der Ausbildungskosten zu Unrecht fordere.

Der Rückzahlungsanspruch bestehe jedoch deshalb nicht, weil der Weiterbildungsvertrag wegen der Vorschriften in § 307 Abs. 1 Satz 1, 308 Nr. 7 b BGB unwirksam sei. Die AVR der Caritas seien allgemeine Geschäftsbedingungen, da sie für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen seien, die regelmäßig Vertragsinhalt würden.

Das gleiche müsse für den Weiterbildungsvertrag gelten, der § 10 a AVR wörtlich zitiere. Auch wenn die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen seien, verstoße die Regelung gegen § 308 Nr. 7 b BGB weil die 3-jährige Bindung zu lang sei. Die Kosten für die eigentliche Weiterbildung hätten lediglich 3.543,26 EUR an Lehrgangsgebühren betragen und belaufe sich erst unter Einbeziehung von Dienstbezügen und Fahrtkostenerstattung auf die Gesamtsumme von 11.248,97 EUR.

Der gesamte Lehrgang habe sich zwar über 1,5 Jahre erstreckt, insgesamt jedoch nur 10 Kursblöcke von jeweils der Dauer einer Arbeitswoche in Anspruch genommen. Die Klägerin habe zwischen den Kursblöcken gearbeitet, was nicht berücksichtigt werde. Das Bundesarbeitsgericht akzeptiere bei einer Lehrgangsdauer von 6 Monaten nur noch eine Bindungsdauer von 2 Jahren, so dass die vertragliche Regelung insgesamt deshalb unwirksam sei, weil nach der Neuregelung des § 307 BGB eine geltungserhaltene Reduktion nicht erfolge.

Das Arbeitsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen und dies damit begründet, dass eine Bindung des Arbeitnehmers an den Betrieb bei einer Lehrgangsdauer bis zu 2 Monaten ohne Verpflichtung zur Arbeitsleistung für höchstens 1 Jahr habe verabredet werden können, bei einer Lehrgangsdauer von 3-4 Monaten eine 2-jährige Bindungsfrist und bei einer Lehrgangsdauer von 6 Monaten bis zu 1 Jahr ohne Arbeitsverpflichtung des Arbeitnehmers keine längere Bindung als 3 Jahre in der Regel anerkannt würden. Daran habe sich auch nach der Neuregelung des BGB unter Einfügung der AGB-Gesetze nichts ...

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