Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitnehmer. Haftung. Mitverschulden. Haftung des Arbeitnehmers wegen Geldverlust
Leitsatz (redaktionell)
1. § 254 BGB beschränkt die Ersatzpflicht des Schädigers, wenn bei der Entwicklung des Schadens ein „Verschulden des Geschädigten” mitgewirkt hat.
2. Für den Haftungsmaßstab nach § 276 BGB ist in erster Linie kein individueller, sondern ein auf die allgemeinen Verkehrsbedürfnisse ausgerichteter objektiver-abstrakter Sorgfaltsmaßstab maßgebend.
Normenkette
BGB §§ 254, 280 Abs. 1, § 619a
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Urteil vom 08.12.2008; Aktenzeichen 1 Ca 998/08) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 8.12.2008 – 1 Ca 998/8 – teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 28.803,95 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.5.2008 zu zahlen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte ¾, die Klägerin ¼ zu tragen.
Der Streitwert wird auf 38.405,26 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin, welche im Rahmen von Verkäufen und Auktionen Unternehmen, Immobilien und Investitionsgüter bewertet und veräußert, begehrt von der bei ihr beschäftigt gewesenen Beklagten Schadenersatz in Höhe von zuletzt 38.405,26 EUR wegen Verlustes eines Versteigerungserlöses.
Die Beklagte war bei der Klägerin aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 16.08.2002 als „Sachbearbeiterin Auktionen” mit einem jährlichen Festgehalt in Höhe von 39.000,00 EUR brutto bis zu ihrer zum 31.05.2008 ausgesprochenen Eigenkündigung beschäftigt.
Am 07.06.2006 unterzeichnete die Beklagte eine Erklärung zu einer Haftung bei Verlust von Bargeld und Schecks (Bl. 46 d.A.).
Am 31.01.2008 war die Beklagte bei der Durchführung einer Auktion eines Insolvenzunternehmens in Lage Nordrhein/Westfalen eingesetzt, in welcher ein Erlös von mindestens 38.359,36 EUR in bar erzielt wurde. Die Beklagte nahm den Veräußerungserlös in bar sowie Wechselgeld in Höhe von mindestens 1.000,00 EUR an sich und transportierte das Bargeld nach Beendigung der Auktion in einem Firmenfahrzeug der Klägerin. Das Bargeld verwahrte die Beklagte in einer Geldmappe auf, in welcher sich diverse Verrechnungsschecks mit einem Wert von mehr als 70.000,00 EUR befanden, verstaute diese in einer Reisetasche im Fußraum hinter dem Fahrersitz des Firmenfahrzeugs, die sie ihrerseits zwischen der Rücksitzbank und dem ebenfalls im Fußraum abgestellten Pilotenkoffer einklemmte. In dem Pilotenkoffer befanden sich zwei Firmenlaptops, die ebenfalls im Rahmen der streitgegenständlichen Ereignisse abhanden kamen. Die Rückfahrt trat die Beklagte mit der ursprünglich mitverklagten – Mitarbeiterin Z. an. Während der Rückfahrt von der Auktion machten die Beklagte und ihre Kollegin um cirka 17.00 Uhr an der Autobahnraststätte D halt und besuchten für cirka 20 Minuten das Mc D Schnellrestaurant. Das Firmenfahrzeug mitsamt dem im Fußraum verstauten Bargeld ließen sie verschlossen zurück. Nach ihrer Rückkehr aus dem Restaurant fielen den Mitarbeiterinnen keine Besonderheiten am Pkw auf. Sie setzten ihre Fahrt fort und machten gegen 19.05 Uhr einen weiteren Stopp an der Autobahnrasttankstelle R, um dort gleichzeitig die Toilette aufzusuchen. Auch hier ließen sie während der cirka 5 minütigen Toilettenpause die Reisetasche mit Bargeld im Fahrzeug. Die Beklagte und ihre Kollegin stellten nach ihrer Rückkehr nichts Ungewöhnliches am Fahrzeug fest und setzten ihre Fahrt fort. Sie kamen um cirka 20.00 Uhr in der Niederlassung der Klägerin in A-Stadt an. Ihre Privatsachen luden sie in ihre privaten PKW's um, wobei die Beklagte die Tasche, in welcher sich das Bargeld und die Verrechnungsscheck befunden hatten, mitnahm. Nach ihren Angaben gegenüber dem Polizeipräsidium Mainz bemerkte die Beklagte erst zuhause, dass sich die Geldscheine einschließlich des Bargeldbetrages und die Verrechnungsschecks nicht mehr in der Reisetasche befunden hätten. Die Beklagte traf sich mit ihrer telefonisch herbeigerufenen Kollegin erneut auf dem Firmengelände und durchsuchte noch einmal das Fahrzeug. Die Geldmappe war dort jedoch nicht aufzufinden. Ebenso stellte sich heraus, das auch die Firmenlaptops nicht mehr im Pilotenkoffer waren. Daraufhin wurde Strafanzeige von der Beklagten erstattet.
Mit Schreiben vom 24.04.2008 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten den streitgegenständlichen Schadenersatzanspruch geltend. In Höhe von 954,10 EUR verrechnete sie den Schadenbetrag mit ausstehenden Lohnansprüchen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens und den Klageantrages wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 08.12.2008 – 1 Ca 998/08 – (S. 2 bis 9 = Bl. 240 bis 247 d.A.) gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte im vorerwähnten Urteil die Beklagte zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 38.405,26 EUR nebst Zinsen verurteilt.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt,
der Beklagten sei grob fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen, da sie die G...