Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung eines Klageantrags zur Feststellung der Beendigung bzw. Befristung. Abgrenzungsfrage zwischen Verlängerung eines Arbeitsvertrags auf Probe und Befristungsabrede. Keine Pflicht des Gerichts zu eigenständigem Sichten der geltend gemachten Überstunden aus vorgelegten Unterlagen. Aufhebung der Arbeitspflicht als Verzicht auf Angebot zur Arbeitsleistung
Leitsatz (amtlich)
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 21. August 2019 - 4 Ca 555/19 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und der Klarstellung halber insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 17. Mai 2019 nicht zum 31. Mai 2019 beendet worden ist, sondern bis 30. Juni 2019 fortbestanden hat.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Annahmeverzugslohn für den Zeitraum vom 01. bis 06. Juni 2019 zu zahlen in Höhe von 200,00 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 15. August 2019.
3. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 650,00 Euro netto zu zahlen.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Kläger zu 68 % und der Beklagte zu 32 %, die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz trägt der der Kläger zu 64 % und der Beklagte zu 36 %.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Normenkette
ArbGG § 69 Abs. 2; BGB §§ 133, 157, 612 Abs. 1, § 615 S. 1, § 622 Abs. 1, 3, § § 293 ff.; KSchG § 4 S. 1; ZPO § 256 Abs. 1; BGB § 140; TzBfG § 17 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Trier (Entscheidung vom 21.08.2019; Aktenzeichen 4 Ca 555/19) |
Tatbestand
Die Parteien streiten zuletzt noch über den Zeitpunkt der Beendigung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses, über einen Annahmeverzugslohnanspruch des Klägers und über Vergütung wegen Mehrarbeit.
Unter dem 01. Juli 2018 schlossen die Parteien einen schriftlichen Arbeitsvertrag (Bl. 37 d. A.; im Folgenden: Arbeitsvertrag) über eine Beschäftigung des Klägers beim Beklagten als Hausmeisterhelfer zu einem Bruttostundenlohn von 12,50 Euro.
Der Arbeitsvertrag, wegen dessen weiterer Einzelheiten auf den Akteninhalt verwiesen wird, enthält auszugsweise folgende Bestimmungen:
"Das Arbeitsverhältnis beginnt am 02. Juli 2018 und ist befristet auf ein Jahr. Die ersten sechs Monate gelten als Probezeit. Während dieser Zeit kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.
...
Die durchschnittliche Arbeitszeit beträgt ca. 20 Stunden wöchentlich.
Die Arbeitszeit kann nach betrieblichen Erfordernissen ungleichmäßig auf mehrere Wochen und Monate verteilt werden. Die Verteilung der Arbeitszeit richtet sich nach betrieblichen Gegebenheiten. Mögliche Schicht- und Wochenendarbeit gilt als Vereinbarung.
Der Mitarbeiter verpflichtet sich, auf Anordnung der Firma in gesetzlichem Umfang Sonn- und Feiertagsarbeit sowie Überstunden zu leisten.
...
Der Urlaubsanspruch beträgt 20 Arbeitstage.
..."
Der Kläger nahm seine Tätigkeit beim Beklagten, der nicht mehr als zehn Mitarbeiter mit Ausnahme der Auszubildenden beschäftigt, vereinbarungsgemäß am 02. Juli 2018 auf. Vom 07. November 2018 bis 26. April 2019 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt, wobei er sich im letzten Monat des genannten Zeitraums in einer Wiedereingliederungsmaßnahme beim Beklagten befand und anschließend bis 06. Mai 2019 Arbeitsleistungen erbracht hat.
Während der Erkrankung des Klägers schlossen die Parteien unter dem 02. Januar 2019 einen Zusatzvertrag zum Vertrag vom 01. Juli 2018 (Bl. 38 d. A.; im Folgenden: Zusatzvertrag), der ua. folgenden Inhalt hat:
"Der Vertrag auf Probe verlängert sich um weitere 6 Monate.
Das Arbeitsverhältnis wird verlängert auf Probe am 02.01.2019 und ist befristet bis zum 02.06.2019.
Begründung für die Änderung, Herr A. ist schon mehrere Monate erkrankt, aus diesem Grund wir die Probezeit verlängert. Mit seiner Unterschrift erklärt sich Herr A. mit dem neuen Vertrag einverstanden.
Während dieser Zeit kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.
..."
Der restliche Text des Zusatzvertrages, wegen dessen weiterer Formulierung auf den Akteninhalt Bezug genommen wird, entspricht dem ursprünglichen Vertrag mit Ausnahme des vorletzten Satzes, der wie folgt zusätzlich eingefügt wurde:
"Alle weiteren Vereinbarungen bleiben Bestandteil dieses Vertrages."
Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 17. Mai 2019, dem Kläger zugegangen am 19. Mai 2019, zum 31. Mai 2019 und teilte zugleich mit, somit sei der Urlaubsanspruch des Klägers ausgeglichen. Der Kläger wurde von der weiteren Arbeitsleistung freigestellt. Im Verlauf eines Gesprächs am 22. Mai 2019 erteilte der Beklagte dem Kläger Hausverbot für das gesamte Betriebsgelände, welches er auf Bitte des Klägers vom 25. Mai 2019, es aufzuheben, um arbeiten kommen zu können, mit E-Mail vom gleichen Tag (Bl. 41 d. A.) erneut bekräftigte, auch für alle Kundenobjekte.
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