Entscheidungsstichwort (Thema)

Gleichstellungsabrede und Verbandsaustritt. Auslegung. Gleichstellungsabrede. Tarifvertrag. Verbandsaustritt

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine in einem Arbeitsvertrag enthaltene Gleichstellungsabrede führt nach Austritt des Arbeitgebers aus dem Arbeitgeberverband dazu, dass der nicht tarifgebundene Arbeitnehmer ebenso wie der tarifgebundene Arbeitnehmer an künftigen Tarifentwicklungen nicht mehr teilnimmt (im Anschluss an BAG, Urteil v. 26.09.2001 – 4 AZR 544/00).

 

Normenkette

TVG § 1 Abs. 3, § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1; BGB §§ 133, 157

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Urteil vom 01.09.2004; Aktenzeichen 9 Ca 325/04)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 07.06.2006; Aktenzeichen 4 AZR 272/05)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 01.09.2004 – 9 Ca 325/04 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf eine tarifliche Entgelterhöhung.

Der Kläger ist seit 01.04.1995 als Krankenpfleger bei der Beklagten in dem von ihr betriebenen C-Krankenhaus in UU beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 08.03./13.03.1995 ist unter § 2 vereinbart, dass sich das Arbeitsverhältnis „nach dem C-Tarifvertrag und den diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung” bestimmt.

Zwischen der Tarifgemeinschaft des C und der Gewerkschaft ÖTV ist am 31.01.1984 eine „Vereinbarung über Rahmenbedingungen für den Abschluss von Tarifverträgen” (im folgenden: Rahmenbedingungen) geschlossen worden. In Teil 1 heißt es u.a.:

§ 1

(1) Die Vertragsparteien gehen davon aus, dass gleichzeitig mit dieser Vereinbarung ein Tarifvertrag zwischen ihnen abgeschlossen wird.

(2) Die Vertragsparteien gehen davon aus, dass der Tarifvertrag nach Abs. 1 die Arbeitsbedingungen des C darstellt. Die Arbeitsbedingungen enthalten dabei Bestandteile, welche mit den Regelungen des BAT inhaltlich identisch oder im Wesentlichen identisch sind (Katalog A), und solche Bestandteile, welche besondere Regelungen für den Bereich der Tarifgemeinschaft des C enthalten (Katalog B).

§ 2

Übereinstimmendes Ziel der Vertragsparteien ist es, Arbeitskämpfe im Bereich der Tarifgemeinschaft des C nach § 3 Abs. 1 zu vermeiden.

§ 3

(1) Die Tarifvertragsparteien führen Vertragsverhandlungen über die Materien, die in Katalog B zu regeln sind.

(2) Soweit die Arbeitsbedingungen des C mit den Regelungen des BAT inhaltlich identisch sind (Katalog A) werden zwischen den Vertragspartnern keine Verhandlungen geführt. Die Möglichkeit, im beiderseitigen Einvernehmen Verhandlungen zu führen, bleibt unberührt.

Zum Katalog A gehören die Regelungen über die Vergütung. Der C Tarifvertrag West (im folgenden C-TV) enthält einen allgemeinen Teil sowie mehrere Anlagen und Anhänge. Im allgemeinen Teil findet sich in § 67 „Inkrafttreten, Laufzeit” u.a. folgende Regelung:

(3)

Soweit Regelungen gemäß § 3 der Rahmenbedigungen (Katalog A) zwischen den Tarifvertragsparteien nicht zu verhandeln sind, bedarf es keiner formalen Kündigung des Tarifvertrages, um die geänderten Vorschriften für den öffentlichen Dienst als Tarifrecht für das C zu übernehmen.

Die Bundestarifgemeinschaft des C und die Gewerkschaft ver.di schlossen unter dem 19.11. bzw. 19.12.2003 – Daten der Unterschriften – den 23. Tarifvertrag zur Änderung des C-TV (im folgenden: 23. VTV-C). Darin werden „gemäß § 3 Abs. 2” der Rahmenbedingungen u.a. die für den Bereich des Bundes und der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder mit Datum vom 31.01.2003 geschlossenen Tarifverträge zur Anpassung der Vergütungen und Löhne, Ausbildungsvergütungen, Entgelte für Ärzte/Ärztinnen im Praktikum, Praktikantenvergütungen, Orts- und Sozialzuschläge, Zulagen usw. einschließlich der Regelung zu einer Einmalzahlung im März 2003; nicht jedoch der für November 2004 vorgesehenen Einmalzahlung „übernommen”.

Nach Abschluss der Tarifverhandlungen des öffentlichen Dienstes am 09.01.2003 gewährte die Beklagte die in diesem Tarifabschluss vereinbarte Tariferhöhung von 2,4 % ab 01.01.2003. Mit Wirkung zum 30.09.2003 trat sie aus der Landestarifgemeinschaft des C, über die sie Mitglied in der Bundestarifgemeinschaft des C war, aus und steht auf dem Standpunkt, deshalb zur Zahlung der Tariferhöhungen von jeweils einem Prozent ab dem 01.01.2004 und ab dem 01.04.2004, wie sie im Vergütungstarifvertrag Bund/Länder – VTV Nr. 35 – und im 23. VTV-C vorgesehen sind, nicht verpflichtet zu sein.

Der nicht tarifgebundene Kläger hat mit seiner Klage diese Tariferhöhungen geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, nach § 3 Abs. 2 der Rahmenbedingungen seien sie auch ohne förmliche Abzeichnung der Tarifergebnisse durch die Tarifparteien zum Inhalt der C-Tarifverträge geworden. Das Verhalten der Beklagten vor dem Verbandsaustritt belege, dass sie dies ebenso gesehen habe. Jedenfalls könne § 3 der Rahmenbedingungen als Vertrag zugunsten Dritter angesehen werden, der ihm einen Anspruch auf Weitergabe...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?