Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit einer Weisung an einen Arbeitnehmer, sein Einzelbüro zu räumen und in ein Großraumbüro umzuziehen
Leitsatz (redaktionell)
Eine Weisung des Arbeitgebers, die einen Arbeitnehmer anweist, nach Beendigung seiner Mitgliedschaft in der Betriebsvertretung sein bis dahin innegehabtes Einzelbüro zu räumen und in ein Großraumbüro umzuziehen, da das Einzelbüro für das nunmehr gewählte Betriebsvertretungsmitglied benötigt werde, wahrt billiges Ermessen.
Normenkette
BGB § 315; GewO § 106
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 03.09.2019; Aktenzeichen 3 Ca 281/19) |
Tenor
- Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 3. September 2019, Az.: 3 Ca 281/19, wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch über die Wirksamkeit einer Weisung vom 11. Juli 2018, die vorsieht, dass der Kläger seinen Arbeitsplatz in einem Einzelbüro zu räumen und in ein Großraumbüro umzuziehen hat.
Der 1970 geborene Kläger ist seit dem 1. März 2001 bei den US Stationierungsstreitkräften für die American Forces Network - Europe als Elektrotechniker für den Rundfunk der US Stationierungsstreitkräfte aufgrund eines Arbeitsvertrags vom 20. Februar 2001 (Bl. 3 d. A.) beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der TV AL II Anwendung. Das monatliche Grundgehalt des Klägers beträgt 4.763,46 € brutto entsprechend der Gehaltsgruppe C7/E bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden.
In der Abteilung AFN Europe Tech Services Maintenance Shop befinden sich Arbeitsplätze im Tech Services Shop ("Großraumbüro") sowie in insgesamt zehn Einzelbüros, die einzelnen Mitarbeitern explizit zugewiesen sind. Im Tech Services Shop befinden sich fünf Werkbänke sowie zwölf weitere Arbeitstische. In seiner Funktion als Elektrotechniker gehört es zur Hauptaufgabe des Klägers, die AFN-Übertragungen mit technischen Arbeiten und Wartungsarbeiten zu unterstützen. Diese Unterstützung erfolgt sowohl vor Ort in den einzelnen Übertragungsstudios, an der Werkbank - einschließlich telefonischer Begleitung oder durch Fernwartung - sowie im Freien.
In der Dienststelle des Klägers ist eine aus einem Mitglied bestehende Betriebsvertretung errichtet. Der Kläger war in den Jahren 2014 bis einschließlich 2018 Betriebsvertretungsmitglied. In dieser Zeit war ihm ein Einzelbüro zugeteilt. Im Mai 2018 wurde der Kläger für den darauffolgenden Zeitraum nicht wiedergewählt. Dem nunmehr gewählten Betriebsvertretungsmitglied Y. wurde nunmehr ein Büro für Betriebsvertretungstätigkeiten zugeteilt.
Mit E-Mail vom 11. Juli 2018 (Bl. 25 d. A.) wurde dem Kläger die Weisung erteilt, sein Büro zu räumen und in ein Großraumbüro umzuziehen ("You will need to relocate from the office that you currently occupy to one of the desks in the tech shop").
Der Kläger informierte die US Stationierungsstreitkräfte über gesundheitliche Einschränkungen, weswegen diese ein betriebliches Eingliederungsmanagement einleiteten und durchführten. Der Kläger legte eine ärztliche Bescheinigung der ihn behandelnden Ärztin Dr. B. vom 13. Juli 2018 vor. Ausweislich dieses Attestes wurde "im Namen" des Klägers aus ärztlicher Sicht dringend darum gebeten, den Kläger nicht in ein Großraumbüro/Werkstatt zu versetzen.
An 29. Oktober 2018 wurde der Kläger arbeitsmedizinisch untersucht. In dem Schreiben der X GmbH, Frau Dr. P. T. vom 5. November 2018 (Bl. 26 d. A.) heißt es auszugsweise:
"Herr A. kann seine Tätigkeit als Elektrotechniker unter Berücksichtigung folgender Einschränkung ausüben:
- Büroraum mit max. zwei Beschäftigten, kein Großraumbüro/Werkstatt
Diese Maßnahme dient zum Erhalt seiner Arbeitskraft und zur Reduzierung der daraus folgenden Krankheitstagen."
Der Kläger wurde mit Schreiben vom 11. Dezember 2018, 9. Januar 2019 und zwei Schreiben vom 8. Januar 2019 abgemahnt.
Der Kläger war - soweit im Berufungsverfahren noch von Bedeutung - der Ansicht,
die Weisung der US Stationierungsstreitkräfte, sein Büro zu räumen und in ein Großraumbüro umzuziehen, sei unwirksam, jedenfalls unbillig. Bei der Ausübung des Weisungsrechts müsse der Arbeitgeber auf die Interessen des Arbeitnehmers im Sinn von § 241 Abs. 2 BGB Rücksicht nehmen und in diesem Fall eine Neuausübung des Weisungsrechts zur Zuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes vornehmen.
Der Kläger hat vorgetragen, die Werkbänke seien nur an zwei Steckdosen angeschlossen, hätten jedoch keine Netzwerkanbindung und keine sonstigen Verbindungen. Jedoch verfüge jedes Büro über vier bis acht Netzwerkanschlussmöglichkeiten und auch über ein bis zwei Satellitenanschlüsse. Die Werkbänke seien mit einer Größe von ca. 1 x 2 m nicht viel größer als die L-Tische im Büro (Schenkelmaße ca. 1,65 m x 1,65 m). Er habe auch nie darum gebeten, die technischen Aufgaben im Büro zu verrichten. Das Büro, das ihm vier Jahre bis zur streitgegenständlichen Weisung zugewiesen worden sei, sei kein Betriebsvertretungsbüro gewesen. ...