Entscheidungsstichwort (Thema)

Beteiligung. Kündigung. Mitarbeitervertretung. Unternehmerentscheidung. Kündigung eines stellvertretenden Pflegedirektors

 

Leitsatz (redaktionell)

Der kirchliche Arbeitgeber, bei dem eine Mitarbeitervertretung nach der Mitarbeitervertretungsordnung (MAVO) gebildet ist und die vor Ausspruch einer Kündigung eines Arbeitsverhältnisses anzuhören ist, kann sich in einem Kündigungsschutzprozess nur auf solche Kündigungsgründe bzw. Sachverhalte stützen, die der Mitarbeitervertretung im Rahmen des Anhörungsverfahrens mitgeteilt wurden.

 

Normenkette

KSchG § 1; MitarbeitervertretungsO §§ 30, 34

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Urteil vom 25.05.2005; Aktenzeichen 1 Ca 744/05)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 25.05.2005 – 1 Ca 744/05 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 12.622,95 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 10.02.2005 aufgelöst worden ist. Am 20.12.2004 wurde das Heft Nr. 69 des Bundesgesetzblattes 2004 Teil I ausgegeben. Dort (– S. 3429 ff. –) wurde das Zweite Fallpauschalenänderungsgesetz vom 15.12.2004 bekannt gemacht.

In dem – an die Mitarbeitvertretung gerichteten – Anhörungsschreiben der Beklagten vom 21.01.2005 heißt es u.a.:

„… Aus wirtschaftlichen Gründen und wegen fehlender Auslastung ist beschlossen worden, die Position eines stellvertretenden Pflegedirektors ersatzlos zu streichen und nicht neu zu besetzen. Die Stellenreduktion ist durchführbar, da der stellvertretende Pflegedirektor mittlerweile von seinem Aufgabenspektrum her nicht mehr ausgelastet ist und die noch verbleibenden Tätigkeiten von der Pflegedirektorin mit übernommen bzw. auf nachgeordnete Kräfte verlagert werden können.

Die wirtschaftliche Situation verlangt Kosteneinsparungen …”

(s. Anhörungsschreiben S. 4 f. = Bl. 55 f. d. A.).

Der Kläger bezog zuletzt eine monatliche Vergütung von insgesamt 4.207,65 EUR (= sozialversicherungspflichtiger Bruttobetrag; s. dazu die Verdienstabrechnungen Bl. 217 f. d. A.).

Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes im Übrigen wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts vom 25.05.2005 – 1 Ca 744/05 – (dort S. 3 ff. = Bl. 82 ff. d. A.). Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 10.02.2005 nicht aufgelöst worden ist.

Gegen das am 15.07.2005 zugestellte Urteil vom 25.05.2005 – 1 Ca 744/05 – hat die Beklagte am 02.08.2005 Berufung eingelegt und diese am 05.10.2005 mit dem Schriftsatz vom 05.10.2005 – innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist (s. dazu den Verlängerungsbeschluss vom 31.08.2005 – 5 Sa 645/05 – Bl. 111 d. A.) – begründet.

Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 05.10.2005 (Bl. 114 ff. d. A.) verwiesen.

Die Beklagte behauptet dort u.a., dass ihre Geschäftsführung nach Beratung mit dem Direktorium im Dezember 2004 unmittelbar nach dem Bekanntwerden der Bestimmungen des Zweiten Fallpauschalenänderungsgesetzes, die endgültige unternehmerische Entscheidung getroffen habe, die Position eines stellvertretenden Pflegedirektors ersatzlos zu streichen und nicht neu zu besetzen. Die bisherigen Aufgaben des Klägers als stellvertretendem Pflegedirektor seien entweder in 2004 weggefallen oder seien aufgrund der unternehmerischen Entscheidung anderweitig verteilt worden. Dies sei insbesondere deswegen möglich gewesen, weil verschiedene Baumaßnahmen im Krankenhaus im Wesentlichen beendet gewesen seien und dadurch Kapazitäten bei verschiedenen Mitarbeitern/innen frei geworden seien, – nicht zuletzt auch bei der Pflegedirektorin C..

Dazu führt die Beklagte auf den Seiten 4 ff. der Berufungsbegründung jeweils näher aus. Ergänzend äußert sich die Beklagte im Schriftsatz vom 08.12.2005 (Bl. 201 ff. d. A.), worauf ebenfalls verwiesen wird.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 25.05.2005 – 1 Ca 744/05 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt nach näherer Maßgabe seiner Ausführungen in der Berufungsbeantwortung vom 09.11.2005 (Bl. 156 ff. d. A.) und im Schriftsatz vom 24.11.2005 (Bl. 179 ff. d. A.), worauf jeweils verwiesen wird, das Urteil des Arbeitsgerichts. Der Kläger macht in der Berufungsbeantwortung u.a. geltend, dass die von der Beklagten behauptete unternehmerische Entscheidung nicht getroffen worden sei. Der Kläger bestreitet, dass vor Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung vom 10.02.2005 die Mitarbeitervertretung ordnungsgemäß angehört worden sei.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht ein...

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