Entscheidungsstichwort (Thema)

Gleichbehandlungsgrundsatz. Grund, sachlicher. Gruppenbildung. Schlechterstellung, willkürliche. Stichtagsregelung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das Gebot der Gleichbehandlung greift im Arbeitsverhältnis immer dann, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip aufgrund einer abstrakten Regelung gewährt. Verboten ist danach nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer in einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung.

2. Eine Stichtagsregelung für die Gruppenbildung wirkt typisierend und generiert in einem gewissen zeitlichen Rahmen Ungleichbehandlungen.

3. Wählt der Arbeitgeber rückwirkend einen Zeitpunkt, von dem ab eine Leistung an ausscheidende Arbeitnehmer gezahlt werden soll, ist die darin liegende Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt, wenn es für den gewählten Zeitpunkt anerkennenswerte Motive gibt.

 

Normenkette

BGB § 242; GG Art. 12 Abs. 2; TV UmBw § 11

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Urteil vom 27.09.2005; Aktenzeichen 3 Ca 1310/05)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 27.09.2005 – 3 Ca 1310/05 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um eine Einmalzahlung.

Der Kläger war seit dem 01.09.1976 im Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung als Kraftfahrer beschäftigt. Am 25.07.2003 schlossen die Parteien eine Vereinbarung – gestützt auf § 11 des Tarifvertrages über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr vom 28.07.2001 (im Folgenden: TV UmBw) –, wonach der am 11.12.1947 geborene Kläger ab dem 01.08.2003 von seiner Arbeitsleistung freigestellt wurde und die Beklagte ihm 72 Prozent des letzten Bruttogehaltes bis zum Rentenbezug gewährt.

Der Bundesminister der Verteidigung erließ am 01.10.2003 eine „Weisung für die Weiterentwicklung der Bundeswehr”. Aus Ziffer 16 dieser Anordnung ergibt sich, dass bis zum Jahre 2010 der Umfang des zivilen Personals der Bundeswehr auf 75.000 Dienstposten reduziert werden soll. Ein Kabinettsbeschluss vom 14.06.2000 hatte bis dato die Reduzierung auf einen Umfang von 80.000 bis 90.000 Mitarbeiter beziffert gehabt.

Am 05.11.2004 folgte ein Erlass des Bundesministers der Verteidigung, der im Interesse der Umsetzung der politisch vorgegebenen Ziele im Zeitraum bis 2010 über die im TV UmBw zur Verfügung stehenden Instrumente hinausgehend weitere Anreize zur Stellenreduzierung schaffen sollte. Dieser Erlass sieht vor, dass an solche Arbeitnehmer eine zusätzliche Einmalzahlung zu leisten ist, die nach dem 30.09.2003 unter Inanspruchnahme der Härtefallregelung von § 11 TV UmBw aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden.

Der Kläger ist der Auffassung, ihm stehe ebenfalls eine solche Einmalzahlung, deren Höhe zwischen den Parteien vorliegend unstreitig ist, zu.

Er hat die Auffassung vertreten, dass der zwischen den Parteien abgeschlossene Zusatzvertrag vom 25.07.2003 als Anspruchsgrundlage in Betracht komme, weil dort vereinbart sei, dass sich die Ruhensregelung nach § 11 des TV UmBw in der jeweils geltenden Fassung bestimmt. Des Weiteren stützt er seinen Anspruch auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, weil nach seiner Auffassung der in dem Erlass vom 05.11.2004 gewählte Stichtag – rückwirkend ab dem 01.10.2003 – willkürlich sei und es hierfür keinen sachlichen Grund gebe. In der Zeit vom 30.09.2003 bis zum 05.11.2004 hätten eine Vielzahl von Arbeitnehmern ihren Arbeitsplatz bereits aufgegeben gehabt, so dass es für diese keinen besonderen Anreiz mehr bedurft habe.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 28.401,42 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach Auffassung der Beklagten könne der Kläger seinen Anspruch weder auf die Zusatzvereinbarung vom 25.07.2003 noch auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen. Der gewählte Stichtag im Erlass vom 05.11.2004 sei sachlich begründet, weil der Bundesminister der Verteidigung zum 01.10.2003 erstmals eine verbindliche Richtgröße für die Reduzierung des Zivilpersonals der Bundeswehr auf 75.000 Personen festgeschrieben habe. Um diese Mitarbeiterzahl zu erlangen, habe es eines zusätzlichen Anreizes bedurft, weil nicht davon ausgegangen werden konnte, dass aufgrund der bisherigen Instrumente des TV UmBw die vorgegebene Personalreduzierung bewerkstelligt werden konnte.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 27.09.2003, auf dessen Tatbestand zur näheren Sachverhaltsdarstellung hiermit Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es angegeben, es gebe für das Rechtsbegehren des Klägers keine Anspruchsgrundlage. Die von der Beklagten vorgenommene Gruppenbildung im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes sei nicht von sachfremden oder gar willkürlichen Motiven geleitet gewesen. ...

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