Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch eines Arbeitnehmers auf Überbrückungshilfe nach dem TV SozSich
Leitsatz (redaktionell)
Ein Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe gem. § 4 Nr. 1 Buchst. a) TV SozSich setzt keine weiteren Anspruchsvoraussetzungen als eine "anderweitige Beschäftigung" mit einer regelmäßig Arbeitszeit von mehr als 21 Wochenstunden voraus (BAG - 6 AZN 835/16 - 26.01.2017).
Normenkette
TV SozSich
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 13.07.2016; Aktenzeichen 1 Ca 417/16) |
Tenor
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Überbrückungsbeihilfe nach dem Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV SozSich) vom 31.08.1971 über den 31.12. 2015 hinaus.
Die 1957 geborene Klägerin war von November 1984 bis zum 30.09. 2013 bei den US-Stationierungsstreitkräften zuletzt in der Abteilung "Zollermittlung" in H. beschäftigt. Die monatliche Grundvergütung betrug zuletzt 4.219,56 EUR brutto. Auf das Arbeitsverhältnis fanden der TVAL II und der TV SozSich Anwendung. Die US-Stationierungsstreitkräfte kündigten das Arbeitsverhältnis aus militärischen Gründen iSd. § 2 TV SozSich betriebsbedingt zum 30.09. 2013. Unmittelbar im Anschluss war die Klägerin vom 01.10.2013 bis 31.12.2013 in einer Transfergesellschaft beschäftigt.
Seit Januar 2014 ist die Klägerin entsprechend ihrem Arbeitsvertrag mit der Firma Bäcker G. GmbH vom 16.11.2014 (Bl. 8 - 13 dA) als Verkäuferin für Back- und Konditorenwaren mit 22 Stunden pro Woche zu einem Stundenlohn in Höhe von 10,30 EUR brutto beschäftigt. Die Klägerin hatte sich dabei nicht um eine bei der Firma Bäcker G. GmbH grundsätzlich mögliche Vollzeitbeschäftigung bemüht, sondern sich für eine Teilzeitbeschäftigung entschieden, weil sie sich nach ihrer eigenen Einschätzung gesundheitlich nicht in der Lage sah, die körperlichen Belastungen als Verkäuferin in einer Bäckerei vollschichtig zu tragen und sie zudem ihre 90-jährige Schwiegermutter betreuen wollte.
Die Beklagte leistete vom 01.01.2014 bis 31.12.2015 Überbrückungsbeihilfe nach § 4 TV SozSich.
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des TV SozSich lauten auszugsweise:
"§ 2 Anspruchsvoraussetzungen
Anspruch auf Leistungen nach diesem Tarifvertrag haben Arbeitnehmer, die
1. wegen Personaleinschränkung
a) infolge einer Verringerung der Truppenstärke
b) ... aus militärischen Gründen ... entlassen werden, wenn sie
2. im Zeitpunkt der Entlassung
a) seit mindestens einem Jahr vollbeschäftigt sind,
b) mindestens fünf Beschäftigungsjahre ... nachweisen können und das 40. Lebensjahr vollendet haben,
c) ...
d) die Voraussetzungen zum Bezug des Altersruhegeldes oder des vorgezogenen Altersruhegeldes aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht erfüllen, und ihnen
3. keine anderweitige zumutbare Verwendung im Geltungsbereich des TV AL II angeboten worden ist. ...
§ 4 Überbrückungsbeihilfe
1. Überbrückungsbeihilfe wird gezahlt:
a) zum Arbeitsentgelt aus anderweitiger Beschäftigung außerhalb des Bereichs der Stationierungsstreitkräfte,
b) zu den Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit aus Anlass von Arbeitslosigkeit ...
c) zum Krankengeld ... oder zum Verletztengeld ...
4. Die Überbrückungsbeihilfe beträgt:
Im 1. Jahr nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses 100 v.H. vom 2. Jahr an 90 v.H. des Unterschiedsbetrages zwischen der Bemessungsgrundlage (Ziff. 3a oder b) und den Leistungen gemäß vorstehenden Ziff. 1 und 2. ...
5a. Arbeitnehmer, die am Tage ihrer Entlassung ...
25 Beschäftigungsjahre (...) und das 50. Lebensjahr vollendet haben, erhalten Überbrückungsbeihilfe nach Maßgabe der Ziff. 1 bis 4 ohne zeitliche Begrenzung. ...
Protokollnotiz zu Ziffer 1a
Eine "anderweitige Beschäftigung" liegt nur vor, wenn die arbeitsvertragliche wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit mehr als 21 Stunden beträgt."
Das zunächst befristete Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Firma Bäcker G. GmbH wurde ab dem 01.01.2016 zu in übrigen unveränderten Bedingungen unbefristet fortgeführt. Nachdem die Klägerin dies der Beklagten mitgeteilt hatte, stellte die Beklagte die bis dahin an die Klägerin gezahlte Überbrückungsbeihilfe zum 01.01.2016 ein.
Die Klägerin verfolgt daher mit der vorliegenden Klage ihre Ansprüche auf Überbrückungsbeihilfe in Höhe von rechnerisch jeweils zutreffend 2.629,78 EUR netto für Januar 2016 und 2.645,40 EUR netto für den Monat Februar 2016 sowie für die Zukunft weiter.
Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen,
sie habe zur Kenntnis nehmen müssen, dass sowohl ihr fortgeschrittenes Lebensalter wie auch die während des langjährigen Arbeitsverhältnisses bei den US-Stationierungsstreitkräften erworbenen sehr speziellen, auf dem deutschen Arbeitsmarkt nicht nachgefragten Kenntnisse und Erfahrungen einen Wechsel in eine tatsächlich gleichwe...